Radikalisierung nach Spaltung

von Stein Lillevolden
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 176 - Januar / Februar 2019

#Finnland



Bei der Wahl zum Europaparlament 2014 erhielt die Partei »Perussuomalaiset« (»Wahre «, PS) 12,9 Prozent der Stimmen und damit zogen zwei RepräsentantInnen ins Parlament (Finnland hat 13 Sitze). Zuerst schlossen sie sich der Fraktion »Europe for Freedom and Democracy« (EFD) an. Mittlerweile sind sie Teil der »European Conservatives and Reformists« (ECR).

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Europa Ausgabe – Die radikale Rechte vor der Wahl

Bei der nationalen Parlamentswahl 2011 überraschten sie mit einem Stimmenanteil von 19 Prozent und erhielten 39 Sitze im Parlament – vier Jahre zuvor hatten nur vier Prozent der WählerInnen für sie gestimmt. Bei der darauffolgenden Wahl 2015 konnten sie ihren Stimmenanteil halten. Zusammen mit der liberalen »Suomen Keskusta« (»Finnischen Zentrumspartei«) und der konservativen »Kansallinen Kokoomus« (»Nationalen Sammlungspartei«) bildeten sie eine Regierung. Der damalige Vorsitzende der »Wahren Finnen«, Timo Soini, wurde Finnlands neuer Außenminister und setzte die EU-positive Linie des Landes fort – entgegen der EU-skeptischen Linie seiner Partei. Dadurch entstand in der Partei ein Konflikt zwischen den rechtsradikalen und nationalistischen Kräften sowie den ökonomisch liberalen.

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Jussi Halla-aho © wikimedia / Ppntori CC BY-SA 4.0


Als der langjährige Vorsitzende der PS, Timo Soini, 2017 eine Nachfolge suchte, wählte die Mehrheit der Partei den bereits im Europaparlament sitzenden Jussi Halla-aho zum neuen Vorsitzenden. Die übrigen RegierungspartnerInnen waren geschockt über diese Entscheidung. Denn sie wollten nicht mit einer Partei in einer Regierung sitzen, die von einem extremen Nationalisten geleitet wird. Dieser war wegen Volksverhetzung zu einer Bußgeldstrafe verurteilt worden.


Jussi Halla-aho kommt aus der nationalistischen Gruppe »Suomen Sisu«, der Jugendorganisation des Bundes der »Finskhedsforbundet« (»Finnischgesinnten«). Diese wurde jedoch im Jahr 2000 ausgeschlossen, da die Jungen der Mutterorganisation zu radikal geworden waren. »Suomi Sisu« suchte danach die Zusammenarbeit mit den »Wahren Finnen«. Jussi Halla-aho bekam den Auftrag, vor der Erfolgswahl 2011 die AusländerInnenpolitik der Partei zu formen. Der Widerstand gegen die EU und eine rassistische Rhetorik waren seine Erfolgsformel und die »moderateren« Mitglieder ließen ihn gewähren. Auch innerhalb der eigenen Partei waren nicht alle mit der Wahl des neuen Vorsitzenden zufrieden. Deshalb gründeten einige von ihnen die Partei »Sininen tulevaisuus« (»Blaue Zukunft«, umgangssprachlich »Die Blauen«). Sie behielten ihre Ministerämter in der Regierung sowie ihre Parlamentssitze; nun jedoch repräsentativ für ihre neue Partei.

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EU Parlament Fraktionen


Die Spaltung der PS bedeutete nicht ihr politisches Aus. Die allgemein verbreitete These, dass sich rechtspopulistische Parteien im Falle einer Regierungsbeteiligung deradikalisieren, »verantwortungsvoll« werden und sich parlamentarisch anpassen, trifft hier nicht zu. Nach der Spaltung konnte die PS die Unterstützung von großen Teilen ihrer WählerInnen aufrechterhalten. Dies hat dem jetzigen Vorsitzenden Jussi Halla-aho den Spielraum gegeben, die Linie für Nationalismus und gegen Einwanderung weiterzuentwickeln. »Die Blauen« hingegen stellen eine Regierungs- und Parlamentspartei ohne größeren Rückhalt ihrer früheren WählerInnen dar.


Die radikalisierte Partei »Wahre Finnen« liegt bei Umfragen aktuell über zehn Prozent, wogegen »Die Blauen« nur bei einem Prozent liegen. Es gibt keinen Zweifel daran, wer die finnische Rechte nach der EU-Wahl 2019 repräsentieren wird. Die Partei »Wahre Finnen« zeichnet eine geschlossene rechtsradikale Bewegung, die eine bedeutende Unterstützung hat und die politische Diskussion über Asyl und Immigration in Finnland dominiert, andere Parteien zogen nach rechts nach. Das deutliche extrem rechte Profil der Partei hat die Zusammenarbeit mit anderen ausländischen nationalistischen Parteien erleichtert. Dies sieht man zum Beispiel in Schweden, wo die »Wahren Finnen« nach der Parlamentswahl mit den »Schwedendemokraten« in näheren Kontakt getreten sind.


Diese Zusammenarbeit und Vernetzung kann die Etablierung und Konsolidierung der skandinavischen Rechten im Europaparlament bedeuten.

Europa driftet
von Ernst Kovahl im
#SchwerpunktEU
Im Europaparlament und in den Ländern erstarkt die radikale Rechte.