In nationaler Mission

von Danijel Majic


Magazin "der rechte rand" Ausgabe 170 - Januar 2018

Die katholische Kirche in Kroatien versteht sich als Wahrerin nationaler Interessen. Kirchenvertreter fallen immer wieder durch ultranationalistische Äußerungen auf. In Deutschland wird dieser politische Kurs auch in den kroatisch-katholischen Auslandsgemeinden propagiert.

Drei Dinge, lässt Velimir Bujanec das Publikum in Nieder-Olm bei Mainz wissen, erfüllten einen Kroaten mit Stolz: Der Unabhängigkeitskrieg, die kroatische Nationalmannschaft und die kroatisch-katholische Kirche.
Applaus ist dem TV-Moderator gewiss. Schließlich spricht er bei der 60-Jahr-Feier der kroatisch-katholischen Gemeinde Mainz. Im Publikum sitzen neben hunderten Gemeindemitgliedern auch zahlreiche Pfarrer der kroatischen Gemeinden aus der Region. Einige Tage später findet der Auftritt in der deutschen Presse Beachtung. »Jubiläum mit einem Hetzer«, titelt die »Frankfurter Rundschau«. Bujanec moderiert in Kroatien nämlich keine Unterhaltungssendungen. Seine Talkshow »Bujica« gilt als inoffizielles Verlautbarungsorgan der extremen Rechten in Kroatien. Bujanec gehörte in der Vergangenheit extrem rechten Organisationen, wie der Nachfolgeorganisation der faschistischen Ustascha »Hrvatski Oslobodilacki Pokret« (Kroatische Befreiungsbewegung, HOP) an. Das Bistum Mainz sah sich zu einer Distanzierung genötigt. Immerhin finanziert es – wie alle deutschen Bistümer – die Arbeit der Kroatenseelsorge in seinem Zuständigkeitsbereich. 96 kroatisch-katholische Gemeinden – die sich teilweise als Missionen bezeichnen – gibt es in Deutschland. Geleitet werden sie in der Regel von Pfarrern, die aus Kroatien nach Deutschland entsendet werden. Die kroatisch-katholische Kirche versteht sich als Nationalkirche, als Hüterin nationaler Interessen, historischer Wahrheiten und angeblich traditioneller Werte. Als solche befindet sie sich im permanenten Abwehrkampf gegen die Moderne. Ein Kampf, der auch in den Gemeinden in Deutschland geführt wird – gerne mit prominenter Unterstützung aus der Heimat.

Ustascha-Relativierung
Als der Film »Jasenovac – Istina« (»Jasenovac – die Wahrheit«) Anfang März 2016 seine Europremiere in der kroatischen Gemeinde Berlin feierte, waren zahlreiche prominente Besucher anwesend. Neben dem Regisseur Jakov Sedlar und Vertretern der kroatischen Botschaft zählte dazu auch Nikola Eterovic, apostolischer Nuntius für Deutschland, das heißt der Botschafter des Vatikans. »Jasenovac – die Wahrheit« firmiert als Dokumentarfilm. Tatsächlich handelt es sich um ein hochgradig manipulatives Machwerk, in dem die These vertreten wird, es habe sich beim größten Konzentrationslager der mit Nazi-Deutschland verbündeten kroatischen Ustascha gar nicht um ein Vernichtungslager gehandelt und ein Todeslager sei erst unter dem sozialistischen Regime Jugoslawiens entstanden. Beide Hauptthesen des Films gelten in der internationalen Forschung als widerlegt. Dem Film selbst wurden bereits kurz nach dem Erscheinen zahlreiche Fehler bis hin zu Bildmanipulationen nachgewiesen. Dennoch stößt das darin zum Ausdruck kommende Bedürfnis, die kroatische Geschichte reinzuwaschen, in den kroatischen Gemeinden in Deutschland auf Zustimmung. Nach seiner »Europa-Premiere« in Berlin wurde der Film in weiteren Gemeinden gezeigt – dazu zählen mit München, Stuttgart und Frankfurt am Main die drei mitgliederstärksten »Missionen« in Deutschland.

Klerikal und nationalistisch
Bei der Aufführung des Films in Frankfurt zeigte sich die für Kroatien typische Überschneidung zwischen klerikalen und nationalistischen Kreisen. Organisiert wurde die Filmvorführung im kroatischen Gemeindezentrum vom lokalen Ableger der Vereinigung »U ime obitelji« (»im Namen der Familie«). Die Vereinigung hatte unter Vorsitz von Željka Markic im Jahr 2013 mit einer homophoben Kampagne ein Referendum erzwungen, durch das in der kroatischen Verfassung »Ehe« ausschließlich als Gemeinschaft von Mann und Frau definiert wird, wodurch die Einführung der Ehe für homosexuelle Paare verhindert wurde. Željka Markic selbst durfte im April 2013 im Frankfurter Gemeindezentrum für das Referendum werben. Einige Monate später gründete sich in Frankfurt einer der wenigen Ableger von »U ime obitelji« außerhalb Kroatiens. Federführend hierbei war der Frankfurter Rechtsanwalt Tomislav Cunovic. Bei der Aufführung von »Jasenovac – Istina« im Jahre 2016 fungierte er als Gastgeber.

Magazin der rechte rand Ausgabe 170

Mahnwache gegen Abtreibungen vor der Beratungsstelle von »Pro Familia« in Frankfurt am Main
© Anna Kirschner

Wiederum ein Jahr später, im Frühjahr 2017, organisierte Cunovic eine 40-tägige Mahnwache gegen Abtreibungen vor der Frankfurter Beratungsstelle von »Pro Familia«. Unterstützt wurde die Aktion »40 Tage für das Leben« von der rechtskatholischen »Deutschen Vereinigung für eine christliche Kultur« (DVCK) um den Publizisten Mathias von Gersdorff. Die Planungstreffen für die Mahnwache fanden in den Räumen der kroatischen Gemeinde in Offenbach statt – im Beisein und mit dem Segen des Pfarrers der Gemeinde.

Verschwörungstheorien
Der Pfarrer der kroatischen Gemeinde in Offenbach, Tomislav Dukic, war kroatischen Medienberichten zufolge auch für die Einladung von Velimir Bujanec zur Jubiläumsfeier der Mainzer Gemeinde verantwortlich. Ende November berichteten kroatische Medien, der Geistliche sei auch als Organisator in die Lesetour des ehemaligen kroatischen Admirals Davor Domazet-Lošo involviert. Domazet-Lošo macht seit einigen Jahren vor allem durch die Verbreitung von Verschwörungstheorien von sich reden. Er behauptet, die Flüchtlingsbewegungen nach Europa würden maßgeblich vom US-Milliardär George Soros und den Freimaurern gesteuert, um das christliche Europa zu vernichten. Thesen, die offenbar nicht nur beim Pfarrer der Offenbacher Gemeinde auf Interesse stoßen. Bei Domazet-Lošos Auftritt in Heusenstamm saßen erneut zahlreiche Leiter kroatischer Gemeinden im Publikum.