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Magazin »der rechte rand« Ausgabe 178 - Mai / Juni 2019

Erfurt: Kampfsport für Kinder
Seit 2016 bot der Verein »Volksgemeinschaft« in seinen Räumlichkeiten im Erfurter Plattenbauviertel Herrenberg unter anderem wöchentliche Kampfsporttrainings an (s. drr Nr. 165). Treibende Kraft dahinter ist der ehemalige Hooligan und langjährig aktive Neonazi Enrico Biczysko, der 2014 mit 2.292 Stimmen für die NPD in den Erfurter Stadtrat eingezogen war. Später wechselte er zur Partei »Die Rechte« (DR) und ist im August 2018 der Partei »Der III. Weg« beigetreten. War er in DR schon Biczyskos steter Begleiter, steht ihm inzwischen der mehrfach wegen Körperverletzung verurteilte Neonazi Michel Fischer aus dem Weimarer Land fest zur Seite. An der Fassade der Räumlichkeiten mit mehreren hundert Quadratmeter in einer alten Kaufhalle prangen jetzt die Insignien des »Der III. Weg«, die Neonazis sprechen inzwischen von einem »Nationalrevolutionären Zentrum«. Es dient der Partei nicht nur als Materiallager, hier finden auch die regelmäßigen Kampfsporttrainings der parteiinternen »Arbeitsgemeinschaft Körper & Geist« statt. Außerdem werden an drei Tagen in der Woche je zweistündige »Trainingseinheiten« für Kinder und Jugendliche angeboten, die Rede ist von einem »Jugendsportprogramm«. Auch bei öffentlichen Veranstaltungen der Partei unter freiem Himmel wie im April 2019 führen die Neonazis Kinder und Jugendliche an den Kampfsport heran, auf Bildern sind in diesem Rahmen Biczysko und Fischer zu sehen. Dabei haben beide Neonazis eine lange Geschichte in der gewalttätigen Neonaziszene. Fischer wurde zwischen 2013 und 2015 Jahren fünfmal verurteilt, darunter dreimal wegen vorsätzlicher beziehungsweise gefährlicher Körperverletzung. Unter anderem hatte er 2012 mit seinem Vater ein 13-jähriges Kind verprügelt. Biczysko wurde in der Vergangenheit mehrfach wegen Körperverletzung verurteilt. Der als Sportbeauftragte der Partei »Der III. Weg« bezeichnete Björn Mey befand sich im April 2018 in Haft.

Magazin Antifa der rechte rand
Neonazis »III. Weg« in Erfurt bieten Kampfsport für Kinder. © Mobile Beratung in Thüringen

»Tenno-Karate-Do Chemnitz e. V.«
Der »Tenno-Karate-Do Chemnitz e. V.« trainiert unter anderem auch Kinder und Jugendliche im Chemnitzer Stadtteil Hilbersdorf. Nach außen hin macht der Verein den Eindruck eines normalen Karatevereins, der im »Sächsischen Karatebund« organisiert ist und neben dem mehrmals wöchentlich stattfindenden Training regelmäßige Lehrgänge mit Gasttrainern organisiert. Die Brisanz des Vereins liegt in seinen Personalien: Als Trainer und im Vorstand sind unter anderem die neu-rechten Kader Felix Menzel und Benjamin Jahn Zschocke aktiv. Menzel ist Chefredakteur der neu-rechten Schülerzeitung »Blaue Narzisse«, Gründer der selbsternannten »Denkfabrik für Wirtschaftskultur« »Recherche Dresden« und gibt das dazugehörige Magazin »Recherche D« heraus. Jahn Zschocke war bis 2014 Stadtratsmitglied und später Fraktionsgeschäftsführer von »Pro Chemnitz«. Er fungierte als Sprecher der Fraktion und deren Vorsitzenden Martin Kohlmann, als dieser die rechten Großaufmärsche des Spätsommers 2018 in Chemnitz organisierte. Im Januar kündigte Jahn Zschocke an, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen. Er arbeitet als Maler und schreibt für das Magazin »Tumult« (s. drr Nr. 172). Menzel und Zschocke gründeten zusammen mit Martin Kohlmann zu Schulzeiten die »Pennale Burschenschaft Theodor Körner zu Chemnitz«. Der Sportverein, der 2012 etwa 50 Mitglieder hatte und hauptsächlich aus Kindern und Jugendlichen besteht, ist in seinem politischen Wirken eher subtil. So veranstaltete der Vorstand mehrmals Vereinswanderungen zum Theodor-Körner-Denkmal in der Nähe von Chemnitz. An dem Gedenkstein für den in neurechten Kreisen beliebten Dichter gründeten Menzel und Jahn Zschocke auch ihre Schülerburschenschaft. Der Verein ist heute weiterhin aktiv, auf der Website sind Fotogalerien von Wettkämpfen und Lehrgängen zu sehen. Auf Facebook wirbt der Verein um neue Mitglieder mit dem Motto »Sicherheit für Ihr Kind«.

Lüneburg: Kampfsportlehrer mit rassistischen Gewaltfantasien
Die »Kung Fu Schule Lüneburg« wird von Niklas Schmidt geleitet. Schmidt trägt den fünften Meistergrad. Der Kampfsportler veröffentlicht auf Facebook regelmäßig sowohl unter seinem Klarnamen, als auch auf der Seite der von ihm betriebenen Schule und in öffentlichen Diskussionen extrem rechte, rassistische und geschichtsrevisionistische Thesen und Positionen. Dabei fabuliert er nicht nur davon, dass schwarze Menschen ohne »Sturmgewehre« wieder mit »Speeren und Machete« töten gehen würden, sondern prophezeit auch: »wir werden bald Chemiker, Lagerbauer und Ofenbauer brauchen.« Und weiter schreibt er: »wir werden bald wieder viel zu tun bekommen, das wird unserer chemischen Industrie gut bekommen…« (Fehler im Original). Einen Hehl aus dem dahinter stehenden Menschenbild macht Schmidt dabei nicht. Er kommentierte ein Video, das vermeintlich das Wegwerfen von Wasserkanistern durch MigrantInnen zeigt: »wer aus heißen Wüstenstaaten flüchtet, und geschenktes Wasser wegschmeißt ist, ist ein haufen menschlichem Dreck. für mich stehts unerwünscht, kann gerne zu tode kommen« (Fehler im Original). Eine Erklärung liefert der Kampfsportlehrer direkt hinterher, als er das Video einer Schlägerei teilt: »schwarze gegen weiße, oder Kanacken gegen Normale, oder ein Einzelfall? Feige gegen Mutig, wie ihr wollt, aber immerhin ziehmlich multikulti« (Fehler im Original). Seine rassistischen Vorurteile münden bei Schmidt auch in Gewaltfantasien. Angesichts des Zuzugs von Flüchtlingen sieht er »einen Kampf auf den Straßen, den Feldern, in den Häusern und Wäldern« kommen. Er spricht von einem kommenden Bürgerkrieg, auf den es sich vorzubereiten gelte. Er forderte zudem auf seiner Facebook-Seite zum Kampf gegen MigrantInnen und Geflüchtete auf: »Rüstet auf, lernt Nahkampf, geht zum Schießen.«

Grevesmühlen – Kampfsporttraining im »Thinghaus«
Am 27. April 2019 fand in der Neonazi-Immobilie »Thinghaus« in Grevesmühlen ein Kampfsporttraining statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Kameradschaft »Aktionsblog Rostock«. Für das Training nutzen die Neonazis das Label »2Baltik Korps«, eine Gruppe, die durch die Rostocker Kameradschaft initiiert wurde und sich im klassisch-neonazistischen Duktus im »Kampf gegen den kranken Geist der einhergehenden Gesellschaft« sieht. Rund ein Dutzend Neonazis aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg reisten für die Veranstaltung nach Grevesmühlen. Das Training bestand sowohl aus einem theoretischen Teil als auch zahlreichen praktischen Übungen aus dem Box- und MMA-Bereich. Die Veranstaltung war nicht die erste ihrer Art im »Thinghaus«. Bereits im Mai 2018 war in der Neonazi-Immobilie der Gründer des russischen Labels »White Rex«, Denis Kapustin aka Nikitin für einen Vortrag in Grevesmühlen zu Gast. Neben dem Vortrag wurde auch im Mai 2018 der »Straßenkampf auf dem Boden und mit dem Messer« trainiert.