»Hochvernetzte Persönlichkeit«

von Redaktion @derrechterand
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 183 - März / April 2020

 #Mobit

Verbindungen zu Blood & Honour, Combat 18 und NSU

Thorsten Heise gehört seit mehreren Jahrzehnten zu den wichtigsten Netzwerkern der deutschen und internationalen Neonazi-Szene, heute lebt er in Thüringen. Am 6. April 2020 wird die Mobile Beratung in Thüringen eine neue Broschüre von dem »der rechte rand« Autor Kai Budler über diese Neonazi-Führungsfigur veröffentlichen. Hier könnt ihr vorab schon ein Kapitel aus der neuen Publikation lesen:

Antifa Magazin der rechte rand
Mobit Broschüre zu Thorsten Heise 2020

Immer wieder geriet Thorsten Heise in seiner langjährigen Laufbahn als Neonazi ins Visier von Polizei und Strafverfolgungsbehörden, die Liste der Vorwürfe ist lang: Volksverhetzung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung, schwerer Eingriff in den Straßenverkehr, öffentlicher Aufruf zu Straftaten, versuchter Totschlag usw. Teilweise ging es dabei um den Besitz von Waffen und Verstößen gegen das Waffengesetz. Bei einer Hausdurchsuchung wegen indizierter Neonazi-Musik im Oktober 2007 stießen die Ermittler*innen in Heises Haus auf Waffen, darunter eine Pistole und eine Maschinenpistole, jeweils mit Munition. Auch Audiokassetten stellten die Ermittler*innen sicher, auf denen Heise offenbar heimlich Gespräche aufgezeichnet hatte. Auch hier drehte sich ein Gespräch um die Beschaffung von Waffen. Hintergrund war die Unterschlagung von damals 20.000 DM, die bei einem RechtsRock-Konzert mit 250 Besucher*innen eingenommen wurden. Als Verdächtiger für die Unterschlagung galt Daniel Grossmann, der auf dem Tonband zu hören ist, wie er mit anderen Neonazis in einem Auto sitzt. Einer davon ist nach Einschätzung des BKA Thorsten Heise, der Grossmann dabei unter Druck setzt und ihm vorhält, wofür die Eintrittsgelder verwendet werden sollten:

»Da sollen Waffen angeschafft werden, noch mehr Waffen […]. Wir haben reichlich Gruppen im Bundesgebiet, wir haben reichlich Leute hier, versorgen sich reichlich mit Waffen.« 

Als die Abschrift im NSU-Untersuchungsausschuss behandelt wurde, konnte Grossmann nicht mehr dazu befragt werden, er verstarb bereits 2002. Auf einer anderen Kassette ist Heise zu hören, wie er sich mit dem ehemaligen Kopf des »Thüringer Heimatschutzes« (THS), Tino Brandt, über Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unterhält. Für die Behörden stand er nach einer BKA-Vernehmung im Dezember 2012 auf Platz 43 einer Liste mit 129 Neonazis als eine Person mit »nachgewiesenen Kontakten zu Tätern oder Beschuldigten« des NSU-Verfahrens. Fest steht: Der Neonazi Holger Gerlach sollte Heise kontaktieren, um ein Abtauchen des NSU-Trios ins Ausland zu ermöglichen. 

Besonderes Interesse galt Heises guten Kontakten nach Südafrika, die u. a. durch die Rundreise eines ehemaligen Wehrmachtsoffiziers mit Wohnsitz in Südafrika zustande gekommen sein dürften. Thema der Treffen war der Aufbau eines Schulungszentrums und Wehrsportlagers nahe Kapstadt für deutsche Neonazis. Potenzielle Nutzer*innen sollte ein Personenkreis um Thorsten Heise nach dessen Haftentlassung sein. In diesem Zeitraum erhielt Heise über die Gefängnispost auch Schreiben aus Südafrika. Tatsächlich hat Heise also nicht untertrieben, als er sich auf dem NPD-Bundesparteitag 2017 in Saarbrücken als »hochvernetzte Persönlichkeit« vorstellte.

Nach eigenen Angaben besitzt er inzwischen Kontakte in jedes europäische Land. Dazu beigetragen hat seine Tätigkeit als Berater der »Mannschaft Udo Voigt«, dem ehemaligen NPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament. Dessen Publikation »Nation in Europa« wurde in Heises Verlag W+B Medien verlegt. In Saarbrücken prahlte er damit, die griechische Neonazi-Partei »Goldene Morgenröte« beratend mit aufgebaut zu haben. Die Partei und ihre Anhänger*innen sind spätestens seit 2008 bekannt für brutale Übergriffe – dazu gehört auch der Mord an einem Hip-Hop-Musiker im September 2013. Mit seinen Aufenthalten im Ausland fing Heise früh an. Das legt eine in den 1990er-Jahren angefertigte Zusammenstellung über deutsche Neonazis im Jugoslawienkrieg nahe: Sie umfasst »dreizehn ›gerichtsfeste‹ Kroatiensöldner« – darunter Thorsten Heise. Heise bestreitet eine Beteiligung. Sicherheitsbehörden sprachen 1994 von bundesweit etwa 25 Neonazis, die sich als Söldner im Kroatienkrieg gegen die Serben verdingten. Dazu gehörte auch Heises Freund Michael Homeister, der nach einem »Fronturlaub« an der deutschen Grenze mit falschen Papieren und Waffen festgenommen wurde.


Ein weiterer Ausgangspunkt für Heises Auslandskontakte sind seine Verstrickungen in die Strukturen des Netzwerks »Blood & Honour« (B&H), das im Jahr 2000 in Deutschland verboten wurde. Schon in den 1990er-Jahren gehörte der damalige Niedersachse zu den wichtigsten Kontaktpersonen zur skandinavischen B&H-Sektion um den RechtsRock-Produzenten Marcel Schilf. Im Magazin der deutschen B&H-Sektion gab Heise auch ein ausführliches Interview. Ehemalige Mitglieder von B&H in Schweden berichteten von Konzerten und Zusammenkünften und bezeichneten Heise als »die wichtigste Person [aus Deutschland], die zu diesen Treffen nach Schweden kam«. Die Kontakte nach Schweden nutzte Heise auch später, um die Transportwege seiner CD-Produktionen sicher zu organisieren, wie in einem Verfahren 2006 vor dem Landgericht Göttingen klar wurde. Demnach ließ er mehrere Tausend Exemplare einer CD der Band »Sturm 18«, die in Deutschland indiziert ist, in Thailand produzieren, um sie nach eigenen Angaben in Schweden zu vertreiben, wo die Inhalte nicht strafbar sind.

Doch auch nach dem Verbot von B&H in Deutschland rissen Heises Verbindungen zu den ehemaligen Weggefährten von B&H und dessen bewaffneten Arm »Combat 18« (C18) nicht ab. Die Autor*innen des Exif-Dossiers »Combat 18« kommen zum Schluss: »Heise ist seit Mitte der 1990er-Jahre die Kristallisationsfigur und der Spiritus Rector des deutschen C18.« Auch die alten Freund- und Seilschaften dauern an. So begleitete Heise beim Aufmarsch »Tag der deutschen Zukunft« in Dortmund 2016 William Browning, der schon 1995 bei Heise in Northeim zu Gast war. Auch beim »Eichsfeldtag« und Heises »Schild und Schwert«-Festival treten immer wieder RechtsRock-Bands aus dem Umfeld von B&H und C18 auf, wobei Besucher*innen teils offen die Insignien der Netzwerke tragen. Im NSU-Verfahren vor dem Münchner Oberlandesgericht bescheinigte im Oktober 2013 auch die Anwältin Antonia von der Behrens Heise »vielfältige Kontakte zu Blood & Honour und Combat 18«.

Ab 6. April 2020 kostenlos
zum downloaden unter

https://mobit.org/