Wieder mal auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit

von Felix M. Steiner
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 175 - November / Dezember 2018

#NPD

Die NPD ist in einer desaströsen Lage. Dies führt nicht nur zu schlechten Wahlergebnissen, sondern hat auch die innerparteilichen Machtkämpfe wieder neu entfacht. Thorsten Heise strebt an die Spitze der Partei.

Magazin der rechte rand
1. Mai 2018
in Erfurt © Kai Budler

»Patrouille in S-Bahnen: Berliner NPD ruft ‹Schutzzonen› aus« oder »Verfassungsschutz warnt vor brauner Bürgerwehr« waren in den vergangenen Monaten Überschriften, die in zahlreichen Medien zu finden waren. Anlass war eine Art NPD-Bürgerwehr, die seit Sommer 2018 in verschiedenen Städten unter dem Namen »Schutzzonen« patrouilliert. Zumindest, wenn man den eigenen Darstellungen der Partei Glauben schenken möchte. Dahinter steht eine rassistische Kampagne, die wohl vor allem ein Ziel hat: Durch Provokation Aufmerksamkeit erreichen. Endlich mal wieder. In der »Berliner Zeitung« machte der Parteivorsitzende Frank Franz den Erfolg dann auch deutlich. Für ihn sei die Resonanz auf die »zahlenmäßig noch überschaubaren Einsätze« beachtlich, zitiert ihn die Zeitung. Die kurzzeitige Aufmerksamkeit und Franz´ Freude über das Gelingen der recht plumpen Provokation kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weder gut um die NPD bestellt ist, noch dass Franz sich seines Postens als Parteivorsitzender sicher sein dürfte.

Scheitern auch ohne Verbotsverfahren
Seit dem erneut gescheiterten NPD-Verbotsverfahren im Januar 2017 ist die Partei öffentlich kaum noch wahrnehmbar. So scheint das Bundesverfassungsgericht mit dem aktuellen Zustand wohl in seiner Analyse richtig gelegen zu haben: »Kein Verbot der NPD wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele«, hieß es damals in der Pressemitteilung des Gerichts. Noch in der Ausgabe der »Deutschen Stimme« vom März 2017 hatte Frank Franz behauptet: »Was uns nicht verbietet, macht uns stärker!« Mehr als eine Durchhalteparole ist dies wohl am Ende nicht gewesen. Aus der versprochenen neuen Stärke, welche sich die NPD-Führungskräfte aus einem erneut gescheiterten Verbotsverfahren erhofften, ist eher eine zunehmende politische Bedeutungslosigkeit geworden. Dies zeigen nicht nur die geringe öffentliche Präsenz der NPD, sondern auch die desaströsen Wahlergebnisse der letzten Monate. Im März 2017 konnte die Neonazi-Partei im Saarland, dem Heimatbundesland ihres Vorsitzenden, nur 0,7 Prozent erlangen. Immerhin hatte die Partei hier 2004 zu ihren Hochzeiten mal 4 Prozent geholt. Und auch bei der Landtagswahl im Mai 2017 in Nordrhein-Westfalen schnitt die NPD mit 0,34 Prozent sehr schlecht ab. Die Bundestagswahl im September 2017 war dann mit 0,4 Prozent ein weiterer Tiefpunkt für die Partei. Und auch bei der Landtagswahl in Hessen am 28. Oktober 2018 zeigte sich der Abwärtstrend der NPD als Wahlpartei. Noch 2013 hatte die Neonazi-Partei hier 1,1 Prozent geholt. 2018 reichte es dann gerade noch für 0,2 Prozent. Diese Ergebnisse sind nicht nur weit entfernt von einem erneuten Einzug in ein Landesparlament, auch katapultiert sich die NPD in allen Ländern und im Bund selbst aus der Parteienfinanzierung. Und dies auch ohne den Versuch, die Partei durch Gesetzesänderungen aufgrund ihrer »verfassungsfeindlichen Ziele« von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Die aktuelle Lage der NPD führt – wie in den vergangenen Jahrzehnten so oft – auch zu erheblichen innerparteilichen Auseinandersetzungen. Frank Franz, der die Partei seit 2014 führt, sollte bereits auf dem vergangenen Bundesparteitag in Saarbrücken im März 2017 seinen Stuhl räumen. Zumindest wenn es nach dem Neonazi-Multifunktionär Thorsten Heise gegangen wäre, der gegen Franz als Bundesvorsitzenden antrat. Dass es aktuell für den amtierenden Parteivorsitzenden nicht gut läuft, muss dieser – wenn auch vorsichtig formuliert – offen zugeben. Im August sagte Franz in der Parteizeitung »Deutsche Stimme«, die NPD habe »in den letzten Jahren einige Mitglieder verloren«. Franz schränkte diese Aussage aber sogleich wieder ein, denn die Partei könne »noch immer auf eine gute Aktivistenstruktur bauen«, so der Saarländer weiter.

#Justizwunder
Thortsen Heise

Gewalt, RechtsRock und Kommerz
von Kai Budler im Magazin »der rechte rand« Ausgabe 175 – November / Dezember 2018


Alte Konfliktlinien im Kampf um den Parteivorsitz
Frank Franz war 2014 Parteivorsitzender geworden, nachdem die Partei jahrelang über die Frage der Strategien gestritten hatte: »bürgerlich oder radikal« könnte man die Inhalte der Debatten zusammenfassen. Der Wunsch der Mehrheit der Partei nach dem Erfolg, den man zumindest zeitweise mit dem Einzug in die Landtage von Sachsen (2004) und Mecklenburg-Vorpommern (2006) hatte, spülte zunächst Holger Apfel an die Spitze der NPD und, nach dem Interimsvorsitzenden Udo Pastörs, 2014 dann den als bürgerlich geltenden Frank Franz. Nach den Jahren an der Spitze der Partei regt sich spätestens seit 2017 mit dem gescheiterten Verbotsverfahren Widerstand gegen den Vorsitzenden. Mit dem Antritt Thorsten Heises beim Bundesparteitag in Saarbrücken wurden die alten Konfliktlinien der Partei zwischen dem radikal auftretenden Neonazi-Flügel und den nach außen eher bürgerlich auftretenden Teilen der Partei erneut deutlich. Heise warf Franz nicht nur vor, dass die Partei durch diesen nicht »entschieden genug geführt« werde, sondern sagte weiter: »Mir fehlt die deutliche Unterscheidung zwischen der Alternative für Deutschland und der NPD.« Damit zeigte Heise, dass die zurückliegenden Strategiediskussionen der NPD keineswegs beendet sind, sondern nun in Zeiten der Krise erneut aufbrechen. Noch konnte Heise die Delegierten mit seinen Ideen allerdings nicht überzeugen und so votierten am Ende 102 der Delegierten für Franz und lediglich 69 für ihn. Heise wurde allerdings zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt und hat damit neben dem Landesvorsitz in Thüringen (den er wohl im November 2018 wieder abgeben wird) ein weiteres Amt inne. Trotz der Niederlage Heises auf dem Bundesparteitag zeigt das Ergebnis, dass dieser auf eine veritable Unterstützung in der Partei zählen kann, die sich nach den nächsten erfolglosen Wahlen schnell zu einer Mehrheit auswachsen könnte.

Der »völkische Flügel« im Kampf um die Macht
Am 30. Januar 2018 veröffentlichte dann »Der völkische Flügel« eine Proklamation. Verantwortlich für die Homepage zeichnet der stellvertretende Parteivorsitzende Heise. In der Proklamation heißt es, die Gruppe sei ein »Zusammenschluss von Mitgliedern der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), Freunden derselben und parteilosen Kräften« und ein »nationalistisch und völkisch orientiertes Bündnis innerhalb der NPD, welches auch eine parteiübergreifende Zusammenarbeit mit anderen, gleichgesinnten Organisationen und Personen, anstrebt«. Die Beschreibung des aktuellen Zustandes und der Angriff auf die Führung der Partei werden hier deutlich formuliert: »Der Völkische Flügel soll grundlegend die Aufgabe übernehmen, dem Liberalisierungsprozess, dem Mitglieder- und Aktivistenschwund, sowie der Perspektivlosigkeit und der schwindenden Moral innerhalb der Partei, Einhalt zu gebieten.« Zu den ErstunterzeichnerInnen der Proklamation gehören neben verschiedenen NPD-Landesvorsitzenden aus Bremen, Hamburg und Niedersachsen auch die Vorsitzende des »Rings Nationaler Frauen«, Antje Mentzel, und der Musiker Frank Kraemer von der RechtsRock-Band »Stahlgewitter«. Damit wurde unter der Verantwortung von Heise ein Frontalangriff auf die aktuelle Parteiführung und den Kurs der NPD losgetreten, der zwangsläufig in einem Machtkampf enden muss. Heise zeigte seinen politischen Einfluss in den vergangenen Monaten nicht nur durch seine RechtsRock-Großveranstaltungen in Ostritz, sondern auch durch den 1.-Mai-Aufmarsch der NPD in Erfurt 2018. Diesen hatte er bereits auf dem Bundesparteitag 2017 angekündigt, auch als Maßnahme, was die NPD in Zukunft in ihrer Ausrichtung wieder ändern müsse. Am Ende folgten seinem Aufruf rund 700 Neonazis aus der gesamten Bundesrepublik. Darunter auch ein großer Block Neonazis von der Konkurrenzpartei »Die Rechte«. Franz nahm ebenfalls an der Veranstaltung seines Gegenspielers teil, wirkte aber eher wie ein Nebendarsteller denn wie der Parteivorsitzende der NPD. Aufmärsche mit mehreren hundert TeilnehmerInnen sind in den vergangenen Jahren eher eine Seltenheit im Aktionsrepertoire der NPD. Heise zeigte damit nicht nur, dass er zurück will zum »Kampf um die Straße«, sondern mit der Anwesenheit der zahlreichen Partei-Aktivisten von »Die Rechte« auch, dass er wohl den »Kampf um den organisierten Willen«, beziehungsweise die »Volksfront von rechts« wieder aufleben lassen will.

#Neonazipropaganda?
Parteibezogene Blättch
en

von Frank Metzger im Magazin “der rechte rand” Ausgabe 172 – Mai / Juni 2018

Zurück in die Zukunft
Über die Jahrzehnte ihrer Existenz gab es für die NPD immer wieder Phasen von Aufstieg und Niedergang. Die aktuelle Lage der Partei reiht sich in diese Geschichte ein. Neben der innerparteilichen Problemlage ist mit der »Alternative für Deutschland« (AfD) auch eine politische Konkurrenz entstanden, die der NPD ihre ohnehin geringen WählerInnenstimmen abzieht. Selbst führende Neonazis rufen bei Wahlen dazu auf, der AfD die Stimme zu geben, weil diese bei der NPD quasi verloren sei. Die aktuellen innerparteilichen Debatten scheinen – je nach Ausgang des Machtkampfes – zu einer Ausrichtung zurückzuführen, die bei der NPD wieder zu einer Fokussierung auf ihre Kernklientel zu führen scheint: die Neonazi-Szene. Damit verbunden ist auch die strategische Ausrichtung und damit das »4-Säulen-Konzept« der 1990er beziehungsweise 2000er Jahre mit den Kämpfen um Straße, Köpfe, organisierten Willen und ganz zum Schluss wohl die bundesdeutschen Parlamente.