Editorial / Kommentar Ausgabe 179

von der Redaktion

Magazin »der rechte rand« Ausgabe 179 - Juli / August 2019

Liebe Leser*innen,

Ende Mai 2019 fanden in zehn Bundesländern Kommunalwahlen statt. Die rechtsradikale »Alternative für Deutschland« (AfD) trat mit gut 7.100 Kandidat*innen für über 1.000 Gremien an. Mindestens 3.361 neue Mandate konnte sie zusätzlich zu den rund 1.000 Sitzen der AfD in den anderen sechs Bundesländern erringen – das bedeutet eine Verdreifachung der bisherigen Mandate in jenen Regionen, die nun gewählt haben.

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Im Rathaus Frankfurt / Main © Antifa Magazin @derrechterand

Diese und weitere detaillierte Zahlen, etwa zur Sozialstruktur der Kandidierenden, der regionalen Verteilung und den Erfolgen und Misserfolgen anderer Rechtsparteien, hat das »antifaschistische pressearchiv und bildungszentrum berlin« veröffentlicht  – eine Fleißarbeit, die sonst niemand macht. Medial war zwar hier und dort zu lesen, dass die AfD einige Mandate nicht besetzen konnte. Doch es gab kaum einen Bericht, der diesen Rechtsruck mit Ankündigung einordnete oder die bundesweiten Zahlen nannte.

Trotz des aktuellen Medieninteresses an Rechtsterror, Preppern und dem allgemeinen Aufstieg der AfD bleiben Detailstudien, längerfristige Beobachtungen oder das frühe Erkennen neuer Phänomene weiterhin Sache von antifaschistischer Recherche, kritischer Wissenschaft, Beratungsstellen und wenigen qualifizierten Journalist*innen. Das angebliche »Frühwarnsystem« Verfassungsschutz hat auch bei diesem Thema nichts beizusteuern. Die AfD hat flächendeckend Kommunalmandate gewonnen. Vereinfacht gesagt wurde sie überall, wo sie antrat, ohne Ansehen der Qualität und der Bekanntheit ihrer Kandidat*innen gewählt.

Das wird noch eine Weile so weitergehen – das kann niemanden überraschen. Vor der Wahl schrieben wir beispielsweise: »Die Verankerung vor Ort ist für die dauerhafte Etablierung einer Partei lebenswichtig. Sie war für den Aufstieg der NSDAP ein Baustein des Erfolgs. Die NPD und all die anderen Formationen der radikalen Rechten scheiterten an dieser Aufgabe und scheiterten so als Wahlpartei auch in den Ländern. Ihnen gelang bisher nie, sich flächendeckend als politische Organisation im engen Lebensumfeld der Menschen festzusetzen, als ‹Kümmerer› und Ansprechpartner*innen vor Ort. Doch das ist nun anders (…). Das Festsetzen in Rathäusern, Verwaltungen und Kommunalparlamenten ist nun also der nächste Schritt – die Etablierung als politische Kraft vor Ort. (…) Die radikale Rechte wird flächendeckend Einfluss auf die Kommunalpolitik nehmen können, wenn sie sich klug anstellt. Kommunalpolitik, das klingt nach wenig, ist aber viel: Sozial- und Kulturpolitik, Stadt- und Bauentwicklung, lokale Gedenk- und Geschichtspolitik, Kitas, Jugendförderung und Schulpolitik, Integration, lokale Ordnungspolitik, – sowie unzählige Grußworte auf Schützenfesten, bei der Feuerwehr, im Sportverein und auch recht bald als ganz normaler politischer Akteur für die Lokalblätter« (derrechterand Nr. 177).

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© Mark Mühlhaus / attenzione

Die AfD schafft es, Themen zu setzen und immer wieder Machtfragen aufzuwerfen. Die Partei hat die Republik verändert, sie wird sie weiter verändern – erst in den Landtagen, dann im Bundestag und nun in den Rathäusern und Kreistagen.

Was dagegen zu tun ist?

Unbeeindruckt weitermachen – mit antifaschistischem Engagement und Bündnisarbeit, kritischer Wissenschaft, Recherche gegen Rechts, gezieltem Säen von Zwietracht in der Rechten, Spenden für das apabiz, Seenotrettung & Co. und stetigem Widerstand gegen die Normalisierung der radikalen Rechten und den Ideen der Ungleichheit.
#wirsindAntifa

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