»Versuche zu spalten werden scheitern«

Interview »der rechte rand« mit Giovanni Pollice



Magazin "der rechte rand" Ausgabe 171 - März 2018

Magazin der rechte rand Ausgabe 171

© Mark Mühlhaus / attenzione

#Interview

Seit mehr als 30 Jahren engagiert sich der Verein »Mach meinen Kumpel nicht an!« – auch bekannt als ‹Kumpelverein› oder ‹Gelbe Hand› – gegen Rassismus und extrem rechte Aktivitäten in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft. Über die Arbeit des Vereins und die jüngeren Entwicklungen in den Betrieben sprach Sascha Schmidt für »der rechte rand« mit dem Vorsitzenden Giovanni Pollice.

drr: Ihr unterstützt seit mehr als 30 Jahren Betriebsräte und Gewerkschaften in ihrem Kampf gegen Rassismus und extrem rechte Aktivitäten. Wie sieht Eure Unterstützung aus?
Giovanni Pollice: Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist, Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, die sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus in der Arbeitswelt engagieren. Hierfür entwickeln wir Instrumente, die dieses Engagement erzeugen und fördern sollen. Auf der einen Seite stehen wir allen Kolleginnen und Kollegen zur Seite, die sich mit konkreten Fragen an uns wenden, von Beratungen in Problemfällen, über Durchführung von präventiven Workshops vor Ort, bis zur Entwicklung von betrieblichen Aktionen. Auf der anderen Seite schauen wir, wie wir die Arbeit vor Ort stärken können, ohne direkt vor Ort zu sein. Das heißt, wir setzen mit unserem Magazin »Aktiv für Chancengleichheit« auf Vernetzung und Informationsvermittlung. Mit diesem bundesweit einzigartigen Magazin zeigen wir Kolleginnen und Kollegen, dass sie mit ihrem Kampf nicht alleine, sondern innerhalb eines riesigen arbeitsweltbezogenen und gewerkschaftlichen Netzwerks sind. Darüber hinaus arbeiten wir daran, Antirassismus als Teil der Ausbildung zu verankern – nachhaltig und strukturell. Hierfür entwickeln wir Unterrichtseinheiten für Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen, erstellen maßgeschneiderte Module zur Demokratiebildung, Antirassismus und Konfliktlösung und stellen diese den Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung. Eine unserer zentralen Aktivitäten ist der Jugendwettbewerb »Die Gelbe Hand«. Wir veranstalten jedes Jahr, mittlerweile zum zwölften Mal, den Wettbewerb »Die Gelbe Hand«, um das Engagement von Auszubildenden, BerufsschülerInnen und der Gewerkschaftsjugend zu fördern, indem sie diese Projekte durchführen und bei uns einreichen. Anschließend würdigen wir das Engagement mit einer feierlichen Preisverleihung im Beisein hochrangiger Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik und der Gewerkschaft.

Wie stark ist Eure Verankerung in den Gewerkschaften?
Der Verein wurde 1986 von der DGB Jugend gegründet und ist bis heute der Verein der DGB-Gewerkschaften. Wir sind bundesweit vernetzt und werden von Gewerkschaften, gewerkschaftlichen Organisationen und fast 1600 Fördermitgliedern gefördert. Im Prinzip kann man sagen: Wir bilden im Themenbereich Antirassismus und dem Engagement gegen Rechts eine Art Scharnierfunktion zwischen dem DGB und allen Gewerkschaften. Das ist eine Stärke des Vereins.

Mit dem Aufstieg der »Alternative für Deutschland« (AfD) ging eine Enttabuisierung des Rassismus einher. In breiten Teilen der Gesellschaft werden rassistische und nationalistische Haltungen immer offener artikuliert. Wie hat sich dies aus deiner Sicht in den Betrieben entwickelt?
In Betrieben trauen sich Menschen öfter als früher, auch wenn oft versteckt, sich rassistisch zu äußern. Im Vergleich zur Gesellschaft verfügen Betriebe jedoch über andere Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel das Betriebsverfassungsgesetz und Antidiskriminierungsvereinbarungen im Umgang mit Rechts. Starke Betriebsrätinnen und Betriebsräte haben immer dafür gesorgt, dass keiner wegen der Religion, des Geschlechts und der Staatsangehörigkeit diskriminiert wird. Das wird auch in Zukunft so sein. Versuche, die Kolleginnen und Kollegen zu spalten, werden scheitern.

Von März bis Ende Mai stehen Betriebsratswahlen an. Extrem rechte Gruppen, wie die »Ein Prozent«-Initiative und ArbeitnehmerInnenorganisationen der AfD, werben für die Gründung von Betriebsratslisten. Wie ist deine Einschätzung bezüglich ihrer Chancen, in den Betrieben Zustimmung zu erhalten? Wie geht ihr und die Gewerkschaften mit dieser Situation um und was braucht es aus deiner Sicht, um einen relativen Erfolg solcher Bestrebungen zu verhindern?
Wir gehen nicht davon aus, dass »Ein Prozent« oder die selbsternannten Arbeitnehmervereinigungen innerhalb der AfD bei den diesjährigen Betriebsratswahlen einen großen Erfolg haben werden. Aktuell ist uns bekannt, dass nur in wenigen Industriebereichen einige wenige Listen, die wir als rechte Listen einstufen, präsentiert wurden. Außer Spaltung haben rechtsorientierte KandidatInnen wenig anzubieten. Die gewerkschaftsnahen Listen dagegen bieten eine echte Interessenvertretung, Solidarität und Zusammenhalt in einer großen betrieblichen Gemeinschaft, die in der Lage ist, wirksam Rechte von ArbeitnehmerInnen durchzusetzen und ihre Arbeitsbedingungen nachweislich zu verbessern.

Vielen Dank für das Interview!