kurz und bündig Ausgabe 182


Magazin »der rechte rand« Ausgabe 182 - Januar / Februar 2020

Wintersonnenwendfeier vorzeitig beendet
Eschede. Am 21. Dezember 2019 haben rund 650 Menschen gegen eine »Wintersonnenwendfeier« des NPD-Landesverbands Niedersachsen protestiert und einen geplanten Aufmarsch blockiert. An dem Treffen auf dem ehemaligen Bauernhof Nahtz nahmen etwa 80 Neonazis teil. Die NPD hatte den Hof von dem Landwirt und NPD-Mitglied Joachim Nahtz im Frühjahr gekauft, um ihn als Stützpunkt auszubauen. Auf dem Hof finden seit mehr als 25 Jahren extrem rechte Feste, Pfingstlager, Treffen und Wehrsportübungen statt. Seit 2007 wird immer wieder gegen derartige Veranstaltungen protestiert.

»Nationalzeitung« wird eingestellt
München. Die »Druckschriften- und Zeitungsverlags GmbH« soll laut Branchenmeldungen bekanntgegeben haben, keine weiteren Ausgaben der »Nationalzeitung« (NZ) mehr herauszugeben. Aus dem Verlag heißt es, der Medienwandel mit der einhergehenden Veränderung des Nutzerverhaltens mache eine Einstellung unumgänglich. Wiederkehrende Themen der Zeitung waren beispielsweise unter anderen »Masseneinwanderung«, die Bombardierung Dresdens und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa. Die NZ war aus der 1950 gegründeten »Deutschen Soldaten-Zeitung« (DSZ) hervorgegangen. Frühere NSDAP-Kreisleiter und Angehörige der Waffen-SS hatten sich mit der Gründung des herausgebenden »Schild-Verlags« zum Ziel gesetzt, einen »antibolschewistischen deutschen Verteidigungsbeitrag« zu leisten. Wirtschaftliche Schwierigkeiten führten dazu, dass Gerhard Frey, späterer Gründer der »Deutschen Volksunion«, im August 1960 Verlag und Zeitung übernahm und umbenannte. Er schrieb einen großen Teil der Beiträge selbst, weitere bekannte Autor*innen waren unter anderem der Holocaustleugner Gerard Menuhin, Historiker Gustav Sichelschmidt und Robert Scholz, Ex-Schriftleiter des »Völkischen Beobachters«. Als höchste Auflage ist eine Zahl von 145.000 Exemplaren im Jahr 1967 bekannt, Schätzungen zufolge sank sie im Laufe der Jahre deutlich. Nach Freys Tod 2013 lag die Auflage der NZ bei unter 7.000, beziehungsweise bei weniger als 2.500 verkauften Exemplaren.

Neonazi-CDU-Funktionär
Bitterfeld. Anfang Dezember 2019 ist der CDU-Funktionär Robert Möritz aus dem Kreisverband Anhalt-Bitterfeld als Neonazi geoutet worden. Er wurde auf einem Foto identifiziert, das ihn beim Präsentieren einer »Uniter«-Fahne in Leipzig zeigt. In den Posts unter dem Foto bezieht er sich ebenfalls auf das extrem rechte Netzwerk. Recherchen ergaben, dass Möritz seit etwa 2015 wiederholt Beiträge und Fotos veröffentlicht hat, die ihn mit der Neonazi-Szene in Verbindung bringen. So teilte er Beiträge der RechtsRock-Band »Barricades« oder von Kampagnen wie »Todesstrafe für Kinderschänder«; auf einem Bild sieht man die auf seinem Ellenbogen tätowierte schwarze Sonne. Bereits 2011 nahm er an einem bundesweiten rechten Aufmarsch in Halle teil, bei dem er als Ordner fungierte. Nach dem Outing hat Möritz seine Social-Media-Kanäle gelöscht und seinen Austritt aus »Uniter« erklärt. Nach einem Ultimatum des Landesverbandes trat er am 20. Dezember auch aus der CDU aus. Mindestens zwei weitere CDU-Mitglieder aus Sachsen-Anhalt sollen in der Vergangenheit bei »Uniter« aktiv gewesen sein.

»Identitäre« ohne Hausprojekt
Halle. Die extrem rechte Gruppe »Kontrakultur Halle«, Teil der »Identitären Bewegung« (IB), hat am 30. November 2019 bekannt gegeben, sie ziehe sich aus dem Hausprojekt in der Adam-Kuckhoff-Straße 16 in Halle zurück. Im Monat zuvor sei bereits das Mietverhältnis aufgelöst worden. »Damit erleidet das Leuchtturmprojekt AK16 den ersten richtigen, echten Rückschlag«, schreibt IB-Aktivist Till Wessels über das auch als »Flamberg« bekannte Projekt. 2017 wurde das Haus als Wohn-, Bürohaus und Freizeitstätte bezogen, die Büroräumlichkeiten wurde zudem von »Ein Prozent«, dem »Institut für Staatspolitik« (IfS), dem »Jungeuropa-Verlag« und dem »Verlag Antaios« genutzt. Der Landtagsabgeordnete der »Alternative für Deutschland«, Hans-Thomas Tillschneider, nutzte ein Zeitlang ebenfalls ein Büro in dem Haus. An dem Ort fanden zahlreiche Treffen und Veranstaltungen statt, das Haus fungierte als Zentrale der IB und Anlaufpunkt für Rechte sowie als Ausgangspunkt für ihre Aktivitäten. Über die Jahre protestierten Antifaschist*innen kontinuierlich gegen das Haus, mehrfach wurde es durch Protestaktionen markiert und beschädigt. Laut Eigenangaben ist »Kontrakultur« derzeit auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten in Halle.

»Phalanx 18« verboten
Bremen. Die Innenbehörde Bremen hat am 20. November 2019 den extrem rechten Verein »Phalanx 18«, auch »Schlachtreihe Adolf Hitler« genannt, verboten und aufgelöst. Am Morgen wurden fünf Wohnungen von Mitgliedern durchsucht, um »vereinsrelevante Unterlagen und gegebenenfalls verfassungsfeindliches Material sicherzustellen«. Senator Ulrich Mäurer bewertete den Verein als »gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung« gerichtet, er sei »der nationalsozialistischen Ideologie verhaftet« und versuche, »seine Ideologie mit aggressiv-kämpferischen Maßnahmen durchzusetzen«. Mitglieder von »Phalanx 18« hätten in den vergangenen Wochen mehrfach körperliche Auseinandersetzungen mit Personen an der Schlachte und im Viertel gesucht, so der Senator weiter. Die Gruppe hatte für den 9. November 2019 einen »Liederabend im Herzen Bremens« angekündigt. Die Veranstaltung wurde verboten, da eine Störung und Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus am Gedenktag befürchtet wurde. Der Gruppe um Michael O. sollen etwa zehn Personen angehört haben, die in Kontakt mit der örtlichen Hooligan- und Neonazi-Szene sowie der »Identitären Bewegung« (IB) stehen sollen. Mehrfach griffen sie als links identifizierte Personen an und prahlten damit in sozialen Netzwerken.

Attentat im koscheren Supermarkt
Jersey City / USA. Am 10. Dezember 2019 haben zwei Antisemiten, der 47-jährige David Anderson und die 50-jährige Francine Graham, in einem koscheren Markt um sich geschossen und drei Menschen getötet. Anschließend verschanzten sie sich in dem Gebäude und lieferten sich einen stundenlangen Schusswechsel mit der Polizei, wobei ein Polizist getötet wurde. Auch beide Angreifer starben. »Die Hinweise deuten auf einen Akt des Hasses hin«, sagte der Generalstaatsanwalt von New Jersey, Gurbir Grewal zwei Tage später. Die Tat werde als terroristischer Akt bewertet. Die Profile der beiden in sozialen Medien würden ausgewertet, Berichten zufolge seien dort antisemitische Äußerungen gepostet worden. Der Mann war bereits wegen Verstoß gegen das Waffengesetz inhaftiert und soll in der Vergangenheit der größtenteils antisemitischen und militanten Bewegung »Black Hebrew Israelites« angehört haben.

Folgen der »Causa Ibiza«
Wien / Österreich. Am 12. Dezember 2019 haben die ehemaligen Gemeinderäte der »Freiheitlichen Partei Österreichs« (FPÖ), Klaus Handler, Dietrich Kops und Karl Baron, »Die Allianz für Österreich« (DAÖ) gegründet. Sie hätten den Kurs der neuen Führung, der die FPÖ »zur Anti-Strache-Partei« mache, nicht mittragen können, erklärte Baron der Presse. Zweck der Parteigründung dürfte sein, dem ehemaligen FPÖ-Chef für ein mögliches Comeback eine politische Heimat bieten zu können. Am darauffolgenden Tag wurde Strache in Abwesenheit vom Parteigericht der FPÖ ausgeschlossen. Der Wiener-FPÖ-Chef Dominik Nepp erklärte in der anschließenden Pressekonferenz, Strache habe »parteischädigendes Verhalten« an den Tag gelegt. FPÖ-Chef Norbert Hofer erklärte, er hoffe, mit dem Ausschluss einen Schlussstrich unter die »Causa Ibiza« ziehen zu können. Strache nahm den Ausschluss zur Kenntnis und erklärte in einer Videobotschaft, er könne sich ein politisches Comeback vorstellen.

Freispruch für »Goldene Morgenröte« gefordert
Athen / Griechenland. Im Prozess gegen Mitglieder der neonazistischen Partei »Chrysi Avgi« hat die Staatsanwaltschaft am 18. Dezember 2019 einen Freispruch gefordert. Parteichef Nikos Michalolakis und weitere hochrangige Funktionäre waren vor mehr als sechs Jahren angeklagt worden, eine kriminelle Vereinigung zu leiten, die insbesondere den Mord an dem Musiker Pavlos Fyssas sowie weitere Gewalttaten zu verantworten habe. Staatsanwältin Adamantia Ekonomou erklärte, es habe einen Mangel an Beweisen für die Anschuldigungen gegeben, dass die Beschuldigten an der Planung oder Ausführung der aufgeführten Verbrechen beteiligt waren, einschließlich der Morde an Fyssas und dem pakistanischen Arbeiter Shazat Luqman im Jahr 2013. Giorgos Roupakias, der den Musiker tötete, habe als Einzeltäter gehandelt, auch die anderen Gewalttaten seien jeweils »isolierte Handlungen« gewesen. Das Plädoyer löste Bestürzung bei den Angehörigen der Opfer und öffentliche Diskussionen aus. Antifaschistische Gruppen haben Protestaktionen angekündigt.

Angriff auf Suppenküche
Warschau / Polen. Eine Gruppe von Neonazis hat am 22. Dezember 2019 in der Warschauer Innenstadt bedürftige Menschen sowie Mitarbeiter einer Hilfsorganisation angegriffen. Freiwillige der Organisation »Food Not Bombs« verteilten vor der »Bratpfanne« genannten Suppenküche Essen und Kleidung für Bedürftige, als sie von den Männern angegriffen und mit »Flüssiggas« attackiert wurden. Auch zufällig vorbeigehende Passant*innen sollen angegriffen worden sein. Berichten zufolge sollen die Neonazis sollen gerufen haben dass sie »Krieg und Hitler« lieben und deswegen gegen die Hilfs­­ak­tion seien. »Es gibt keine Zustimmung zu Gewalt und Faschismus. Wir lassen uns nicht einschüchtern und werden weiterhin das tun, was wir tun!«, erklärte Food Not Bombs Warszawa.

Extrem rechter Aufmarsch
Warschau / Polen. Am 11. November 2019 hat zum zehnten Mal der »Marsch der Unabhängigkeit« stattgefunden. Nach Angaben der Organisatoren nahmen 150.000 Menschen teil, die Stadtverwaltung sprach von 47.000. Polnische Flaggen wurden geschwenkt, »Gott, Ehre und Vaterland« und »Polnische Intifada, keine Entschuldigungen« skandiert, die polnische Nationalhymne gesungen sowie Rauchbomben und Feuerwerkskörper in den Nationalfarben Rot und Weiß gezündet. Neben polnischen Neonazis sollen auch internationale Gäste unter den Teilnehmer*innen gewesen sein. Der Aufmarsch stand unter dem Motto »Nimm die ganze Nation in Deinen Schutz«, er wurde von extrem rechten Organisationen ausgerichtet. Der extrem rechte Abgeordnete Krzysztof Bosak nannte den Marsch auf Twitter die »größte patriotische, globalisierungskritische und politisch unkorrekte Kundgebung Europas«.