AfD: Nichts zu sagen zur Corona-Krise
von Sven Kames
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 183 - März / April 2020 - online only
#Brandenburg …
Die AfD in Brandenburg erweist sich in diesen Tagen als unfähig, eine politische Linie zur Corona-Krise zu entwickeln. Die Äußerungen dazu aus der Partei sind rar und widersprüchlich. In den eher noch besseren Momenten werden Binsenweisheiten verkündet. Es bedürfe »unbürokratischer Hilfen« für die Agrarwirtschaft, befindet der Landtagsabgeordnete Steffen John und fordert, es solle »Aussicht auf eine Beendigung des ‚Shutdowns‘« geben.
Der tatsächlichen Entwicklung im Land hinkt die AfD hinterher. In einem Positionspapier forderte die AfD-Fraktion beispielsweise die Auflegung eines Soforthilfefonds im Bundesland, der vor allem die Wirtschaft entlasten und 500 Millionen Euro umfassen solle. Der Rettungsschirm, den die Regierung Brandenburgs unterdessen verabschiedete, ist mit einem Budget von einer Milliarde Euro ausgestattet und soll auf zwei Milliarden Euro erhöht werden. Das »AfD wirkt«-Statement, mit dem sich die Partei den Landes-Rettungsschirm als Erfüllung der eigenen Forderungen auf die Fahnen schreiben will, wirkt eher lächerlich.
Ressentiments und Verschwörungstheorien
Vor dem Hintergrund, dass Landeschef Kalbitz Corona noch am 12. März für eine »Hysterie« hielt, wirkt es bizarr, wenn Fraktionskollege Wilko Möller darauf hinweist, dass weltweit schon im Januar ein »Gesundheitsnotstand« abzusehen gewesen sei. Im Videointerview mit dem Magazin »Compact« wirft Möller sowohl Landes- als auch Bundesregierung vor, diese hätten »schon viel früher« auf die Bedrohungslage reagieren müssen. Er deutet an, es gebe in seiner Partei Streit um die Bewertung von Corona. Möller habe für die Forderung nach Ausrufung des Katastrophenfalls plädiert – »In meiner Fraktion wurde das anders gesehen. Muss man akzeptieren«.
Wenig überraschend versucht die AfD in Brandenburg, die Pandemie ins Raster der eigenen Feindbilder zu pressen. Die Stellungnahmen vermitteln insgesamt den Eindruck, Flüchtlinge, offene Grenzen und selbst der Islam hätten Schuld an der Pandemie. Fremde als Überträger von Seuchen – ein klassisches Motiv aus dem Repertoire extrem rechter Hetze. In einem Facebook-Posting zu „CORVID-19“ [sic!] verbreitet Steffen John, migrationspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, ein Foto einer verschleierten Frau mit dem Hashtag #wirbleibenzuhause. »Wilde Zuwanderung« und »ungesteuerte illegale Migration« würden trotz Corona-Krise weiter florieren, heißt es in einem weiteren Posting, das John vom AfD-Bundestagsabgeordneten Gottfried Curio übernommen hat. Es könne nicht sein, heißt es dort, dass parallel zum angeblichen Flüchtlingsstrom die Wirtschaft leide, weil »internationale Lieferketten zusammenbrechen«.
Die Fraktions-Vizevorsitzende Birgit Bessin treibt derweil die Sorge um, »familienfeindliche Abtreibungsverbände» würden Corona zur Durchsetzung ihrer »menschenverachtenden Wertvorstellungen« nutzen. Anlass: Verbände wie Pro Familia haben vorgeschlagen, das gesetzlich verpflichtende Beratungsgespräch vor einem Schwangerschaftsabbruch könne optional derzeit auch telefonisch durchgeführt werden.
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Der Landtagsabgeordnete Christoph Berndt, sonst Anführer des rechtsextremen Vereins »Zukunft Heimat« und im bürgerlichen Beruf Labormediziner an der Charité in Berlin, streut indes Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bedrohung. Auf Twitter publiziert er nicht nur zahlreiche rassistische Postings, sondern auch solche, in denen Covid-19 als »milde Erkrankung« verharmlost wird. An der Parteibasis der AfD im Land werden die grassierenden Verschwörungstheorien ohne Hemmungen goutiert.
Planlos in der Pandemie
Der Landesverband der AfD nutzt sonst jede Gelegenheit, sich als einzige politische Kraft zu vermarkten, die zur Bewältigung von Krisen jedweder Art fähig wäre. Im derzeitigen Krisenfall agiert die Partei jedoch konzeptlos und widersprüchlich. Im Zweifel kann sich die AfD nur auf den innerparteilichen kleinsten Nenner einigen: sie mobilisiert Rassismus und befördert Verschwörungstheorien. Mit ihren Reaktionen auf die Corona-Krise stellt sich die AfD in Brandenburg selbst ein Armutszeugnis aus.