Alte deutsche Ideen

von Karl S. Eduard
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 176 - Januar / Februar 2019

#Europakonzept

Konzepte für ein völkisches Europa unter deutscher Führung

Magazin der rechte rand

© Mark Mühlhaus / attenzione

Auch wenn Jean-Marie Le Pen am Ende nicht ins hessische Büdingen kam, so war der NPD-Europaparteitag im November 2018 dennoch ein Zeichen europäischer Vernetzung der extremen Rechten. Reden hielten unter anderem der italienische Europaabgeordnete Roberto Fiore (»Forza Nuova«), der kroatische Politiker Željko Glasnovic, der Präsident des belgischen »Mouvement Nation« Hervé van Laethem und Martin Belusky von der tschechischen Partei »Kotleba – Ludová strana Naše Slovensko«. Die Kooperation ist nicht allein pragmatisch, sie ist Programm für eine Neuordnung. Auch andere Strömungen der deutschen Rechten setzen auf Europa: Von der »Neuen Rechten« bis hin zu den organisierten »Vertriebenen«. So unterschiedlich ihre Konzepte sind, sie sind allesamt Pläne zur Erringung deutscher Vorherrschaft.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in Deutschland aus allen politischen Richtungen Modelle der europäischen Einigung diskutiert. Friedrich Naumanns »Mitteleuropa« oder die Idee einer Einigung durch Krieg von Theobald von Bethmann Hollweg verhehlten imperiale Ziele nicht. Andere Konzepte, zum Beispiel die Paneuropa-Idee, verfolgten ähnliche Absichten, erschienen aber anti-national und friedlich. In der Weimarer Republik blieben diese Ideen wirkungslos.

Mit der Machtübertragung an die NSDAP 1933 begann die Umsetzung des nationalsozialistischen Großraumwirtschaftskonzeptes. Adolf Hitlers Überlegungen zur Neuordnung Europas wurden politischen und militärischen Entwicklungen angepasst, blieben aber im Kern konstant. Im Zentrum Europas stand – umgeben von verbündeten und unterworfenen Ländern – als Ordnungsmacht und Schicksalsgemeinschaft ein »Reich« der völkisch definierten »Deutschen«, das weit über die Grenzen Deutschlands vor dem Ersten Weltkrieg reichte. Die Unterwerfung und Ausbeutung der europäischen Staaten war das Ziel – besonders die »Germanisierung« und Eroberung Osteuropas. 1943, angesichts militärischer Niederlagen, mussten neue Optionen her. Im Auswärtigen Amt wurde ein »Europäischer Staatenbund« unter deutscher Führung und der faschistischen Achsenmächte angedacht, um die Vorherrschaft zu sichern. Die Wehrmacht und die »Freiwilligenverbänden der SS« wurden zu einer »Europäischen Armee« verklärt, die Westeuropa vor der Sowjetunion beschützen sollte. Die Befreiung durch die Alliierten beendete diese Pläne.

»Unsere Rettung liegt im Westen. Nur dort werden wir imstande sein, unsere Partei zu erhalten«, riet zum Ende der NS-Herrschaft der Leiter der NSDAP-Kanzlei Martin Bormann. Ein Bündnis an der Seite Westeuropas und der USA gegen den Bolschewismus sei das Ziel. Während die einen nach 1945 still in den Institutionen der jungen Bundesrepublik dienten, planten andere eine nationalsozialistische Renaissance. Auf Treffen wie dem »Europäischen Nationalkongreß« 1951 oder durch die Hilfe für verfolgte Alt-Nazis wurden Netze gesponnen, die die Idee eines nationalsozialistischen Europas tradierten. Nicht umsonst trug die 1951 gegründete Zeitschrift »Nation Europa« ihren Namen.

In Ablehnung der NS-Rassenidee und auf der Grundlage faschistischer Denker der »Konservativen Revolution« revitalisierte die französische »Nouvelle Droite« (»Neue Rechte«) alte Überlegungen, die nach Deutschland zurückstrahlten. Ethnopluralismus, Föderalismus und ein modernisierter Nationalismus fanden unter »Nationalrevolutionären« und »Jungkonservativen« Anklang. Nach dem Niedergang der NPD in den 1970er Jahren versprachen sie frischen Wind. Auch wenn die »Neue Rechte« die europäische Integration ablehnt, da sie eine Nivellierung nationaler Identität und Verlust von Souveränität fürchtet, bezieht sie sich auf rechte Europaideen. 2013 legten beispielsweise Felix Menzel und Philip Stein das Buch »Junges Europa. Szenarien des Umbruchs« vor, in dem sie sich für »ethnische Kontinuität, nationale Identität und Selbstbestimmung« als Vision Europas aussprachen.

Politisch wirksam wurden rechte Europaideen im Umfeld der »Vertriebenen« und des Konservatismus. Angesichts der Schwäche Deutschlands und der machtpolitischen Konstellation nach dem Weltkrieg setzten sie auf eine »Europäisierung deutscher Interessen« (Franz Josef Strauß, CSU). Nationale Alleingänge waren unmöglich, zur Umsetzung der Interessen blieb nur die Einbindung in ein westeuropäisches, antikommunistisches Bündnis. Schon früh kleideten die »Vertriebenen« ihre revanchistischen Forderungen in pro-europäische Töne. So hieß es beispielsweise 1949 in der »Eichstätter Adventsdeklaration« der »Sudetendeutschen Landsmannschaft«, dass die Forderung nach »Rückgabe der Heimat in den Sprach- und Siedlungsverhältnissen von 1937« in das »große Ringen um die christlich-humanistische Wiedergeburt Europas« eingebunden sei. Auch die »Charta der deutschen Heimatvertriebenen« nannte die »Herbeiführung eines freien und geeinten Europas« als Ziel. Wichtiger Bestandteil der Strategie zur Neuordnung Europas war die Forderung nach völkisch definierten »Volksgruppenrechten« – zuerst natürlich in den ehemaligen deutschen Gebieten.

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