Bremen

von Clara Heinrich


Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017

Nach anfänglichem Erfolg hat sich die Bremer »Alternative für Deutschland« zerstritten. Heute gehört sie zum Flügel rechtsaußen der Partei. Doch in Umfragen steht sie gut da.

Der Bremer Landesverband der »Alternative für Deutschland« (AfD) ist organisatorisch und personell bundesweit der schwächste. Bei Redaktionsschluss (12.06.2017) war die Website der Bremer AfD seit rund einem Monat offline. Es gibt hier keine BürgerInnenbüros und keine erkennbaren politischen Schwerpunkte. Bei der Wahl 2015 hatte die AfD in Bremen 5,5 Prozent und vier Mandate in der Bürgerschaft geholt. Heute sitzt dort für die Partei nur noch Alexander Tassis. Drei ehemalige Mitstreiter bildeten zeitweise die erfolglose Gruppe »Liberal-Konservative Reformer« (s. drr Nr. 160). Zwei von ihnen sind mittlerweile zu den »Bürger in Wut« weitergezogen.

Die Aufstellungsversammlung der Bremer Bundestagsliste der Partei Mitte März 2017 war ein Gradmesser für die Radikalisierung im Landesverband: Auf Platz eins zur Bundestagswahl im September steht der Landesvorsitzende Frank Magnitz. Ihm folgen der Vorsitzende der Bremer »Jungen Alternative« (JA), Robert Teske, und der Bürgerschaftsabgeordnete Tassis. Ein Einzug in den Bundestag ist für die Bremer AfD nur über den ersten Listenplatz vorstellbar. 41 der insgesamt 150 Mitglieder waren zur Aufstellungsversammlung gekommen. Spitzenkandidat Magnitz ist ein Immobilienkaufmann aus Bremen-Lesum. Er sitzt dort für die Partei im Stadtteilbeirat. Im Mai 2016 trat er bei einer AfD-Kundgebung in Erfurt auf und lobte den Thüringer AfD-Fraktions- und Landesvorsitzenden in höchsten Tönen. Björn Höcke habe Erfurt mit seiner bundesweiten »Themenführerschaft« zu einem »Wallfahrtsort für uns Patrioten« gemacht. »Von Thüringen lernen, hieße Siegen lernen«, rief er auf der Kundgebung vor dem Erfurter Dom. Magnitz kündigte eine intensive Zusammenarbeit der Landesverbände an. Doch ein von Höcke versprochener Auftritt in Bremen kam bisher nicht zustande.

Kontakte zu Höcke
Ann-Katrin Magnitz, Tochter des Bremer Spitzenkandidaten, absolvierte ein Praktikum bei der Erfurter AfD-Landtagsfraktion und traf dort zusammen mit Torben Braga – dem persönlichen Referenten von Höcke – Mitglieder der neonazistischen Gruppe »Wir lieben Meinigen«. Bei der engen Verbundenheit zwischen der AfD Bremen und Thüringen überraschte es nicht, dass der Bremer AfD-Landesverband bundesweit Schlagzeilen mit einem Antrag an den Kölner Bundesparteitag machte, um kurz nach Höckes geschichtsrevisionistischer »Dresdner Rede« das Ausschlussverfahren gegen ihn zu stoppen. Auch die weiteren Kandidaten der Bremer AfD orientieren sich am ganz rechten Flügel der Partei. Der JA-Vorsitzende Robert Teske (Platz 2) posierte in sozialen Netzwerken mit Kennzeichen der »Identitären Bewegung« (IB). Außerdem betreibt er den rechten Podcast »90 Grad« bei Youtube, der auf eine enge Verbindung zwischen IB und JA zielt und sowohl von der JA als auch von der IB beworben wird. Auf Listenplatz drei folgt der Höcke-Fan Tassis, Mitglied der »Patriotischen Plattform« in der Partei. In der Bürgerschaft fällt der selbsternannte Intellektuelle bisher nur mit schrillen Provokationen auf.

»Identitäre«
Auffällig ist, dass die Bremer Sektion der »Identitären Bewegung« ihre Aktivitäten zeitlich parallel zur Gründung des JA-Landesverbandes ausweitete. Die IB machte seit Ende 2016 Aktionen am Bremer DGB-Haus, vor dem Sitz des Innensenators und auf dem Traditions-Segelschiff »Alexander von Humboldt«. Auch der Bremer Verfassungsschutz hält die »personellen Überschneidungen« zwischen AfD-Jugend und IB für »fließend«, wie der »Weser Kurier« berichtete. Durch den wachsenden Einfluss der Jugendorganisation in der Partei und durch personelle Überschneidungen beeinflussen Anhänger der IB auch den Bremer Landesverband der AfD: Der Facebook-Account verbreitet Begriffe der IB, wie beispielsweise »der große Austausch«, und die IB lobt: »Eine aktive AfD, der neurechte Podcast ›90 Grad‹ und natürlich wir als IB. Der patriotische Widerstand ist nun ganz klar auch bei uns im Norden angekommen.«

Streit
Streit gab es bei der Aufstellung der Bundestagskandidaten mit dem Bremerhavener Lokalpolitiker und stellvertretendem Landesvorsitzenden Thomas Jürgewitz. Erst unterlag er in einer Kampfkandidatur gegen Teske und wurde dann durch die Wahl von seinem innerparteilichen Gegner Tassis auf Listenplatz drei überrascht: »Man wird beraten müssen, ob man es so belässt«, zitiert ihn der »Weser Kurier«. Und weiter: »Es laufen drei Parteiausschlussverfahren gegen Tassis.« Die Konflikte in der Bremer AfD sind nicht politisch begründet, sondern kreisen um »Pöstchen«, auf die verschiedene Personen »geil« wären, wie Magnitz sagte. Unterstellungen und angedrohte Strafanzeigen gab es auch bei der Aufstellungsversammlung zur Bundestagswahl.
Die Bremer AfD ist nicht anschlussfähig ans bürgerliche Lager, auch weil die hiesige CDU eine klare Abgrenzungsstrategie verfolgt. Bei den Bürgerschaftswahlen 2015 erhielt die AfD 5,5 Prozent der Stimmen, bei der Bundestagswahl 2013 3,7 Prozent. Die letzte repräsentative Umfrage sah die AfD im Januar 2017 in Bremen nun bei 11 Prozent.