»Generalangriff« auf Gewerkschaften

von Sascha Schmidt
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 171 - März 2018

#EinProzentZeitung

Mit ihrer Zeitung »Alternative Gewerkschaft« wirbt die extrem rechte Initiative »Werde Betriebsrat« für sich. Ihr Ziel: Der »Generalangriff« auf die Gewerkschaften.

der rechte rand Magazin Ausgabe 171

»Der Knoten ist geplatzt«, jubelte die extrem rechte Initiative »Ein Prozent« im Februar 2018. »Pünktlich zu den Betriebsratswahlen« sei es in Kooperation mit dem rechten und verschwörungstheoretischen Magazin »Compact« und dem rechten Verein »Zentrum Automobil« gelungen, eine »Kampagnenzeitung« zu veröffentlichen. Das Blatt »kommt nicht nur zur rechten Zeit, sondern hat es in sich«, lobte man sich selbst. Doch tatsächlich bietet die zwölf Seiten dünne Zeitung mit einer Auflage von 60.000 Stück lediglich auf fünfeinhalb Seiten neue Texte. Die restlichen sechseinhalb Seiten sind gefüllt mit Werbung für die beteiligten Initiativen, einer Sammlung von alten Pressemeldungen und drei Artikeln, die bereits in früheren Ausgaben der »Compact« gedruckt worden waren: Ein Kommentar von »Compact«-Chefredakteur Jürgen Elsässer vom Oktober 2017, ein Interview von Elsässer mit dem AfD-Funktionär Guido Reil und eine vom Thüringer AfD-Chef Björn Höcke im November 2017 in Leipzig gehaltene Rede.

Soziale Frage
Auf den weiteren Seiten des Blattes schreiben ausschließlich Autoren aus der »Neuen Rechten«. Neben Philipp Stein, Mitglied der extrem rechten »Burschenschaft Germania Marburg« und Leiter der neu-rechten Initiative »Ein Prozent«, schreiben unter anderem Benedikt Kaiser und Simon Kaupert. Kaupert ist Gründer des Würzburger PEGIDA-Ablegers »Wügida« und nahm an der Aktion »Defend­Europe« der »Identitären Bewegung« mit einem gecharterten Schiff im Mittelmeer teil. Das Ziel damals: Geflüchtete davon abzuhalten, über das Mittelmeer Europa zu erreichen. Kaiser ist Lektor im neu-rechten Verlag »Antaios« von Götz Kubitschek und interviewte in dessen Blatt »Sezession« Ende Januar 2018 den Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz zur Bedeutung der »Sozialen Frage in der AfD«. In der österreichischen rechten Zeitung »Neue Ordnung« hatte Kaiser erklärt: »Die Rechte wird die soziale Frage wiederentdecken oder sie verpasst eine historische Chance.«

Generalangriff auf Gewerkschaften
»Kollegen, wir müssen reden – Es ist Zeit für die Wende«, prangte der Titel in Großbuchstaben auf der Titelseite der Zeitung »Alternative Gewerkschaft«. Philipp Stein machte deutlich, warum und verwies auf reale Missstände in Deutschland: Obdachlosigkeit, eine »Armutsquote von 15,7 Prozent« oder RentnerInnen, »die Flaschen sammeln gehen«. Auch kritisierte Stein die ungleiche Verteilung des Reichtums: »Während die Zahl der Millionäre und Milliardäre in Deutschland stetig steigt«, schrieb Stein, »muss sich der fleißige ‹Normalbürger› nicht nur mit sinkenden Reallöhnen, steigenden Mieten und immer prekärer werdenden Anstellungsverhältnissen rumschlagen«. Doch seine Kritik ist nur vordergründig ein Angriff auf das »Establishment«. Die völkischen KapitalismuskritikerInnen können die soziale Frage ohne Rassismus nicht beantworten. Das wird auch hier wieder deutlich, wenn auf der Titelseite der Zeitung darüber geklagt wird, Millionenbeträge seien »in die Asylindustrie (ge)pumpt« worden .
Doch im Zentrum der Kritik stehen »die Gewerkschaften«, die sich laut Simon Kaupert »in weiten Teilen vom Establishment (haben) kaufen lassen«, die »nicht mehr den Arbeiter vertreten – sondern die Aktionäre« und »zum Instrument der Mächtigen geworden« seien. Gemeint sind hier die im DGB zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften. »Ohne die Interessengemeinschaft von Gewerkschaften und Parteien« wären »die großen sozialen Verwerfungen der vergangenen zwanzig Jahre nicht durchgewunken worden«, behauptet Kaupert. Und allein mit Verweis auf die IG-Metall-Mitgliedschaft von Peter Hartz, dem Erfinder der »Hartz-Gesetze«, und einer Auflistung der »Aufsichtsrat-Tantiemen« des ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske versucht Kaupert nachzuweisen, dass »es um die wirkliche Verbundenheit der Gewerkschaften mit der ‹Arbeiterklasse›« angeblich nicht weit her sei. Das Gros der Zeitung ist somit ein Teil des von der Initiative angekündigten »Generalangriffs auf das Monopol der großen Gewerkschaften«.

Kaum verankert
Die Initiative schrieb bereits vor Beginn der Betriebsratswahlen von einem »unglaublichen Erfolg«. Bundesweit träten »viele hundert alternative Kandidaten« in 13 »alternativen Gewerkschaften« an. Doch ob »aus der kühnen Idee einer betrieblichen Opposition gegen Globalisierung und Misswirtschaft Wirklichkeit« wird, bleibt abzuwarten. Die ersten 5.000 Exemplare der Zeitung wurden im Rahmen des Auftritts des Chefs des rechten Vereins »Zentrum Automobil«, Oliver Hillgruber, bei einer PEGIDA-Demonstration in Dresden verteilt – und nicht etwa vor oder in Betrieben. Das spricht nicht für eine breite betriebliche Verankerung. Und sollte es keine Erfolge bei den Betriebsratswahlen geben, wissen die Initiatoren schon, woran es dann gelegen hat. Bereits am ersten Tag der Wahlen wollen die Vertreter der rechten Kampagne angebliche »Wahlmanipulationen« gesehen haben. Beweise dafür bleiben sie – wie könnte es anders sein – schuldig.