kurz und bündig Ausgabe 175


Magazin »der rechte rand« Ausgabe 175 - November / Dezember 2018

Rechtes Theater
Bischofswerda. In der sächsischen Stadt (Kreis Bautzen) ist am 7. und 8. September 2018 die 80-köpfige »Laienspielgruppe ‹Friedrich Schiller›« um Baldur Borchardt aus dem völkischen Milieu aufgetreten. Rund 800 Zuschauer wollten der Aufführung »Wilhelm Tell« – »klassisch inszeniert« beiwohnen, sie reisten mitunter aus benachbarten Bundesländern sowie Österreich und der Schweiz an. Bekannte Gäste waren unter anderen der ehemalige Bundesführer der »Heimattreuen Deutschen Jugend«, Sebastian Räbiger, ehemalige und aktuelle NPD-Funktionäre samt Familien sowie Vertreter der »Alternative für Deutschland« und der »Identitären Bewegung«. Die Proben hatten zuvor in einem Objekt der »Schlesischen Jugend« in Marlishausen stattgefunden, das vom thüringischen Verfassungsschutz beobachtet wird. Dem Betreiber des Veranstaltungsortes war die rechte Gesinnung der Anwesenden nicht aufgefallen.

Aufmarsch-Marathon
Dortmund. Am 21. September 2018 marschierten rund 100 Neonazis mit Pyrotechnik und Reichskriegsflaggen durch die Stadtteile Dorstfeld und Marten und riefen dabei antisemitische Parolen. Die Polizei geriet im Nachgang der angemeldeten Aufmärsche in die Kritik, da sie nur mit wenigen BeamtInnen vor Ort war und nicht einschritt. Aufgerufen wurde unter dem Motto »Gegen Polizeischikanen und Polizeiwillkür. Das Grundgesetz gilt auch in Unterdorstfeld. Meinungs- und Versammlungsfreiheit schützen!« Das Motto bezog sich auf einen Vorfall vom 16. September. Neonazis hatten ein Familienfest für »Respekt, Toleranz und Verständigung« gestört, neun von ihnen waren daraufhin in Gewahrsam genommen worden. Am 29. September rief die Partei »Die Rechte« erneut auf, diesmal kamen nur knapp 25 TeilnehmerInnen, 500 AntifaschistInnen demonstrierten parallel dazu gegen Rechts. Am 3. Oktober griff eine Gruppe Neonazis bei der Abreise von einer Kundgebung die Polizei mit Feuerlöschern und Flaschen aus einem Kleinbus heraus an. Acht Personen, darunter auch Michael Brück, der für »Die Rechte« im Dortmunder Stadtrat sitzt, wurden festgesetzt.

Zulauf für »Der III.-Weg«-Veranstaltung
Plauen. Zeitgleich zu den Aufmärschen in Chemnitz hat am 1. September 2018 die neonazistische Partei »Der III. Weg« eine Veranstaltung abgehalten unter dem Motto »IS-Unterstützer – sexuelle Belästigungen – Gewalt und Terror Tag für Tag«. Etwa 800 Personen nahmen teil, darunter bekannte Neonazis sowie zahlreiche BürgerInnen, die bislang nicht mit der rechten Szene in Verbindung gebracht wurden. Es wurden mindestens drei Anzeigen wegen Zeigens des Hitlergrußes sowie Volksverhetzung gestellt. Etwa 350 AntifaschistInnen protestierten gegen die Versammlung. Am 29. Oktober, zum Jahrestag des Beginns der Deportationen polnischer JüdInnen im Jahr 1938, will die Kleinstpartei erneut durch Plauen marschieren. In der sächsischen Kleinstadt betreibt »Der III. Weg« bundesweit sein einziges Parteibüro.

»Lesertreffen« im Südharz
Harztor-Ilfeld. Vom 14. bis zum 16. September 2018 hat der bekannte Neonazi Meinolf Schönborn zu einem »Lesertreffen« seiner Zeitschrift »Recht & Wahrheit« in das Ferienhotel Hufhaus-Harzhöhe eingeladen. Als ReferentInnen waren neben ihm selbst der NPD-Funktionär Stefan Lux, Nicole Schneiders, die unter anderen den NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben im Prozess vertrat, der ehemalige »Republikaner« Hans-Ulrich Höfs und weitere Gäste geladen. Das »Lesertreffen« fand bereits zum 13. Mal statt.

PEGIDA-Jahrestag
Dresden. Am 21. Oktober 2018 hat das islamfeindliche PEGIDA-Bündnis seinen vierten Geburtstag begangen. Etwa 5.000 TeilnehmerInnen nahmen an der Kundgebung in der Dresdner Innenstadt teil. Die Gegendemonstration »Herz statt Hetze« versammelte mit geschätzten 10.000 TeilnehmerInnen mindestens doppelt so viele Menschen. Am 20. Oktober 2014 hatten die »Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes« das erste Mal demonstriert. Anfang 2015 waren die TeilnehmerInnenzahlen auf bis zu 25.000 angewachsen. In den vergangenen zwei Jahren hat die Staatsanwaltschaft 198 Ermittlungsverfahren eingeleitet, beispielsweise wegen schwerer Körperverletzung, Tragens verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung, Landfriedensbruchs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Sachbeschädigung und des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz sowohl gegen TeilnehmerInnen als auch RednerInnen.

Urteil in Hamburg
Hamburg. Am 29. Oktober 2018 hat das Landgericht Hamburg Stephan Kronbügel wegen des Herbeiführens einer Explosion in der S-Bahn-Station Veddel zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Am 17. Dezember 2017 explodierte ein aus zwei sogenannten »Polenböllern« und 73 Montageschrauben gebastelter Sprengsatz unter einer Sitzreihe. Eine Person erlitt ein Knalltrauma. Der Sprengsatz hätte potentiell tödliche Wirkung entfalten können. Im Stadtteil Veddel haben 70 Prozent der EinwohnerInnen einen Migrationshintergrund oder eine Migrationsgeschichte. Ein rassistisches Motiv sei »ziemlich wahrscheinlich«, so die Richterin, für sie sei der Angeklagte ein »glühender Anhänger Hitlers«. Gegen das Urteil hat die Verteidigung Revision eingelegt. Der 52-jährige Kronbügel ist einschlägig vorbestraft. Am 8. März 1992 hatte er gemeinsam mit Stefan Silar am Busbahnhof Buxtehude Gustav Schneeclaus schwer zusammengeschlagen, nachdem dieser ihnen gesagt hatte, Hitler sei »der größte Verbrecher« gewesen. Schneeclaus erlag wenige Tage später seinen Verletzungen.

»Kampf der Nibelungen«
Ostritz. Am 13. Oktober 2018 hat im sächsischen Ostritz erneut das Kampfsport-Event »Kampf der Nibelungen« (KdN) stattgefunden. Rund 700 TeilnehmerInnen aus ganz Deutschland, dem europäischen Ausland sowie aus Russland und der Ukraine reisten an. Als Anmelder fungierte Alexander Deptolla, ehemaliger Funktionär des verbotenen »Nationalen Widerstands Dortmund« mit guten Kontakten zu den »Hammerskins«. Veranstaltungsort war erneut das Gelände des Hotels »Neißeblick« des ehemaligen NPD-Mitglieds Hans-Peter Fischer. Bereits im April diesen Jahres wurde dort das »Schild und Schwert«-Festival des NPD-Kaders Thorsten Heise ausgerichtet, bei dem auch Kampfsport geboten wurde. Der »Kampf der Nibelungen« wird von verschiedenen rechten Modemarken und Versänden gesponsert. Erstmals war die Marke »White Rex« offizieller Mitveranstalter, die inzwischen im Kampfsport als internationales Netzwerk organisierter Neonazis gilt.

Nationalistischer Gedenkmarsch
Kiew / Ukraine. Am 14. Oktober 2018 sind tausende NationalistInnen und Neonazis anlässlich des »Tags der Verteidigung der Ukraine« durch Kiew marschiert. Teils vermummt und mit Nationalflaggen, Armee-Uniformen und Rauchbomben bestückt, wollten sie an die Gründung der »Ukrainischen Aufstandsarmee« (UPA) durch ukrainische Nationalisten vor 76 Jahren erinnern. Aus Deutschland nahmen Mitglieder der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten (JN) sowie AnhängerInnen der Neonazi-Partei »Der III. Weg« teil. Vor Beginn der Veranstaltung versuchten einige der TeilnehmerInnen ein sowjetisches Denkmal zu zerstören, es soll zu Schlägereien mit Sicherheitskräften gekommen sein. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit rund 6.000 Kräften im Einsatz und sprach von einem »friedlichen Verlauf«. Die Kundgebung zum Jahrestag findet seit 2014 statt, seit 2015 ist der 14. Oktober ein Feiertag in der Ukraine.

Regionalwahlen in Polen
Polen. Bei den Regionalwahlen in Polen am 21. September 2018 ist die Regierungspartei »Prawo i Sprawiedliwo??« (»Recht und Gerechtigkeit«, PiS) mit 32 Prozent der Stimmen landesweit stärkste Kraft geworden. In Großstädten wie Warschau, Posen, Lodz und Lublin holte das pro-europäische Oppostitionsbündnis »Platforma Obywatelska« (»Bürgerkoalition«, PO) die Mehrheit der Stimmen mit insgesamt 25 Prozent. Drittstärkste Kraft wurde die »Polskie Stronnictwo Ludowe« (»Polnische Volkspartei«, PSL) mit rund 16 Prozent. In Krakau und Danzig werden am 4. November Stichwahlen durchgeführt. Die PiS hatte im Wahlkampf Einwanderung zum zentralen Thema gemacht. Die Regionalwahlen gelten als Stimmungstest für die Parlaments- und Europawahlen 2019 und die Präsidentschaftswahlen 2020.

Angriffe nach antirassistischer Demo
Bari / Italien. Am 21. September 2018 haben Mitglieder der neofaschistischen »Casa Pound« TeilnehmerInnen einer Parade gegen die rassistische Politik der Regierung angegriffen. Die anwesende EU-Abgeordnete Eleonora Forenza und ihr Mitarbeiter Antonio Perillo berichteten, zusammen mit anderen von einer mit Keulen, Riemen und Ketten bewaffneten Gruppe angegriffen worden zu sein. Mindestens zwei Personen wurden dabei schwer verletzt. Der Überfall ereignete sich am Abschlussort der Kundgebung, in dessen Nähe auch das Hauptquartier der »Casa Pound« liegt, von wo die Angreifer kamen. AugenzeugInnen sprachen von einem »Hinterhalt« und beklagten, die Polizei habe sich zu dem Zeitpunkt völlig zurückgezogen, obwohl sie zuvor auf der Parade starke Präsenz gezeigt hatte. In einigen Medien wurde der Vorfall als »Kampf zwischen Banden« verharmlost. Am 29. September gingen erneut 500 Mitglieder der antirassistischen Initiativen auf die Straße, um zu zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern lassen.

Kleinstaufmarsch
Manchester / Großbritannien. Am 20. Oktober 2018 hat die extrem rechte »English Defence League« (EDL) einen Aufmarsch durchgeführt. Nur etwa 25 TeilnehmerInnen waren dem Aufruf gefolgt, sie wurden, von etwa 50 PolizeibeamtInnen umringt, durch die Stadt geführt. Die Bilder des sehr kleinen Aufmarsches sorgten für Spott in den sozialen Netzwerken. An einer Gegendemonstration der Gruppe »Stand Up To Racism« nahmen rund 300 Menschen teil. 2015 war die EDL noch mit 400 TeilnehmerInnen durch Manchester marschiert, die Kosten für das Polizeiaufgebot wurden auf etwa 250.000 £ beziffert.

RechtsRock-Gedenkkonzerte
Verona / Italien, Kirchheim / Deutschland. Am 15. September 2018 hat die extrem rechte Vereinigung »Veneto Fronte Skinheads« (VFS) ein Konzert im Gedenken an den 1993 bei einem Auto-Unfall umgekommenen Sänger der Band »Skrewdriver«, Ian Stuart Donaldson, veranstaltet. Angekündigt waren die italienischen Bands »Acciaio Vincente« und »Nessun Pentimento«, die spanische Band »Irreductibles« und »Heiliger Krieg« (Baden-Württemberg), die als Nachfolgeprojekt der verbotenen Gruppe »Race War« gelten. Die VFS veranstaltet regelmäßig Konzerte mit internationalen RechtsRock-Bands. Am 20. Oktober hat ein von den »Hammerskins« organisiertes RechtsRock-Konzert zum Gedenken an den US-amerikanischen »Hammerskin« Joe Rowan stattgefunden. Dieser war 1994 nach einem Konzert erschossen worden und gilt als Märtyrer der Szene. Das Line-Up setzte sich aus »Sleipnir«, »Smart Violence« (NRW), der britischen Band »Blackout« sowie »Kommando Skin« (Baden-Württemberg) und »Kodex Frei« (Bayern) zusammen. Die BesucherInnen reisten nach Berichten von AugenzeugInnen aus dem gesamten Bundesgebiet sowie den Niederlanden an. Laut der Recherchegruppe »Allgäu rechtsaußen« haben die vier deutschen Bands bereits Platten bei dem Allgäuer Label »Oldschool Records« produziert, dessen Betreiber zur Führungsriege der Skinhead-Kameradschaft »Voice of Anger« gehört und Konzerte mit Bands aus dem »Hammerskin«- und »Blood&Honour«-Milieu organisiert.