»Patriotisches Wirtschaftsmagazin«
von Andreas Speit
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 172 - Mai / Juni 2018
#NeueRechte
Eine neu-rechte Publikation will sich ausschließlich auf wirtschaftspolitische Ideen konzentrieren.
Denkanstöße geben, Kompetenz steigern: Ein neues Periodikum um Felix Menzel hat sich diese politischen Ziele gesetzt. Im Mai erscheint die Erstausgabe des wirtschaftspolitischen Magazins »Recherche D«, das erste publizistische Projekt der »Neuen Rechten«, das sich auf ökonomische Themen konzentrieren will. »Die ökonomische Kompetenz der patriotischen Opposition«, räumen die Macher ein, solle gestärkt werden. Denn da bestehe »eine Lücke«.
Im vergangen Jahr haben bereits verschiedene neu-rechte Organisationen von »Ein Prozent für unser Land« über das »Institut für Staatspolitik« (IfS) bis »Compact – Magazin für Souveränität« damit begonnen, sich mit den sozialen Fragen und wirtschaftlichen Konzepten auseinanderzusetzen. Ein »Antikapitalismus von rechts« geistert durch ihren Diskurs, sowie ein »Sozialpatriotismus«. Seit die »Alternative für Deutschland« (AfD) in den Landtagen und nun im Bundestag sitzt, sagt Helmut Kellershohn vom »Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung« (DISS), stünden die Rechtsintellektuellen vor einem Dilemma. Ihre eigenen Vordenker aus der »Konservativen Revolution« hatten das Primat der Politik vor der Ökonomie und der Justiz verkündet. »Sie fühlen sich zu Höherem berufen, als sich mit den Niederungen der Finanz- und Steuerpolitik auseinanderzusetzen«, betont Kellershohn, der beim DISS seit Jahrzehnten die Entwicklung der »Neuen Rechten« verfolgt und analysiert. »Jetzt wo die Expertise von Fachleuten gefragt ist, entpuppt sich diese Borniertheit möglicherweise als Einstellungshindernis«, sagt er.
Diese Wende spiegelt sich auch bei der Herausgeberstruktur wieder. Beim Amtsgericht Chemnitz wurde ein früherer gemeinnütziger »Verein Journalismus und Jugendkultur Chemnitz« von Menzel in den »Verein Journalismus und Wissenschaft« umbenannt. Der Verein verantwortet »Recherche D«. Das farbige Heft mit der Eigenbezeichnung »patriotisches Wirtschaftsmagazin Deutschland« soll vierteljährlich erscheinen, 48 Seiten umfassen, durchgehend mit farbigen Bildern illustriert werden und komplett werbefrei sein. Einzelpreis 6,50 Euro, Jahresabo 26 Euro.
Auf dem Cover wirft das Magazin die Frage auf: »Globalkapitalismus oder nachbarschaftliche Marktwirtschaft?« Im Heft greift Menzel, der seit Jahren eng mit dem IfS um Götz Kubitschek verbunden ist, das Thema auf. Sein Thema, betont Kellershohn. Immer wieder setze sich Menzel für ein nachbarschaftliches Wirtschaften ein. Eine »grüne Variante«, angelehnt an die Idee aus dem »Tat-Kreis« um Hans Zehrer. In diesem wurde der Liberalismus als das Hauptübel der Zeit ausgemacht, Parlamentarismus und Kapitalismus als »Zwillingsbrüder« bezeichnet, die zu liquidieren seien. Für das Heft sind weitere Themen angekündigt: »Free Banking: Ein Geldsystem ohne Staat«, »Aporophobie«, »Wirtschaft und Gerechtigkeit«. Auch ein Interview mit dem Wirtschaftsprofessor Helge Peukert »über plurale Ökonomik« ist dabei. Peukert hat sich im Nachhinein von dem Magazin distanziert.
Das Magazin soll zugleich als »Infobrief« des neu gegründeten Projekts »Recherche Dresden – Denkfabrik für Wirtschaftskultur« dienen. Auf der Website der »Denkfabrik« wurde am 17. April verkündet, dass »jetzt endlich offiziell« der Betrieb aufgenommen worden sei. Erste Selbstdarstellungen, Artikel und Kommentare sind bereits online. Sie deuten die wirtschaftspolitische Richtung an: regionale Netzwerke im lokalen Raum. »Die Gegenüberstellung von Kapitalismus und Sozialismus« sei »überholt«. Die neue Herausforderung im 21. Jahrhundert sei, ob nicht »der mit Geldsozialismus finanzierte Globalkapitalismus irgendwann zusammenbricht und was danach kommt«. »Hellseher« aber auch »bewaffnete Revolutionäre« seien sie nicht, so dass ihr Denken um Folgendes kreise: »Wie kann der Einzelne, die Familie, das Dorf, die Region und die Nation frei wirtschaften, ohne dabei Gemeinschaften oder die Umwelt zu zerstören?« Bewusst wird nicht von Gesellschaften gesprochen, die für die Neu-rechten – in alter Tradition – künstliche Gebilde sind. Erfreut berichten sie, dass aus ihrer Sicht globale Marken gerade im Nahen Osten und Südostasien scheitern, da dort die »kulturelle Vielfalt« funktioniere und weil »lokale, regionale und nationale Eigenheiten noch stark genug ausgeprägt« seien. »Wagen wir es, Facebook, Amazon und Co. eigene Unternehmen entgegenzusetzen!«, rufen sie auf.
Die Wortwahl »kulturelle Vielfalt«, so Kellershohn, spielt auf den Ethnopluralismus an. Jede Ethnie habe ihre spezifische und unveränderliche Kultur. Mit dem Wortgebilde »Wirtschaftskultur« entlarve sie sich gleich selbst, weil es »das neurechte Verständnis von Kultur auf das Feld der ‹Nationalökonomie› überträgt«. So ist es keine Überraschung, dass sie bisher ganz allgemein schreiben, als »Patrioten« das »amerikanische Modell« zurückdrängen und eine »basisökonomische Agenda« erarbeiten zu wollen. Beklagt wird von dem Projekt auch die »Masseneinwanderung«, der »anonyme Sozialstaat« und die »unkontrollierte Massenaufnahme von Asylbewerbern«. Nicht ohne zu betonen, dass »für illegal eingewanderte, junge Männer keine soziale Fürsorgepflicht« bestehe.
Auf der Homepage von »Recherche D« darf auch der Bundesprecher der »Alternative für Deutschland«, Jörg Meuthen, diese spezifische Verbindung im Interview am 26. April darlegen: »Wir wissen, dass man entweder offene Grenzen oder einen Sozialstaat haben kann. Wir wissen, dass unser Sozialstaat ein Pull-Faktor ist, der en gros Migranten anzieht, die nicht arbeiten wollen.«