Die kleine Insel
von Lucius Teidelbaum
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 176 - Januar / Februar 2019
#Malta
Der Inselstaat Malta ist einer der südlichsten Vorposten der Europäischen Union im Mittelmeer. Die kleine Inselgruppe südlich von Italien wird von den meisten Menschen vor allem als Urlaubsziel wahrgenommen. Das änderte sich ab Mitte Oktober 2017 – nach dem Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia, die zu Korruption, Geldwäsche und organisiertem Verbrechen recherchiert hatte.
Das dicht bevölkerte Malta hat 433.300 EinwohnerInnen und ist mehrheitlich katholisch. Die katholisch-konservative Prägung hat Folgen: Malta ist das einzige Land in der Europäischen Union, das Schwangerschaftsabbrüche in allen Fällen verbietet. Ohne Ausnahme, selbst dann, wenn das Leben der Frau auf dem Spiel steht.
Die Amtssprache Maltesisch ist mit dem Arabischen nah verwandt, Schriftsprache ist aber Latein. Englisch ist weit verbreitet, was auch an der kolonialen Vergangenheit liegt. Die beiden Hauptinseln Malta und Gozo waren lange Zeit ein strategisch wichtiger Stützpunkt des britischen Empire im Mittelmeer. Malta wurde erst 1964 unabhängig und gehört bis heute zum Commonwealth. Bis 1979 waren britische Soldaten auf der Insel stationiert. Erst seit 2004 ist Malta EU-Mitgliedsstaat.
Eine Insel, zwei Parteien
Traditionell wetteifern auf Malta die sozialdemokratische »Partit Laburista« (»Malta Labour Party«) und die konservative »Partit Nazzjonalista« (»Nationalist Party«) um die Regierungsmacht. Die Parteibindung der BewohnerInnen ist im Allgemeinen noch sehr stark, wodurch es neue Parteien schwer haben, sich zu etablieren. Wie bei Inselstaaten häufig, gibt es in der politischen Auseinandersetzung Sonderdiskurse. Auf Malta etwa über die traditionelle Jagd auf Zugvögel, die im Herbst aus Europa die Route über die Insel nehmen. Daneben spielt auch der Umgang mit Bootsflüchtlingen eine Rolle, die ähnlich wie auf dem benachbarten italienischen Lampedusa auch auf Malta landen, um hier Zuflucht zu finden. Vor dem Bürgerkrieg kooperierte Malta mit dem Regime Gaddafis in Libyen zum Zweck der Flüchtlingsabwehr.
Im Juni 2011 eröffnete die EU in Malta das »Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen«, das die autoritäre EU-Asylpolitik umsetzt, die Mitgliedstaaten berät und unterstützt. Die zeitweise mehreren tausend Geflüchteten werden in vom maltesischen Militär verwalteten Internierungslagern festgehalten, deren Lebensbedingungen von Menschenrechtsorganisationen und dem Europäischen Parlament kritisiert werden.
Malta schloss sich der harten Linie der Flüchtlingsabwehr der EU an und sperrte im Juni 2018 seinen Hafen für Schiffe von NGOs, die Flüchtlinge aus dem Meer retten.
Auf Parteiebene versucht die im Jahr 2000 gegründete Kleinstpartei »Imperium Europa« den beiden etablierten Parteien bei den EU-Wahlen Konkurrenz zu machen (s. derrechterand Nr. 147). Angeführt wird sie vom Holocaustleugner Norman Lowell. Er schrieb 2006 auf seiner Website: »Einwanderer, haut ab, sonst bringen wir euch um.« Inhaltlich orientiert sich »Imperium Europa« an den griechischen Neonazis von der »Goldenen Morgenröte«. Ziel ist ein weißes Europa mit Latein als Verkehrssprache.
Die Partei ist verbunden mit der Organisation »Viva Malta«, die sich um das englischsprachige »Malta´s only free-speech forum« herum gruppiert. Beide orientieren sich am historischen Faschismus. Auch das Parteilogo, ein Kreis mit Blitz, ist ein klarer Hinweis auf diesen ideologischen Vorfahren. Lowells persönliches Vorbild ist der auf Malta geborene Carmelo Borg Pisani (1914-1942), der sich während seines Studiums in Rom dem italienischen Faschismus anschloss und 1942 als Spion von den Briten auf Malta enttarnt, verhaftet und exekutiert wurde.
Dem Neofaschisten Lowell war mit seinem »Imperium« zwar noch kein Mandat vergönnt, aber er konnte seine Stimmerfolge ausbauen. Bereits dreimal trat er zu den EU-Wahlen an: 2004 mit 1.603 Stimmen (0,64 Prozent), 2009 mit 3.559 Stimmen (1,47 Prozent) und 2014 mit 6.761 Stimmen (2,68 Prozent). Ob er 2019 wieder antritt, ist ungewiss.
Zu nationalen Wahlen in Malta tritt die im April 2016 gegründete extrem rechte Partei »Moviment Patrijotti Malti« (»Maltesische Patriotische Bewegung«) an. Bei den nationalen Wahlen 2017 erreicht der Parteivorsitzende Henry Battistino 1.117 Stimmen (0,36 Prozent). In der Dokumentation »Defend Malta« von »Ein Prozent« kommt auch Battistino zu Wort.
Europa driftet
von Ernst Kovahl im#SchwerpunktEU
Im Europaparlament und in den Ländern erstarkt die radikale Rechte.
Kleine Insel – große Anziehungskraft
Malta fungierte teilweise als Stützpunkt der europäischen Rechten. Die 2011 gegründete rechte »European Alliance for Freedom« (EAF) hatte ebenso wie ihre Stiftung »European Foundation for Freedom« (EFF) ihren offiziellen Sitz auf Malta. Von 2013 bis 2016 fanden auch mindestens drei EAF-Konferenzen auf Malta statt. Die 2010 gegründete und 2017 aufgelöste EAF war ein Sammelbecken vor allem extrem rechter Parteien. Aber auch die euroskeptische »Maltese Labour Party« war Mitglied; Bindeglied war vor allem ihre EU-Ablehnung. Von der Mittelmeerinsel aus betrieb auch zeitweise Paul Ray, genannt »Richard Lionheart«, das Blog »Lionheart«. Ray hatte das Blog 2007 gegründet, 2009 gehörte Ray zu den Mitgründern der »English Defence League«. Er soll Anders Breivik inspiriert haben.