Geteiltes Land

von Ton Rennenberg
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 176 - Januar / Februar 2019

#Belgien

Magazin der rechte rand
Belgiens Hauptstadt Brüssel am 16. Dezember 2018

Am 16. Dezember 2018 kam es bei einem Aufmarsch in der belgischen Hauptstadt Brüssel zu Auseinandersetzungen zwischen extrem rechten Demonstranten und der Polizei. An dem sogenannten »Marsch gegen Marrakesch« mit 5.500 TeilnehmerInnen, der den Migrationspakt der Vereinten Nationen ablehnt, beteiligten sich verschiedene Organisationen, darunter die »Vlaams Belang Jongeren« (VBJ), die Jugendorganisation des im Parlament vertretenen »Vlaams Belang« (VB). Zeitgleich löste die rechte »Nieuw-Vlaamse Alliantie« (»Neu-flämische Allianz«, N-VA) durch ihren Rückzug aus der Regierung eine Krise aus. Mit diesem Rückzug protestierte sie gegen die Reise des Ministerpräsident Charles Michel nach Marrakesch, wo der Migrationspakt unterzeichnet wurde.

Geteiltes Belgien
Am 26. Mai 2019 findet die Europawahl gemeinsam mit der Wahl des belgischen Bundesparlaments und des flämischen, wallonischen, Brüsseler und deutschen Regionalparlaments statt. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Wahlen zum Bundesparlament und den Regionalparlamenten, die Europawahlen spielen momentan eine untergeordnete Rolle. Das mehrsprachige Belgien ist in drei Wahlbezirke aufgeteilt. Dem niederländischen Wahlbezirk stehen 12 Sitze im Europäischen Parlament zu, dem französischen Distrikt 8 Sitze und dem deutschen Distrikt ein Sitz.

Flandern
Bei der EU-Wahl 2014 gingen vier der zwölf Sitze im Europäischen Parlament an die konservativen flämischen Nationalisten von der »Nieuw-Vlaamse Alliantie« (»Neu-flämische Allianz«, N-VA), die größte Partei des belgischen Parlaments. Drei Sitze an die Liberalen von »Open Vlaamse Liberalen en Democraten« (»Flämische Liberale und Demokraten«, Open VLD), zwei Sitze an die Christdemokraten der »CD & V« und jeweils einer an die Sozialdemokraten »SP.A«, die »Groen« (»Grünen«) und die extreme rechte »Vlaams Belang« (VB).
Vergleicht man die Europawahlen von 2014 mit den Kommunalwahlen vom 14. Oktober 2018 – den einzigen Wahlen, die seit 2014 stattfanden – ergibt sich für die N-VA ein leichter Verlust (von 26,7 % auf 24,8 %), aber sie könnten ihre vier Sitze im Europäischen Parlament behalten. Die Liberalen verloren enorm (von 20,4 % auf 13,7 %). Die Christdemokraten konnten den Status-Quo halten (19,9 % auf 19,7 %). »Groen« konnte einen Stimmenzuwachs von 10,6 Prozent auf 13,2 Prozent verzeichnen; der »Vlaams Belang« sogar nahezu verdoppeln – von 6,7 Prozent auf 13 Prozent. So letztere dieses Ergebnis halten können, werden sie wie 2009 mit zwei Abgeordneten in das neue EU-Parlament einziehen.

Europa driftet
von Ernst Kovahl im
#SchwerpunktEU
Im Europaparlament und in den Ländern erstarkt die radikale Rechte.






N-VA gegen »Vlaams Belang«
Die N-VA, von 2014 bis 2018 Teil der belgischen Regierung, vertritt eine wirtschaftsfreundliche Politik. Weitere Schwerpunkte waren die Identität und Einwanderung. Theo Francken (N-VA), der Außenminister, gab in seiner Kommunikation via Twitter gern rechts-aussen Statements ab.
2004 erhielt der »Vlaams Belang« bei den Parlamentswahlen in Flandern 24,2 Prozent der Stimmen. Da aber eine Regierungsbeteilung nicht zustande kam, wanderten viele WählerInnen zur N-VA ab. Dieser Umstand und eine vom Vorsitzenden Bart De Wever initiierte, gut funktionierende Medienkampagne führten zu einem Anstieg von deren Popularität. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Zustimmung für den VB bei den Kommunalwahlen bleibt abzuwarten, ob das eine Trendwende bedeutet. Der Listenführer von »Vlaams Belang« wird wahrscheinlich der europäische Abgeordnete Gerolf Annemans sein. Sie ist eine immigrationsfeindliche Partei, deren Hauptschwerpunkt nun eine »Anti-Islam«-Politik ist. Daneben strebt sie nach einem unabhängigen Flandern und ist gegen die Europäische Union. Im Dezember 2017 wurde Gerolf Annemans zum Vorsitzenden der Fraktion »Europa der Nationen und der Freiheit« im Europäischen Parlament gewählt, in der auch die »Freiheitliche Partei Österreichs«, »Lega« (früher »Lega Nord«) aus Italien und die französische »Rassemblemnet National« (früher »Front National«) sitzen. Zuvor war Gerolf Annemans langjähriger Schatzmeister der Fraktion, die verpflichtet ist, dem Europäischen Parlament 500.000 Euro wegen unberechtigter Abrechnungen zwischen 2016 und 2017 zu erstatten.

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Französischer Bezirk
Von den acht Sitzen im französischsprachigen Teil Belgiens erhielten bei den Europawahlen 2014 die Sozialdemokraten und die Liberalen jeweils drei Sitze. Ein Sitz ging an die Grünen von »Ecolo« und einer an die Christdemokraten von CDH. Ein Vergleich mit den Landtagswahlen 2018 würde für die Sozialdemokraten einen Abstieg von 29,3 Prozent auf 25,3 Prozent und für die Liberalen von 27,1 Prozent auf 23,8 Prozent bedeuten. Bei den Christdemokraten war ein Stimmungszuwachs zu verzeichnen (von 11,7 % auf 16,3%), ebenso bei der Linkspartei PTB (von 5,5 % auf 9,8 %). Der Kleinstpartei »La droite« (»Die Rechte«) werden keine Chancen eingeräumt. Im französischsprachigen Teil Belgiens sind die Themen der Wahl noch nicht gesetzt. Momentan spielen extrem rechte Parteien dort keine entscheidende Rolle.
Im deutschen Bezirk geht der einzige Sitz traditionell an die Christdemokraten.

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Europa Ausgabe – Die radikale Rechte vor der Wahl