Marsch durch die Parlamente?

das Sören Frerks
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 174 - September / Oktober 2018

#AfD

Seit nunmehr einem Jahr sitzt die »Alternative für Deutschland« im Bundestag. In allen Landtagen, außer in Bayern und Hessen, ist sie vertreten. Bei den dort anstehenden Wahlen im Herbst gilt der Einzug als sicher. (Erstveröffentlichung vor den Landtags-Wahlen in Hessen und Bayern. Auch dort ist die AfD 2018 in die Landtags-Parlamente eingezogen).

 

Magazin der rechte rand

Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, Mitglied des deutschen Bundestags für die »Alternative für Deutschland«, beim Pressestatement am 26. April 2018. © Christian Ditsch

Als die »Alternative für Deutschland« (AfD) vor einem Jahr mit 12,6 Prozent in den Bundestag einzog, fragten sich viele, was kommt. Würde die Rechtsaußenpartei im Parlament befriedet oder noch mehr hetzen? Dabei gab es schon zahlreiche Erfahrungen aus den Landtagen in West und Ost, wo »Die Republikaner«, DVU und NPD immer wieder vertreten waren und nun in den Bundesländern von der AfD als extrem rechte ‹Opposition› abgelöst werden. So erinnert das Gebaren der selbsternannten deutschen Alternative eben an das, was sie in den Vorjahren eingeübt hat.

Geltung um jeden Preis
Das Medienspiel, mit Skandalen und Tabubrüchen Aufmerksamkeit zu generieren, scheint das oberste Gebot. Sei es durch die Nominierung untragbarer Kandidaten für Bundestags- und Ausschussvorsitze; wir erinnern uns an Albrecht Glaser, Peter Böhringer, Petr Bystron und Stephan Brandner. Oder die Entsendung des NPD- und Breivik-Verstehers Jens Meyer in das »Bündnis für Demokratie und Toleranz«. Auch das Aufsehen-Erregen in den Plenarsitzungen folgt einer immer gleichen Choreographie der verbalen Überzeichnung: Ob »Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner« (Alice Weidel), »feindliche Fremde«, »Multikulturalisierung« und »Islamisierung Europas« (Nicole Höchst) oder »ein zur Regel entarteter Doppelpass« (Gottfried Curio). Oder die Schmähung während der Holocaust­gedenkstunde im Bundestag, in der Hansjörg Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, der Auschwitz-Überlebenden und Gastrednerin Anita Lasker-Wallfisch demonstrativ den Applaus verweigerte. Die Schlagzeilen sind der AfD gewiss und diese füllt sie mit den Themen, die ihre Klientel im Fernsehen und Internet sehen will: Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus.

Innere und äußere Radikalisierung
Gleich zu Anfang gab sich die AfD vor lauter Erfolgstrunkenheit schnell kämpferisch. Der Slogan »Wir werden Merkel jagen« (Alexander Gauland) war der Auftakt für ein zur Schau gestelltes radikales Selbstbewusstsein und Auftreten. Das gilt auch für die außerparlamentarische Rechte, die sich durch die AfD im Aufwind wähnt, denn die Partei hat sich schnell zum parlamentarischen Arm der extremen Rechten gemausert. Davon zeugen nicht nur die Abgeordneten und MitarbeiterInnen, die mindesten 23 Verbindungen zur extremen und 55 Verbindungen zur »Neuen Rechten« haben. Von der »Identitären Bewegung« und Burschenschaften über Splittergruppen und einen mutmaßlichen Terrorhelfer von Franco A. (s. drr Nr. 173) bis hin zu Thinktanks und Zeitschriften (s. drr Nr. 172) sind nahezu alle Lobbygruppen vertreten. Diese innere Verfasstheit ist das Vorbild für die Radikalisierung auf der Straße; und es bleibt nicht nur beim völkisch-rassistischen und nationalrevolutionären Vokabular. Allein in den vergangen Monaten gab es bei Aufmärschen mit AfD-Beteiligung mehrere Drohungen und Angriffe auf GegendemonstrantInnen. Unlängst attackierten am 20. Juli zwei AfD-Anhänger im hessischen Hanau eine Kundgebung gegen eine Wahlkampfveranstaltung mit Beatrix von Storch. Dabei schlugen und würgten sie ein DGB-Mitglied bis zur Bewusstlosigkeit. Auch die strategische Abgrenzung gegenüber PEGIDA und Neonazis ist gefallen.

Lagerkämpfe als Vorteil
Es ist nur eine Frage der Zeit, dass die völkischen NationalistInnen und RassistInnen, angeführt von Alexander Gauland, in der noch rechtskonservativ konnotierten Bundestagsfraktion die Mehrheit erlangen. In den Landtagen geben sie schon mit André Poggenburg (Sachsen-Anhalt), Andreas Kalbitz (Brandenburg) und Björn Höcke (Thüringen) den Weg vor. Jörg Meuthen, der ebenfalls dem rechtsradikalen »Flügel« angehört und für die AfD im Europaparlament sitzt, beschwor unlängst einen langen Marsch durch die Parlamente, während Höcke im Duktus von NSDAP-Propagandaminister Goebbels wiederholt seine Großmachtphantasien im Gewand der »Konservativen Revolution« herausposaunt. Das schafft zwar interne Querelen mit den Neoliberalen in der Partei, aber der AfD haben diese bei Wahlen bisher wenig bis gar nicht geschadet. Im Gegenteil, mit den wirtschaftsliberalen und den christlich-fundamentalistischen Strömungen erschließt sich die Partei weiteres WählerInnenpotenzial.

Erfolgsrezept ethnokratische Sozialpolitik
Das große Vorbild – die »Freiheitliche Partei Österreichs« (FPÖ) – hat es derweil im benachbarten Österreich zum zweiten Mal in die Regierung geschafft. Aus Österreich dürfte Höcke zugleich die Fokussierung auf die soziale Frage übernommen haben. Denn trotz einer neoliberalen und arbeitnehmerInnenfeindlichen Realpolitik gewinnt die FPÖ mit ethnokratisch-rassistischen Parolen Wahlen (s. drr Nr. 171). Und so setzte sich der Thüringer Fraktionsvorsitzende beim AfD-Bundesparteitag Anfang Juli in Augsburg mit seinem Antrag für einen nationalen und sozialen Sonderparteitag 2019 in Sachsen durch. Es spricht alles dafür, dass sich die AfD dort mit einer völkischen Sozialpolitik profilieren wird, um ein weiteres Angebot für die WählerInnen mit einem teilweise oder geschlossen extrem rechten Weltbild zu generieren.

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