Rezensionen Ausgabe 167
von Sascha Schmidt, Paul Wellsow
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017
Kompakte Darstellung
von Sascha Schmidt
Das Buch »Die AfD – Analysen – Hintergründe – Kontroversen« von Sebastian Friedrich knüpft nahtlos an Friedrichs erste Veröffentlichung zur AfD, »Der Aufstieg der AfD«, aus dem Jahr 2015 an. Der Sozialwissenschaftler liefert erneut eine kompakte Darstellung der Partei.
Friedrich beginnt mit der Betrachtung gesellschaftlicher Hintergründe und Diskurse, die dem Aufstieg der »Alternative für Deutschland« AfD vorausgingen und diesen ermöglichten. Den gängigen Thesen von der Krise des Konservatismus, der Legitimationskrise der Demokratie, der Krise des neoliberalen Kapitalismus und von dem damit verbundenen »reaktionären Aufbegehren der ›Abstiegsgesellschaft‹« folgt auch Friedrich und belegt diese beispielhaft.
Das umfangreichste Kapitel hat er der Entwicklungsgeschichte der AfD gewidmet. In seiner »kurzen Geschichte«, vom Gründungsparteitag über das Scheitern bei der Bundestagswahl 2013, der Abwahl von Bernd Lucke, der Suche nach einem Grundsatzprogramm bis zu den aktuellen Machtkämpfen, zeichnet Friedrich die zentralen Entwicklungen und Strategien der Partei wie auch Differenzen zwischen den unterschiedlichen Flügeln nach. Trotz des viel zitierten Rechtsrucks in der AfD, den auch Friedrich hervorhebt, macht der Autor deutlich, dass es in der AfD weiterhin unterschiedliche Strömungen gibt, die »um die Vorherrschaft« in der Partei streiten. Mit Blick auf die Darstellung des Machtkampfes zwischen Frauke Petry und dem Höcke-Flügel betont Friedrich: »Es geht nicht um Höcke als Person. Hinter dem Machtkampf verbirgt sich der schwelende Konflikt zwischen Realos und Fundis.« Während Letztgenannte in der AfD eine »fundamentaloppositionelle Bewegungspartei« sehen, orientiere sich der Realo-Flügel an der »Freiheitlichen Partei Österreichs«. »Weniger rechts«, so Friedrich, seien die »Realos« deswegen »nicht unbedingt«.
Vor dem Hintergrund der Wahlerfolge der AfD unter ArbeiterInnen und Arbeitslosen prüft der Autor die Selbstzuschreibung der AfD als ›Partei der kleinen Leute‹. Hierzu nimmt er die »soziale Basis der AfD«, das Grundsatzprogramm und die Aussagen führender PolitikerInnen ins Visier. Schließlich wagt Friedrich den Blick in die Glaskugel und geht der Frage nach: »Wohin steuert die AfD?«.
Abschließend formuliert der Autor Strategien, um den weiteren Aufstieg der AfD zu verhindern.
Das Buch sei all jenen empfohlen, die einen kurzen, aber facettenreichen Überblick über die AfD bekommen wollen.
Sebastian Friedrich: Die AfD – Analysen – Hintergründe – Kontroversen. Berlin 2017, Bertz und
Fischer Verlag, 164 Seiten, 7,90 Euro.
AfD: Ein aufhaltsamer Aufstieg
von Paul Wellsow
Für den Politikwissenschaftler Gerd Wiegel steht die »Alternative für Deutschland« (AfD) »in der Tradition der modernisierten radikalen Rechten« und unterscheidet sich deutlich vom etablierten Konservatismus. Sie sei eine »nationalistisch-völkische Partei, die sich von einer nationalistisch-fremdenfeindlichen Position her, die anfangs noch eher gemäßigt formuliert und noch stärker mit neoliberalen Ideologiemomenten durchsetzt war, radikalisiert hat«. Der Flügel um Björn Höcke und André Poggenburg sei »völkisch-faschistisch«, vertrete einen »Erlösungsnationalismus« und strebe einen »homogenen Volkskörper« an. Insgesamt sei die AfD heute aber »zur Gänze« keine faschistische Partei.
Kenntnisreich beschreibt Wiegel in vier Kapiteln den »Aufstieg und Durchbruch der AfD«, ordnet die neue Partei als »Teil der europäischen Rechten« ein, nennt »Gründe für den Aufstieg der radikalen modernen Rechten« und diskutiert Gegenstrategien. Wiegel weist darauf hin, dass schon lange vor den Erfolgen der AfD in der kritischen Wissenschaft die weite Verbreitung rechter Einstellungen belegt wurde. Der Zusammenhang zwischen dem neoliberalen und autoritären Kapitalismus und dem Aufstieg des Rechtspopulismus wurde ebenfallsbeschrieben und vorhergesagt – unter anderem von dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer. Auf diesem Boden gedeihe die Rechtspartei, sie werde von einer »äußerst heterogenen kulturellen und sozialen Gruppe der Bevölkerung« gewählt. Gewählt werde sie als »Image, als Projektionsfläche und als Sprachrohr für eine scheinbar fundamentale Kritik an den herrschenden Zuständen«. »Kontrollverlust« und »Statusängste« seien wichtige Faktoren für den Aufstieg der AfD. Auf die soziale Frage antworte die extreme Rechte durch »Ethnisierung« und Rassismus. Wiegel interessiert besonders die Frage, »warum Teile der Arbeiterklasse zur modernisierten radikalen Rechten übergegangen sind.« Fundiert beschreibt er die Entwicklung der AfD vor dem Hintergrund von Euro-Krise, der Debatte um die Aufnahme von Geflüchteten, rechten Mobilisierungen und innerparteilichen Fraktionierungen. Die »Neue Rechte« und ihre Institutionen werden als wichtige Stichwortgeber der Partei benannt. Wiegels Arbeit ist eine fundierte und gut lesbare Einführung ins Thema, seine Gegenstrategien sind Anregungen zur Diskussion aus einer linken Perspektive.
Gerd Wiegel: Ein aufhaltsamer Aufstieg. Köln 2017, PapyRossa Verlag, 130 Seiten, 12,90 Euro.
Angriff der Antidemokraten
von Paul Wellsow
In dem Buch »Angriff der Antidemokraten« beschreibt Samuel Salzborn kenntnisreich die ideologischen Linien von der »Konservativen Revolution« zur »Neuen Rechten« (NR) und die ideologische »Volkisierung des Politischen und die Rebellion gegen die Demokratie«. Er beschreibt Strategien sowie Auf- und Abstiege dieser Strömung der extremen Rechten. »Verschwörungswahn«, Carl Schmitt als »Kronzeuge (…) im Kampf gegen die Demokratie« und der Hass auf Gleichheit, Feminismus und Gleichberechtigung sind ebenso Themen wie die Ideologie und Netzwerke des russischen Rechtsaußen Aleksandr Dugin und die Frage nach dem »sozialen Bodensatz der Antidemokraten«. Salzborn untersucht zudem das Verhältnis der NR zur Religion. Während das Christentum »das Eigene« sei, ist der Islam »das Fremde« und das Judentum für die NR das »Andere«. Daraus resultiere ein »tiefsitzender Antisemitismus«, wie Salzborn nachweist. Salzborns Untersuchung beginnt mit der Frage nach der Mitveranwortung der etablierten Medien am Aufstieg der Rechten. Die Talkshows zu bester Sendezeit mit der »Alternative für Deutschland« seien »ein wesentlicher Garant dafür, dass sich Menschen, die rassistische, antisemitische und völkische Einstellungen haben, Abend für Abend darin ermutigt fühlen mussten, nun bei der nächsten Wahl ihre rassistischen Einstellungen auch in rassistische (Wahl-)Handlungen umzusetzen.« Rassismus und Nationalismus seien so zu »Meinungen« geworden, die »gleichberechtigt neben anderen medial diskutiert« wurden. Das Buch endet mit Vorschlägen, wie die Rechte zu stoppen sei: »Demokratieschutz durch Ausgrenzung rechter Parolen«, »Demokratische Gleichheit statt völkischer Pseudo Meinungsfreiheit« sowie »Pluralismus und Polarisierung« durch die demokratischen Parteien. Salzborns Buch ist Faktensammlung, Analyse und Aufforderung, »alles dafür zu tun, um weitere Erfolge der völkischen Rebellen am rechten Rand der Gesellschaft zu verhindern«. Es ist ein Buch gegen das Verständnis, das der AfD und ihren WählerInnen entgegengebracht wird. Eine wichtige Prämisse Salzborns, um die Ausgrenzung zu begründen, findet sich im Fazit: »Bemerkenswert ist, dass (…) nicht einmal davon ausgegangen werden muss, dass wir es mit einer tatsächlichen Zunahme von rassistischen, antisemitischen und völkisch-nationalistischen Einstellungen in Deutschland zu tun haben (…), wohl aber ohne Frage mit einer deutlich umfangreicheren Sichtbarkeit, einer deutlich erhöhten Resonanz (…).« Das Buch spitzt kontrovers zu und hebt sich so von anderen aktuellen Veröffentlichungen ab.
Samuel Salzborn: Angriff der Antidemokraten.
Weinheim/Basel 2017, Beltz Juventa, 224 Seiten, 14,95 Euro.