der rechte rand

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Druckzeitpunkt: 12.10.2024, 16:52:44

Aktuelle News

Neuigkeiten rund ums Thema AfD-Verbot

von Björn Elberling
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 210 - September | Oktober 2024

Die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen zeigen anschaulich, welche Gefahr für die Demokratie und für viele Menschen in Deutschland von der AfD ausgeht. Grund genug, nach dem aktuellen Stand zum Thema AfD-Verbotsverfahren zu schauen.

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Wahlkampf mit Faschist Höcke in Bad Salzungen.
© Mark Mühlhaus / attenzione

Auch wenn es aktuell nicht danach aussieht, dass die AfD in Thüringen oder in Sachsen direkt an der Regierung beteiligt werden wird: Schon die in Thüringen sicher erreichte Sperrminorität von mehr als einem Drittel der Landtagssitze und die mit dem Status als größte Fraktion einhergehenden parlamentarischen Rechte werden es der Partei erlauben, die demokratischen Parteien weiter unter Druck zu setzen und ihre Strategie der Zerstörung zivilgesellschaftlicher Strukturen und langfristig des demokratischen Systems voranzutreiben. Dass gerade zwei der Landesverbände, die am offensten faschistisch auftreten und deswegen seit Jahren als »gesichert rechtsextrem« eingestuft werden, Stimmenanteile von über 30 Prozent erhalten, zeigt erneut, dass Versuche, die Partei »politisch zu stellen«, gescheitert sind und dass zur Abwehr der Gefahr für die Demokratie und die vielen Menschen, die im Falle einer (weiteren) Umsetzung von AfD-Politik gefährdet wären, ein Antrag auf ein Parteiverbot zu fordern ist (s. drr Nr. 203). Einige Entwicklungen in den letzten Monaten lassen Hoffnung aufkommen, dass Bewegung in die Sache kommt.

Einstufung durch Verfassungsschutz bestätigt
Mit Spannung erwartet worden waren insbesondere die Berufungsurteile des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster zu der Frage, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD und ihre Jugendorganisation JA als »Verdachtsfall« und den parteiinternen »Flügel« als gesichert »rechtextremistisch« einstufen durfte. Nach einer langen mündlichen Verhandlung, die vor allem von Verzögerungsversuchen der Rechtsanwälte der AfD geprägt war, hat das Gericht mit Urteilen vom 13. Mai 2024 alle drei Einstufungen bestätigt. Und die Anfang Juli mitgeteilten schriftlichen Urteilsgründe zeigen deutlich, dass dieses Verfahren durchaus als wegbereitend für einen Verbotsantrag gelten kann.

Das OVG Münster sieht insbesondere »konkrete und hinreichend verdichtete Anhaltspunkte dafür (…), dass nach dem politischen Konzept der [AfD] jedenfalls Flüchtlingen und anderen Zuwanderern, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund und deutschen und ausländischen Staatsangehörigen islamischen Glaubens die Anerkennung als gleichberechtigte Mitglieder der rechtlich verfassten Gemeinschaft versagt werden soll.« Es sieht deutliche Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei entsprechenden Äußerungen von Parteifunktionär*innen »nicht um einzelne Entgleisungen, sondern um eine charakteristische Grundtendenz« der AfD handelt.

Das Gericht stellte dabei insbesondere ab auf »die Verknüpfung eines ‹ethnisch-kulturellen Volksbegriffs› mit einer politischen Zielsetzung, mit der die rechtliche Gleichheit aller Staatsangehörigen in Frage gestellt wird« – mit anderen Worten: auf die völkisch-rassistische, auf Ausgrenzung von (nicht nur) migrantischen Menschen gerichtete Politik der AfD. Genau eine solche Politik war es aber auch, die zur Einstufung der NPD als verfassungsfeindlich durch das Bundesverfassungsgericht geführt hat (s. drr Nr. 205).

Das OVG zitiert in seinem Urteil eine ganze Reihe von Aussagen führender AfD-Politiker*innen zu dieser Politik, die auch Menschen mit deutschem Pass ausgrenzt, und macht deutlich, warum Beteuerungen der Partei, das doch alles nicht so gemeint zu haben, wenig glaubhaft sind. Solche Aussagen, so das Gericht, haben bereits zum Zeitpunkt der Einstufung als Verdachtsfall im Jahr 2021 zahlreich vorgelegen, die Anzeichen haben sich in der Folgezeit weiter verdichtet. All das wohlgemerkt auf Grundlage von Tatsachenfeststellungen, die vor den Enthüllungen über die Teilnahme hochrangiger Parteifunktionäre an den Potsdamer Treffen, vor den beiden Strafverfahren gegen Björn Höcke wegen NS-Parolen, vor Beginn der Hauptverhandlung im Terrorverfahren gegen die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann und andere abgeschlossen waren.

Grundlagen für Verbot
Auch wenn das OVG an verschiedenen Stellen betont, dass es in diesem Verfahren nur einen Verdacht entsprechender Bestrebungen bei der AfD zu prüfen hatte und damit deren Vorliegen nicht abschließend festgestellt hat, ergibt sich doch schon ein ganz erheblicher Bestand an Belegen. Diese Belege dürften zum einen genügen, die von vielen bald erwartete Einstufung der Gesamtpartei als »gesichert rechtsextremistisch« zu begründen, sie taugen aber genauso auch als Grundlage für einen Antrag ans Bundesverfassungsgericht, die AfD als verfassungsfeindliche Partei zu verbieten. Als ein weiterer Beleg können dabei auch die beiden Strafverfahren gegen den Thüringer Landeschef und AfD-Chefideologen Björn Höcke wegen Verwendung einer verbotenen SA-Parole dienen. Höcke wurde vom Landgericht Halle mit zwei Urteilen vom 14. Mai und vom 1. Juli 2024 jeweils zu Geldstrafen verurteilt, weil er bei Wahlkampfveranstaltungen die SA-Parole »Alles für Deutschland« gerufen beziehungsweise das Publikum dazu animiert hatte. Diese Verfahren sind zum einen relevant, weil damit ein führender Exponent der den Verbotsantrag tragenden Politik in der AfD wegen Verwendung von NS-Parolen verurteilt wurde. Zum anderen wurde auch die oft bemühte »Metapolitik« durch die Urteile greifbar. Höcke fordert in seinem Buch selbst eine Strategie, die die Grenzen des Sag- und Machbaren verschiebt, und setzt dies hier mit der Verwendung von NS-Parolen ganz konkret in die Realität um. Und genau weil diese Verwendung Teil einer von ihm skizzierten Strategie ist, werden auch seine Revisionen gegen die Urteile erfolglos bleiben. Genug Gründe also, dafür zu kämpfen, dass ein Antrag auf ein Parteiverbot beim Bundesverfassungsgericht gestellt wird, um die Millionen Menschen zu schützen, die von einer Umsetzung von Höckes NS-Parolen, von einer Umsetzung der AfD-Programmatik in konkrete (Regierungs-)Politik betroffen wären.

Verzerrtes »Neutralitätsgebot«
Gerade für die in Vereinen organisierte Zivilgesellschaft, etwa für Trägervereine von Bildungs- und Demokratiearbeit und Wohlfahrtspflege, ist ein solches Engagement indes immer auch mit gewissen Gefahren verbunden. Denn die AfD führt seit Jahren einen Zermürbungskampf gegen zivilgesellschaftliche Organisationen – und das nicht immer ohne Erfolg. Unter Verweis etwa auf angebliche Verletzungen des »Neutralitätsgebots« greift sie Vereine nicht nur publizistisch an, sondern versucht auch, für den Entzug von Fördermitteln oder der Einstufung als gemeinnützig zu sorgen. Entsprechende Sorgen waren zuletzt befeuert worden durch einen Bericht des Sächsischen Rechnungshofs zur Förderpraxis unter der Landesrichtlinie »Integrative Maßnahmen«. Dieser zu Beginn des Sächsischen Landtagswahlkampfs lancierte Bericht nahm neben der Sächsischen Sozialministerin und SPD-Spitzenkandidatin auch die Trägerlandschaft deutlich ins Visier – was natürlich die AfD dankbar aufgriff und im Landtag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum von ihr so bezeichneten »Fördersumpf« durchsetzte.

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Ein von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Auftrag gegebenes Gutachten des Mainzer Staatsrechtsprofessors und ehemaligen Landesverfassungsrichters Friedhelm Hufen unter dem Titel »Zur Bedeutung des sogenannten Neutralitätsgebots für zivilgesellschaftliche Vereine der Demokratie- und Jugendarbeit« räumt mit den zu Grunde liegenden Thesen auf, wonach das »Neutralitätsgebot« einer Kritik an der AfD sehr enge Grenzen ziehe. Es zeigt, dass aus einem verfassungsrechtlichen Blick auf die Arbeit solcher Träger sogar eher das Gegenteil folgt. Einige der Kernaussagen des Gutachtens, das etwa auf der Homepage des Kulturbüros Sachsen heruntergeladen werden kann: »Politische Bildung und Demokratiearbeit sind stets auf ethische Werte und Verfassungsziele gerichtet und deshalb nie ‹neutral›«. Dafür dürfen freie Träger »Gefahren für die Menschenwürde, für die freiheitliche demokratische Grundordnung, für die Grundrechte auch und gerade dann abwehren,« wenn sie von Parteiprogrammen ausgehen. Eine sachliche Auseinandersetzung mit den Positionen politischer Parteien ist daher in jedem Fall erlaubt – »auch wenn die entsprechende Partei oder führende Funktionäre konkret benannt werden.«

Und auch dort kommen die Dinge langsam in Bewegung – dort arbeiten seit einiger Zeit Abgeordnete mehrerer Fraktionen an einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag, der das Thema auf die Agenda des Bundestages setzen würde. Nach Zeitungsaussagen des Initiators der Kampagne, des sächsischen CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz, könnte ein solcher Antrag voraussichtlich im Oktober 2024 eingebracht werden. Abgeordnete der Linken, Grünen, SPD, FDP, Union und SSW haben sich bereits öffentlich für einen solchen Antrag positioniert.

Dr. Björn Elberling ist Anwalt für Strafrecht, Presse- und Urheberrecht.

»Volkskanzler«

von Alexander Winkler
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 210 - September | Oktober 2024

Bei den anstehenden Nationalratswahlen in Österreich will Herbert Kickl, Obmann der rechtsradikalen »Freiheitlichen Partei Österreichs«, der kommende Regierungschef werden.

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gegen Kickl, gegen die FPÖ

Im Juli 2024 veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch ein fast 100-seitiges Dossier, in dem die Verstrickungen der »Freiheitlichen Partei Österreichs« (FPÖ) mit der rechten Szene beleuchtet werden. 200 Fälle werden im kurzen Zeitraum von zehn Jahren akribisch aufgelistet. Die NGO kritisiert, dass »die ersten fünf Plätze auf der FPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahl (…) ausnahmslos Personen mit nachweislichen rechtsextremen Verstrickungen« einnehmen und kommt zu dem Schluss, die FPÖ sei »eine reale Gefahr für die Demokratie«.

Und tatsächlich muss man nicht weit zurückschauen, um das aktuelle Näheverhältnis der Partei zur organisierten extremen Rechten zu erkennen. Ende Mai 2024 lud die »Burschenschaft Aldania Wien«, der mit Obmann Dominik Nepp, Klubobmann Maximilian Krauss und Landesgeschäftsführer Andreas Guggenberger gleich drei der zentralen Figuren der Wiener Landesgruppe der FPÖ angehören, den AfD-Politiker Matthias Helferich nach Wien ein. Helferich hatte sich selbst süffisant als »das freundliche Gesicht des NS« bezeichnet und war aufgrund dieser Aussage kritisiert worden. Doch auch anderen bekannten deutschen Rechten gibt die FPÖ gerne ein Podium. So folgte Götz Kubitschek, der als Förderer der »Identitären« gelten kann, einer Einladung der FPÖ in das Parlament, nachdem dessen geplanter Vortrag an der Universität Wien Mitte November 2023 von der Universitätsleitung untersagt worden war. Zwischen der »Freiheitlichen Jugend« und der »Identitären Bewegung« passt personell wie inhaltlich schon längst kein Blatt Papier mehr und so beteiligte sich der FPÖ-Nachwuchs auch dieses Jahr im Sommer an der sogenannten »Remigrations-Demo« der »Identitären« durch die Wiener Innenstadt, an der auch zahlreiche Neonazis teilnahmen. Auch mit Medien mit Ursprüngen im Neonazismus hat die FPÖ kein Problem. So gaben zahlreiche FPÖ-Politiker wie zum Beispiel der Generalsekretär Christian Hafenecker dem Sender »AUF1« von Stefan Magnet oder dem Magazin »Info-Direkt« von Michael Scharfmüller gerne Interviews. Magnet und Scharfmüller begannen ihre politische Karriere im neonazistischen »Bund freier Jugend« und stehen heute den »Identitären« nahe. Doch die FPÖ belässt es nicht dabei, diese antisemitischen und rechten Hetzmedien mit Wortspenden zu unterstützen. Immer wieder werden großzügige Inserate geschaltet. Zuletzt fand sich in der aktuellen Ausgabe von »Info-Direkt« ein ganzseitiges Inserat der FPÖ. In derselben Ausgabe wird der kürzlich verstorbenen Neonazi-Größe Konrad Windisch ein huldigender Nachruf gewidmet. Die FPÖ finanziert mit diesen Inseraten offen die extreme Rechte. Als Herbert Kickl unter der FPÖ-Regierungsbeteiligung ab 2017 kurzzeitig Innenminister wurde, warb man in »Info-Direkt« sogar um Polizeinachwuchs.

Strategie: Attacke
Je unverfrorener und offener die Kickl-FPÖ ihr Näheverhältnis und Bekenntnis zur außerparlamentarischen extremen Rechten unter Beweis stellt, umso weniger öffentliche Kritik gibt es daran. Es scheint, als würde die Normalisierung des Rechtsradikalismus in Österreich noch stärker voranschreiten als es davor schon der Fall war. Beim ORF-Sommergespräch mit Herbert Kickl am 19. August 2024 war der Moderator die gesamten 50 Minuten nicht dazu im Stande, eine Frage zu formulieren, welche die rechten Positionen der Partei oder ihre Verbindung mit den »Identitären« zum Thema hatte. Dieser Umstand stellt auch die antifaschistische Linke vor eine große Herausforderung, denn es scheint nicht mehr möglich zu sein, rechte Inhalte zu skandalisieren, vielmehr sind sie akzeptierter Teil der politischen Debatte. Teil der österreichischen Normalität waren sie immer schon.

Wie weit vorangeschritten diese Normalisierung in Österreich ist, zeigt sich nicht nur daran, dass die FPÖ aktuell in Umfragen an erster Stelle liegt. Sie führt auch wegen und nicht trotz ihrer Positionen: »Projekt Volkskanzler« nennt die FPÖ ihren Plan, welcher der Partei den Weg zum Wahlsieg und ins Kanzleramt bereiten soll. Der Begriff hat eine eindeutige Geschichte, handelt es sich dabei doch um eine genuin nationalsozialistische Wortkreation: Er wurde von den Nazis, allen voran von Joseph Goebbels erfunden und war maßgeblicher Teil der nationalsozialistischen Propaganda für Adolf Hitler in den Jahren 1933/1934, bis er durch die Begriffe »Reichskanzler« und »Führer« zunehmend verdrängt wurde.

Setzen der Kampfbegriffe
Es ist schon seit jeher Strategie der FPÖ, mit Tabubrüchen zu arbeiten. So erhält man Aufmerksamkeit, macht von sich reden und verschiebt die Grenze des Sagbaren Stück für Stück nach rechts. Das ist sicherlich auch hier der Fall. Aber hinter dem Begriff »Volkskanzler« stecken auch ideologische Implikationen, die auf ein rechtsradikales und völkisches Verständnis von »Demokratie« verweisen. Der Begriff hat damit nicht nur eine Signalwirkung an die Faschist*innen innerhalb und außerhalb der Partei.

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In der Rede von Herbert Kickl am 1. Mai 2023 findet der Begriff »Volkskanzler« zum ersten Mal verstärkt Verwendung. Die Rede beinhaltet annähernd alle Charakteristika rechtsradikaler Agitation und veranschaulicht den ideologischen Gehalt des »Volkskanzler«-Begriffs. Sie fasst darüber hinaus das aktuelle Wahlprogramm der FPÖ zusammen und liest sich wie ein Lehrstück aus Leo Löwenthals »Falsche Propheten«. Zentral ist das Denken und Handeln in Völkern, in scheinbar natürlich gewachsenen, homogenen Gemeinschaften. Diese (Volks-)Gemeinschaften werden der offenen, pluralistischen Gesellschaft gegenübergestellt. Das einzelne Individuum hat sich dem großen Ganzen unterzuordnen. Die Staatsauffassung bleibt diesem Freund-Feind-Denken ebenso verhaftet wie sie mit offenen Drohungen an politische Gegner*innen und Gewaltapologien rechtsstaatliche Prinzipien auszuhöhlen sucht.

In der Rede Kickls ist das »Volk« der zentrale Bezugspunkt der Agitation. Gemeint sind damit die »einfachen«, die »normalen« Leute, die von der Politik »verraten und verkauft« wurden. Die Welt wird in Schwarz-Weiß, in Freund-Feind, in Gut und Böse eingeteilt. Auf der einen Seite stehen die »linkslinken Gutmenschen«, die »internationale Mafia«, die »Elite und die Schickeria«, die »Mondgesichter« und »Degenerierten«, die »Scheinopposition«, die »Freimaurer« und die »Einheitsparteien«. Auf der anderen Seite stehen die »Bodenständigen«, die »Geerdeten«, »Normalen«, die »schweigende Mehrheit«. Ihren politischen Ausdruck findet diese Seite einzig in der Freiheitlichen Partei. Hier zeigt sich eine zutiefst antidemokratische Rhetorik, die alle Individuen zu einer Masse (»Volk«) verrührt und ihnen ein homogenes Interesse unterstellt. Dieses Interesse kann nur eine Partei zum Ausdruck bringen. Jedes andere gesellschaftliche oder individuelle Interesse, das sich in anderen Parteien, Gewerkschaften oder Organisationen artikuliert, gilt als Verrat am »Volk«, als Eigennutz ohne Gemeinschaftssinn. In einer Werteparanoia »Kult um die Regenbogenfahne«, »Degeneration«, »Weltuntergangssekten«, »Klimakommunismus« wird ein Untergangs- und Katastrophenszenario herbeigeredet, aber auch ein Erlöser, ein bescheidener Retter präsentiert, der aus der Mitte des »Volkes« emporkommt – »Ich bin einer von euch« – sich aber über dieses erhebt: der »Volkskanzler« eben. Er symbolisiert den starken Mann, der sich durchsetzt und seine Legitimität aus viel tiefer gehenden Quellen speist als parlamentarische Wahlen. Gerade diese fast schon mystische Verbundenheit mit dem »Volk« macht ihn zum unkorrumpierbaren Streiter für die gerechte Sache, dem sich alle anderen gesellschaftlichen Kräfte entgegenstellten, um seinen Aufstieg zu verhindern.

In der Pseudo-Kritik an den vermeintlichen Eliten artikuliert sich ein antisemitisches Ressentiment, das sich aufgrund gesellschaftlicher Tabuisierung nur mehr codiert äußern »darf«. Im antisemitischen Weltbild war jedoch die Vorstellung eines entwurzelten Bösen, von globalagierenden Eliten, welche die nationalen Regierungen an der Nase herumführen, um dem »Volk« zu schaden und sich zu bereichern, schon seit jeher das zentrale Element, das sich auch im Verschwörungsdenken äußert. Die FPÖ ist hier die verfolgte Unschuld, die, von »Ausgrenzung« bedroht ist, weil sie gegen diese Eliten aufbegehrt.

Sogwirkung
Als Nachfolgepartei der Völkischen und Deutschnationalen, gegründet von ehemaligen Nazi-Funktionären, ist das Spielen mit derlei Nazi-Jargon nichts Unbeabsichtigtes, sondern bewusster Tabubruch und strategisches Mittel zum Transport antidemokratischer Inhalte.

Dass sich immer weniger Menschen an diesen Inhalten zu stören scheinen, sondern es ein breites Bedürfnis gibt, diese anzunehmen, zeigt sich nicht nur an den aktuellen Wahlumfragen. Auch der journalistische Umgang weist eine gefährliche Gewöhnung auf. Ganz zu schweigen von den zwei anderen größeren wahlwerbenden Parteien. Die konservative ÖVP versucht mit ihrem rassistischen Migrationsdiskurs auf diesem Feld die FPÖ rechts zu überholen und koaliert in mehreren Bundesländern mit den Rechtsradikalen. Und auch der situationselastische Antifaschismus der Sozialdemokratischen Partei bietet keine rosigen Aussichten, so können sich auch dort einige Funktionär*innen eine Koalition mit der FPÖ vorstellen, wie die burgenländische SPÖ auch ganz praktisch unter Beweis gestellt hat.

Eine drohende Regierungsbeteiligung der FPÖ bedeutet nicht nur einen Umbau des Staates und das Schleifen seiner zivilen Institutionen, Vorbild ist hier das benachbarte Ungarn und die mittlerweile dauerregierende »Fidesz« von Viktor Orbán. Sie bedeutet die verschärfte Gängelung von Geflüchteten, Arbeitslosen und von Armut Betroffenen. Diese autoritäre Form der Krisenbearbeitung hat nicht nur in Österreich Hochkonjunktur – Kritik aus der Europäischen Union ist nicht zu erwarten, vielmehr ist zu befürchten, dass es Beifall und Unterstützung durch die Europäische Rechte geben wird.

Zeit sich gegenseitig zu unterstützen

von Maica Vierkant
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 209 - Juli | August 2024

Nach den Kommunalwahlen in Brandenburg stellen sich viele Aktive die Frage, wie es mit Blick auf die Landtagswahl nun weitergehen muss.

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© Aktionsbündnis Brandenburg

Es regnet in Strömen, eine Woche vor der Kommunal- und Europawahl in Cottbus im Süden von Brandenburg. Wochenlang hatte sich das »Bündnis unteilbar Südbrandenburg« auf diesen Tag vorbereitet, neben einer Sterndemonstration war die längste Kuchentafel der Lausitz angekündigt worden. Auch das bundesweite Bündnis »Rechtsextremismus stoppen – Demokratie verteidigen« hatte sich an der Mobilisierung beteiligt. Trotz des Wetters kommen knapp 500 Menschen an diesem Tag nach Cottbus, durch einen Wetterumschwung kann später auch das Kuchenessen im Park wie geplant stattfinden. »Das lief alles ganz gut«, sagt Pauline vom »Bündnis unteilbar Südbrandenburg« und bezieht sich damit nicht nur auf die Demo, sondern auch auf kleinere und gezielte Gesprächsformate in den Wochen davor. Trotzdem ist das Leuchten in den Augen, das im Frühjahr noch da war, deutlich schwächer geworden. Denn im Januar waren es nicht 500, sondern 5.000 Menschen, die nach der Veröffentlichung der Correctiv-Recherche in Cottbus auf die Straße gingen. Es war eine der größten Demonstrationen in Brandenburg, nur in Potsdam kamen Mitte Januar mehr Menschen zusammen, um gegen rechts zu demonstrieren.


Das Aktionsbündnis Brandenburg hat die vielen Demonstrationen und Kundgebungen in den ersten Monaten des Jahres gezählt und kommt auf etwa 100 Versammlungen mit insgesamt deutlich über 50.000 Menschen. Das ist für Brandenburg mehr als beachtlich. Aber, so sagt auch Robin vom Aktionsbündnis »Weltoffenes Werder«: »Die Beteiligung hat nach den starken Resonanzen im Frühjahr sehr stark nachgelassen.« Nach der Correctiv-Recherche habe es selbst im beschaulichen Werder an der Havel über 100 Leute gegeben, die aktiv werden wollten. »Aber jetzt sind es wieder nur einige wenige, die sich engagieren.«

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Es ist eine Stimmung, die bei vielen Aktiven in Brandenburg deutlich zu spüren ist: Der Schwung der ersten Monate hielt zwar – wenn auch mit rückläufigen Zahlen – bis zur Kommunal- und Europawahl an. In Neuruppin im Nordwesten gab es sogar durchgehend einmal im Monat eine Demonstration. Aber nach der Wahl stellen sich nun viele die Frage, was das Engagement der letzten Zeit überhaupt gebracht hat. Robin bezeichnet es als eine Mischung aus Schock, Resignation und Trotz. Viele hatten gehofft, die Menschen würden doch nicht so wählen, wie es die Umfragen vermuten ließen. Hinzu kommt die Frage, was die vielen Demonstrationen nun eigentlich ausrichten konnten. Das ist freilich etwas, was sich kaum messen lässt und vielleicht liegt die Wirkung der Proteste auch gar nicht in den Wahlergebnissen, sondern in der Stärkung jener, die sich der extremen Rechten und Rassismus entgegenstellen. Sie haben in den letzten Monaten erlebt, dass sie eben nicht alleine sind, dass es viele andere gibt, die sich auch für eine offene Gesellschaft einsetzen. Zahlreiche neue Initiativen sind entstanden, überall gab es kleinere und größere Vernetzungstreffen, neue Kontakte wurden geknüpft. Trotzdem sagt auch Pauline: »Wir müssen uns erstmal neu sortieren und unsere Ziele nochmal schärfen.« Viel Zeit bleibt dafür nicht: Die Sommerferien enden in Brandenburg zum 2. September, am 22. September wird gewählt.

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© unteilbar Südbrandenburg

Flächendeckender Erfolg für die AfD
Bei den Kommunalwahlen im Juni ist die AfD von den 14 Landkreisen nur in Potsdam-Mittelmark nicht stärkste Kraft geworden, dieser Landkreis ging an die CDU. In den vier kreisfreien Städten ist es ähnlich: Nur in Potsdam konnte sich die SPD durchsetzen. Hier kommt die AfD darüber hinaus auf ihr schlechtestes Ergebnis in Brandenburg und bleibt unter 20 Prozent. In vier Landkreisen hingegen sitzt sie nun mit deutlich über 30 Prozent in den Kreistagen, in Spree-Neiße sind es knapp 39 Prozent. Flächendeckend konnte die AfD die Zahl der Mandate auf 1.113 verdoppeln, von denen sie 1.036 besetzen wird – 2019 waren es 523.

Die Auswirkungen sind momentan noch nicht in Gänze abschätzbar. Die Erfahrungen der letzten Jahre in den kommunalen Vertretungen versprechen indes wenig Gutes. Man könnte es als Dreiklang aus Blockadehaltung, Provokation und mangelndem Sachverstand umschreiben – eine Strategie, die sich für die AfD durchaus als erfolgreich herausgestellt hat. Entsprechend spürbar ist die Verunsicherung unter den vielen Engagierten im Land. Hier wird es in der nächsten Zeit vor allem wichtig sein, in der Vermittlung eine gute Balance zu finden: Denn einerseits ist es absolut notwendig, sich auf das, was kommen kann, gut vorzubereiten. Aber andererseits darf die Drohkulisse AfD nicht dazu führen, sich im Engagement gegen rechts selbst zu blockieren – sei es aus Angst vor Anfeindungen oder wegen der Befürchtung, durch kritische Äußerungen die eigene Förderung zu riskieren. Auch wenn der Weg noch steiniger wird, wäre umdrehen momentan die schlechteste aller Optionen.

Wenige Tage vor der Demonstration in Cottbus wurde das Regenbogenkombinat, Treffpunkt für die Queer-Szene der Stadt, mit extrem rechten Parolen beschmiert. Zur selben Zeit tauchten auch am JugendWohnProjekt Mittendrin (JWP) in Neuruppin Hakenkreuze auf – es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass das Projekt Ziel von Angriffen wurde. »Die Stimmung bei uns ist angespannt, die Nazis trauen sich mehr«, berichtet Jan Henning vom Mittendrin. »Wir gehen davon aus, dass die Angriffe von rechts zunehmen werden.«

Obwohl es in Brandenburg auch verstärkt Anfeindungen gegen LGBTIQ+ Personen gibt, nimmt die Zahl der CSDs in den letzten zwei Jahren merklich zu. In Rheinsberg, knapp 30 Kilometer von Neuruppin entfernt, waren es Anfang Juni beim CSD 400 Menschen – bei knapp 8.000 Einwohner*innen. Mehr als zehn CSDs sind in diesem Jahr in Brandenburg geplant.

Die Normalisierung treibt ihre Blüten
Zwei Wochen nach den Kommunalwahlen landet eine extrem rechte Partei, welche die meisten schon fast vergessen hatten, einen Medienkracher: »Die Heimat«, früher besser bekannt als NPD. Zwei Mandate konnte sie in ganz Brandenburg erringen: in Oder-Spree durch den Landesvorsitzenden und Bundesgeschäftsführer und in Oberspreewald-Lausitz durch ein weiteres Bundesvorstandsmitglied. Auch wenn sie damit vor der Partei »Der III. Weg« liegt, die ein Mandat in der Prignitz ergattern konnte, ist es für die Ex-NPD eigentlich ein weiterer Schritt in die Bedeutungslosigkeit. Doch dann konnte die Partei verkünden, dass es in der Stadtverordnetenversammlung Lauchhammer künftig eine gemeinsame Fraktion mit dem Namen »AfDplus« geben werde, während im Kreistag die Fraktion »Heimat & Zukunft« gebildet werde. Zwar handelt es sich bei beiden Fraktionen lediglich um drei Personen und damit nicht um die gesamte dortige AfD-Fraktion. Brandenburgs AfD-Chef René Springer hat bereits Parteiausschlussverfahren gegen die AfD-Abtrünnigen eingeleitet, aber es zeigt doch, wie wenig Berührungsängste es hier mittlerweile zu geben scheint – zumal für Springer strategische Überlegungen eine größere Rolle gespielt haben dürften als inhaltliche Abgrenzungsbemühungen.
Die Normalisierung extrem rechter Personen und Positionen kennt viele Varianten und zeigt selbst bei jenen Effekte, die sich täglich gegen rechts engagieren. Da fühlt es sich schon fast wie ein Erfolg an, dass es in Brandenburg bislang noch keine Bürgermeister*innen oder Landrät*innen der AfD gibt. Am 9. Juni wurde der Bürgermeister von Werneuchen mit 73 Prozent der Stimmen abgewählt. Am selben Tag wurde die AfD in der Stadtverordnetenversammlung stärkste Fraktion, deren Kandidat für das Amt des Bürgermeisters erzielte mit Abstand das beste Einzelergebnis. Die Bürgermeister*innenwahl findet nun parallel zur Landtagswahl im September statt. Es wäre also wichtig, sich in die öffentliche Diskussion einzumischen und der AfD hier nicht das Feld zu überlassen. In Werneuchen werden momentan Stimmen laut, die sich gegen eine Unterbringung von Geflüchteten richten. Bisher wohnen hier keine, aber der Landkreis Barnim prüft, ob es in der Stadt geeignete Objekte zur Unterbringung gibt. Es wird entscheidend sein, jeder rassistischen Stimmungsmache sofort und vehement zu widersprechen.

Die rassistische Stimmung durch die aktuelle Debatte um Geflüchtete sieht auch Pauline von »unteilbar Südbrandenburg« als Problem. Denn es sind eben auch immer wieder Politiker*innen demokratischer Parteien, die rassistische Ressentiments bedienen oder sich durch rassistische Argumentationen Zuspruch erhoffen. »Das macht die Engagierten wütend, weil man selbst nicht mehr weiß, wer eigentlich die Verbündeten sind.« Dabei sind gerade jetzt Netzwerke so wichtig. Jan Henning aus Neuruppin zum Beispiel wünscht sich, dass Leute einfach mal im JWP Mittendrin vorbeikommen, vielleicht auch mal bei einer Baumaßnahme mithelfen, um das Gebäude besser abzusichern. Pauline aus Cottbus schlägt Kooperationen auf Augenhöhe vor, zum Beispiel zwischen Berlin und Cottbus, die eine kontinuierliche statt aktionsorientierte Zusammenarbeit ermöglichen. Erste Ansätze gibt es in manchen Orten Brandenburgs bereits, und viele Menschen – vor allem aus Westdeutschland – fragen, wie sie unterstützen können. Das ist gar nicht immer leicht zu beantworten, aber es ist die richtige Zeit, um neue Wege auszuprobieren. Einig sind sich Pauline und Robin aus Werder, dass es eine kontinuierliche und vor allem gesicherte Finanzierung von Demokratiearbeit vor Ort geben muss. Damit sprechen beide eine Sorge an, die wohl nicht nur in Brandenburg allgegenwärtig ist: die Sorge, dass Förderungen wegbrechen oder auch, dass Geld nicht dort ankommt, wo es gebraucht wird.


Bis zu den Landtagswahlen wird in Brandenburg noch einiges passieren. Es gibt die Kampagne »Rechts zieht Gräben. Wir bauen Brücken«, die sich als Brandenburger Ableger vom Bündnis »Hand in Hand« versteht. Die Kampagne »Uns kriegt ihr nicht klein! – Solidarisch in Brandenburg« möchte die Sichtbarkeit all jener erhöhen, die dazu beitragen, unsere Gesellschaft lebenswert zu gestalten. Den Aufruf von »Brandenburg zeigt Haltung« für Demokratie und Zusammenhalt haben bislang über 430 Organisationen aus ganz Brandenburg unterzeichnet. Und es gibt die Kampagne »Wir machen’s wirklich! Ein solidarisches Brandenburg für alle«, die vom Aktionsbündnis Brandenburg initiiert wurde. Hier geht es vor allem darum, die vielen Aktiven in Brandenburg in ihrem Engagement gegen rechts zu stärken und weitere Menschen dazu zu motivieren mitzumachen. Und es geht darum, neue Verbindungen zu schaffen und sich gegenseitig zu unterstützen. Das werden wir brauchen. Auch nach der Landtagswahl.

Maica Vierkant arbeitet beim Aktionsbündnis Brandenburg.

Rechtsruck?

von Andreas Speit
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 209 - Juli | August 2024

Die Wahlen in Europa offenbaren Verschiebung. Die Ursachen werden kaum verhandelt.

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Die linke Allianz rettete die Französische Republik. Am 7. Juli konnte sich die »Nouveau Front Populaire« (Neue Volksfront, NFP) als stärkste Fraktion etablieren. Am Sonntagabend stand fest: Die NFP um Jean-Luc Mélenchon liegt bei den Stichwahlen für das Parlament vor den Macronist*innen und Lepenist*innen. Der »Rassemblement National« (Nationale Sammlungsbewegung, RN) um Jordan Bardella erreichte nicht die erhoffte Mehrheit, wurde drittstärkste Kraft. Nach dem Erfolg von Marine Le Pen bei der Europawahl wurden viele besorgte Stimmen laut. Eine von ihnen: Kylian Mbappé. Auf einer Pressekonferenz der französischen Fußballmannschaft vor dem Viertelfinale der Europameisterschaft (EM) in Deutschland sagte Mbappé, das anstehende Spiel sei »extrem wichtig«, aber »wesentlich wichtiger« wäre die Wahl. Und der Mannschaftskapitän der »Bleus« führte weiter aus: »Wir müssen uns doch mit unseren Werten identifizieren, mit der sozialen und kulturellen Vielfalt, mit Toleranz und Respekt.« Das »Land dürfe nicht in die Hände dieser Leute« fallen, schob er später nach. Der RN hörte die Absage an sie nicht gern. Bardella blieb jedoch anfänglich freundlich, lobte die sportlichen Leistungen des Fußballstars und meinte nur, der Star kenne das Leben der einfachen Leute nicht. Später, am Wahltag, schimpfte Le Pen über den Torschützenkönig der Weltmeisterschaft 2022: »Die Franzosen haben es satt, belehrt und beraten zu werden, wie sie wählen sollen.« Viele der französischen Spieler bei dieser EM haben allerdings selbst rassistische Anfeindungen erleben müssen. Sie kommen aus den berüchtigten Banlieues von Paris, Marseille oder Lyon. Nach der Europawahl war die Mannschaft in der Kabine vom RN-Wahlergebnis schockiert gewesen, berichtete Mbappés Sturmpartner Marcus Thuram. Der RN hatte die Wahl mit 32,4 Prozent gewonnen.
Bei der EM möchte die »Union of European Football Associations« (UEFA) nicht so gern politische Signale sehen. »Sport ist Sport und Politik ist Politik« ist eine Selbstlüge des Sports. Schon ein Handzeichen des türkischen Nationalspielers Merih Demiral widerlegte auch dieses Mantra. Demiral zeigte das Symbol der »Grauen Wölfe« (GW) nach seinem zweiten Tor gegen Österreich im Achtelfinale.

Beides, die Statements und die Geste, empfanden die Sport­funk­tionär*innen als unpassend und die Spiele belastend. Unpassend für eine EM sollte allerdings nicht die Warnung vor Rechtsradikalismus sein, sondern allein das Werben für Rechtsradikalismus. Die UEFA rang sich aber letztendlich doch zu einer Reaktion durch. Für zwei Spiele suspendierte sie Demiral. Der öffentliche Druck dürfte mit entscheidend gewesen sein. Dieser Disput führte zu diplomatischen Verstimmungen. Kein Geringerer als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an kam zum Viertelfinale der Türkei gegen die Niederlande nach Berlin. Er wolle der türkischen Mannschaft den Rücken stärken, da die Reaktion übertrieben sei. »Sagt jemand etwas darüber, dass auf den Trikots der Deutschen ein Adler ist? Sagt jemand etwas darüber, dass auf den Trikots der Franzosen ein Hahn ist und warum sie sich wie Hähne aufspielen?« fragte Erdo?an rhetorisch. Nein, darf dennoch geantwortet werden, denn weder der Adler noch der Hahn stehen für eine rechtsradikale Organisation. Den Sieg konnte Erdo?an mit der Mannschaft dann aber nicht feiern.


Das »Sommermärchen« ist zwar durch das Ausscheiden der deutschen Mannschaft nicht mehr so ergreifend, doch das Image eines weltoffenen Landes soll nicht getrübt werden. Schon bei der WM 2006 wurden für das Märchen die angestiegenen rassistischen Übergriffe ausgeblendet. Diese Ausblendung verklärt die Tatsache, dass ein »Party-Patriotismus« zu verstärktem nationalistischen Denken führt. Patriotische Wenden sind aber europaweit wahrzunehmen. Die Wahlen in Europa spiegeln die Folgen.

In den Niederlanden konnte Geert Wilders am 2. Juli, sechs Monate nach der Parlamentswahl, eine Regierung bilden. Mit der Wahl wurde am 22. November vergangenen Jahres die »Partei für die Freiheit« (PVV) von Wilders zur stärksten Fraktion. Die PVV ist mit der vorherigen konservativ-liberalen Regierungspartei, die »Volkspartei für Freiheit und Demokratie« (VVD) sowie den Parteien »Neuer Sozialvertrag« (NSC) und »Bauer Bürgerbewegung« (BBB) nun Regierungspartei. Diese Allianz mit Rechtsradikalen löste bisher kein lautes kritisches Echo aus. Leise wird sie in Europa zur Kenntnis genommen. Vielleicht auch, weil manche Politiker*innen an solche Entgrenzungen denken, um die Macht zu halten oder zu erhalten? Sag niemals Nein könnte das neue Ja werden. Flirtete nicht eine Ursula von der Leyen leicht mit einer Giorgia Meloni? Möchte doch die alte Präsidentin der Europäischen Kommission die neue Präsidentin werden. Ein vermeintlicher Fakt ist jetzt aber sicher, Meloni an der Macht ist nicht Meloni im Wahlkampf, was suggeriert wird. Diese Annäherungen führen zur Anerkennung, zur Relativierung der Radikalität. Die Erfolge des RN sind der Normalisierung ihrer Partei mit ihren Positionen geschuldet. Spätestens mit der Namensänderung 2018 gelang es Marine Le Pen nach und nach, die Entdämonisierung voranzutreiben. Der Cordon Sanitaire, das heißt die Abgrenzung zu einer solchen Partei, schwindet. In Österreich liegt schon seit Jahren um die FPÖ kein »Isolationsgebiet«. Solche Tendenzen spielen der AfD zu.

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Bei der Landtagswahl in Hessen sagten 80 Prozent der AfD-Wähler*innen: »Es ist mir egal, ob sie in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht.« Diese Aussage hätten vielleicht einige Parteiforscher*innen im Osten erwartet, aber nicht im Westen. Jene geografische Verortung ist stets eine Projektion aus den alten Bundesländern. Verkürzte Wahlanalysen zu Europa- und Landeswahlen verzerren Diskussionen. Das gilt auch für den durchgängigen Ton, »die Jugend« wähle rechts. In Deutschland stimmten bei der EU-Wahl auch erstmals 16 Prozent der 16- bis 24-Jährigen für die AfD. Ohne den starken Einbruch bei den Grünen auszublenden, erreichten diese dennoch elf Prozent dieser Altersgruppe. Werden Die Linke mit sechs Prozent und Volt mit neun Prozent mitgezählt, so wählte 26 Prozent »der Jugend« grün-links-liberal – für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Seenotrettung. In Frankreich zeichnete sich beim ersten Wahlgang ebenso ab, dass von »der Jugend« schwer zu sprechen ist. 33 Prozent der 18- bis 24-Jährigen wählt den RN, aber 48 Prozent NFP.

Die Entwicklungen in den Ländern sind schwer zu vergleichen. Sowohl die geschichtlichen Prozesse als auch die gegenwärtigen Situationen sind in Nord und Süd, Ost und West unterschiedlich. Ein Aspekt könnte eventuell grenzübergreifend tragen. »Die Jungen piepen, wie die Alten pfeifen«, schrieb Heinrich Heine 1824 in »Die Harzreise«. Der rechte Wahlzuspruch »der Jugend« könnte der rassistischen Atmosphäre in den europäischen Ländern geschuldet sein. Diese Ressentiments hegen und pflegen »die Erwachsenen«. Die Studie »Being Black in the EU« der European Union Agency for Fundamental Rights in 13 EU-Staaten stellte im Oktober 2023 fest: »45 % der Befragten gaben an (…), Opfer von Rassismus geworden zu sein.« In Deutschland und Österreich gaben 70 Prozent der Befragten an, abgelehnt oder angefeindet zu werden. Vor allem bei der Arbeits- oder Wohnungssuche würden sie diskriminiert. In ihrem Grundrechte-Report 2024 schreibt die Agency, »in ganz Europa« nehme die »Intoleranz zu und würde »viele Gruppen« treffen: Muslime, Menschen afrikanischer Abstammung, Roma, Migrantinnen und Migranten«. Der Antisemitismus sei ebenso alarmierend. Bei den Wahlen spiegelten sich die Einstellungen gerade bei den arbeitenden Wähler*innen in ihrer Wahl wider. Die sozialdemokratischen und linken Parteien haben ihre Bindungskraft schon lange verloren. Die Arbeitenden driften nach rechts. Ein Aspekt: Die Industriearbeiter*innen in den reichen Staaten sind die Hauptverlierer*innen der Globalisierung, wie Klaus Dörre in »Stolz, Arbeiter:in zu sein« feststellt. Im Essay aus dem aktuellen Sammelband, von Matthias Quent und Fabian Virchow »Rechtsextrem, das neue Normal?« herausgegeben, führt der Professor für Wirtschaftssoziologie aus, die Arbeiter*innenschaft werde politisch marginalisiert durch Ignoranz der Lebens- und Arbeitswelt. Das »Klassenbewusstsein« sei zudem einer »Klassenahnungslosigkeit« gewichen. Der europaweit vorherrschende Neoliberalismus in der Wirtschafts- und Sozialpolitik verstärke die Konkurrenz unter den Ärmsten der Armen um Arbeit und Wohnen. Statt »spontane Klassenerfahrung in exklusiver (…) Solidarität« zu versuchen, erfolge vielmehr eine »ausgrenzende Solidarität«, so Dörre. Nicht allein durch Rechtsradikale, die von »dem Volk« sprechen.


»Ein guter Mensch sein? Ja, wer wär’s nicht gern? (…) Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so«, dichtete Bertolt Brecht in der »Dreigroschenoper« 1928. Die beklagten Verhältnisse haben sich nicht geändert. In der Pandemie wurden die Ärmsten ärmer und die Reichen reicher. Édouard Louis schildert vor COVID-19 in »Wer hat meinen Vater umgebracht?«, wie ein körperlich arbeitender Mann 2016 durch die Lockerung des Kündigungsschutzes und der Verpflichtung zu Überstunden mehr und mehr ausgebeutet wird, bis er körperlich nicht mehr kann und so die rassistischen und homophoben Dispositionen langsam zu den vorherrschenden Einstellungen werden. Louis führt aus: 2017 hat Emmanuel Macron öffentlich von »Faulpelzen« gesprochen und den »ärmsten Franzosen fünf Euro pro Monat« bei der Wohnungshilfe weggenommen. »Am selben Tag oder so gut wie am selben, unwichtig; kündigte er eine Absenkung der Vermögenssteuer an (…). Macron stiehlt dir das Essen direkt vom Teller«, schreibt Louis 2019 an seinen Vater, der ihn wegen seiner Homosexualität lang verachtete. Louis’ Vorbild Didier Eribon legte 2024 mit »Eine Arbeiterin« nach, als er die Entwertung des Lebens seiner arbeitenden Mutter beschrieb, bis ihr nur »Stolz (…) weiß« zu sein blieb.
Die Anhänger*innen des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) mögen hier eine Abkehr von der ausgemachten Wokeness sehen. Louis und Eribon fordern aber keine Grenzen für Geflüchtete oder Förderung des Mittelstands. Die »Klassenflüchtigen« wollen ein divers libertäres Klassenbewusstsein. Sie wollen nicht mit rechten Ressentiments rechten Wähler*innen hinterherlaufen, um sie wieder zu gewinnen.

Diese Politik hat den Erfolg der Rechten bei der Europawahl mit ermöglicht. Sie haben mehr Mandate gewinnen können. Rechte Programme nicht aufgreifen, eigene politische Alternativen benennen kann allerdings zu parlamentarischen Erfolgen führen. In Finnland, den Niederlanden und Portugal konnten Linke, Grüne und Sozialist:innen die Wahlgunst für sich gewinnen. Die Botschaft der Wahl in Frankreich ist eindeutig: Stoppt die neoliberale Entsolidarisierung. Ein Macron hört sie nicht. Für Louis gehört er zu den Mördern seines Vaters.

Intro AntifaMagazin 209

die Redaktion
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 209 - Junli | August 2024

Liebe Leser*innen,
Fußball ist Sport, Fußball ist Emotion, Fußball ist Geschäft, Fußball ist Politik – die just beendete EM in Deutschland war dafür beispielhaft. Das Geschäft des DFB, den bisherigen Ausstatter Adidas durch Nike zu ersetzen, rief eine patriotische Protestfront auf den Plan. Quer durch das politische Spektrum wurde Unkenntnis gepaart mit Protektionismus und Anti-Amerikanismus in Szene gesetzt. Der nächste Skandal folgte auf dem Fuße, die deutsche Nationalmannschaft laufe unter anderem in magentafarbenen – umgangssprachlich pinkfarbenen – Trikots auf. Diesmal ein Aufschrei der Rechten ob der angeblich unmännlichen Farbe. Und die Rechte blieb laut: Wie zu vergangenen Turnieren dröhnte der völkische Sound. In der Vergangenheit wurde Jérôme Boateng, Mesut Özil und Ilkay Gündogan die Zugehörigkeit abgesprochen. Dieses Mal war es Antonio Rüdiger. Zu seiner Person konnten Rassist*innen und Islamhasser*innen ihren Emotionen und ihrem völkischen Wahn freien Lauf lassen, angefacht von Julian Reichelt und »Nius«. Prominente Unterstützung bekamen sie von Björn Höcke. Ende Juni hatte der thüringische AfD-Landesvorsitzende in einem Gastbeitrag der Schweizer »Wochenzeitung« mitgeteilt, er könne sich nicht mehr »mit unserer Nationalmannschaft identifizieren«. Eine Einstellung, die er wohl mit 20 Prozent der Teilnehmer*innen einer Umfrage des WDR kurz vor der EM teilt. So groß war die Zustimmung zu der Aussage: »Ich fände es besser, wenn wieder mehr weiße Spieler in der deutschen Nationalmannschaft spielen.« Der Sender wollte untersuchen, welche Rolle Rassismus im Fußball in Deutschland spielt. Die Reaktion auf die Umfrage und diese Einstellung folgte prompt: Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte, er wolle von solchen »Scheiß-Umfragen« nichts mehr hören und Nationalspieler Joshua Kimmich bezeichnete die Umfrage als »rassistisch«.

 

Antifa Magazin der rechte rand
Schwerpunkt AfD Faschisten, Kommunalpolitik

Fußball ist Politik, nicht nur hierzulande. Auch haben teilweise die Mannschaften und Fans der albanischen, kroatischen und serbischen Auswahl die EM als Bühne für Nationalismus genutzt. Bei der türkischen Nationalelf ziehen Spieler, Fans und die Politik am nationalistischen Strang mit. Kritik ist unerwünscht, da wird der deutsche Botschafter zum Gespräch zitiert und Präsident Recep Tayyip Erdogan besucht spontan das nächste Spiel, um der Mannschaft den Rücken zu stärken. Unterstützt wurde er dabei von Mesut Özil, der sich seit 2018 im reaktionären türkischen Spektrum positioniert hat. Fußball ist Politik und kann Politik machen. Beispielhaft dafür stehen Kylian Mbappé und Marcus Thuram. Die beiden französischen Stars haben sich im Vorfeld der vorgezogenen Parlamentswahlen klar gegen den rechtsradikalen »Rassemblement National« (RN) ausgesprochen. Ein Wagnis, das sich gelohnt hat. Beide wissen, was eine rassistische Mehrheit in den Parlamenten bedeutet.

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Im Nachgang zu den Kommunalwahlen und der Europawahl werfen wir einen Blick in eben diese Parlamente und ihre geänderten Zusammensetzungen. Auf kommunaler Ebene gibt es schon den ersten Vorgeschmack auf rechte Politik. Auf vermeintlich demokratischem Weg werden Minderheiten unter Druck gesetzt und ausgegrenzt; im Einklang mit der rechten, völkischen Ideologie. Wir schauen auch in die Nachkriegszeit der Bundesrepublik und in die 1980er Jahre. In beiden Zeiträumen waren Minderheiten Opfer von rechtsradikaler Straßengewalt und Terror, aber auch von blankem Rassismus durch die Gesellschaft, Politik und Behörden. Ohne die kontinuierliche Arbeit der Initiativen vor Ort würde das Wissen darum vergessen und die Erinnerung daran verblassen.

Eure Redaktion

 

https://twitter.com/derrechterand/status/1822566398721159228

Ärger mit der Querfront

von Lucius Teidelbaum
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 183 - September | Oktober 2012

Erstmals erschien die Zeitschrift »Compact« im Dezember 2010. Das am Kiosk erhältliche Magazin ist das Organ der Querfront-Truppe »Volksinitiative gegen das internationale Finanzkapital«, die sich 2009 um Jürgen Elsässer, den Chefredakteur des Blattes, formierte.

Anfänglich grenzte sich der Gründer und Chefredakteur der Zeitschrift »Compact«, Jürgen Elsässer, noch nach Rechtsaußen ab (s. drr Nr. 103, 104), als es 2006 die ersten kritischen Hinweise auf seinen Kurs nach Rechts gab. Mittlerweile zeigt er sich jedoch immer offener für die Rechte und paktiert mit Islamisten. So war er im April 2012 mit einer deutschen Reisegruppe im Iran, um an einer Privataudienz mit dem Präsidenten des Landes, dem Holocaustleugner und Islamisten Mahmud Ahmadinedschad teilzunehmen. Elsässer und seine Mitstreiter waren sich mit dem Autokraten sicher auch in ihrer Haltung zu Israel und dessen Einfluss in der Welt einig. 2009 rief die »Volksinitiative« zum Protest gegen den Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auf: »Am 30.11. findet in Berlin eine Veranstaltung der besonderen Art statt: eine gemeinsame deutsch-israelische Regierungssitzung. Wie darf man das verstehen? Ist Frau Merkel so nebenbei auch Kanzlerin Israels geworden? Und Herr Netanjahu so ganz nebenbei auch zum deutschen Premierminister avanciert?« Auf der Homepage von »Compact« heißt es dazu passend: »Wer den Begriff »Konzentrationslager« auf die deutsche Vergangenheit beschränkt, wird die Realität von Abu Ghraib und Guantánamo nicht beschreiben können. Wer vom »Zionismus« nicht reden darf, muss auch vom Faschismus schweigen.«
Das seit Anfang 2010 erscheinende Magazin »Compact« illustriert, wofür Elsässer und seine »Volksinitiative gegen das internationale Finanzkapital« stehen. Es ist ein Konglomerat von Verschwörungstheorien, rechtem Populismus, Geschichtsrevisionismus, Homophobie und Antifeminismus. Das Magazin versteht sich als ein »einzigartiges publizistisches Experiment« und als »Gegengift zur politischen Korrektheit, also zur Ideologie der Neuen Weltordnung, die in den Massenmedien und auch in der linken Presse zum unantastbaren Tabu geworden ist.«


Die Auflage des Blattes lag nach eigenen Angaben im Mai 2012 bei 12.000 Exemplaren. 1.700 Stück sind abonniert und 7.500 Hefte gehen an die Kioske, wovon aber nur etwa 2.800 tatsächlich verkauft werden. Die Werbung im Magazin zeigt, an wen sich das Blatt wendet. Es finden sich Anzeigen vom extrem rechten »Ares Verlag«, dem »neu rechten« Strategieblatt »Sezession«, dem rechtsesoterischen und rechtspopulistischen »Kopp Verlag« und der »Preußisch Allgemeinen Zeitung«. »Compact« selbst warb für sich und einen von dem Blatt veranstalteten Vortrag mit dem rechten EU-Gegner Karl-Albrecht Schachtschneider auch in der »neu rechten« Wochenzeitung »Junge Freiheit« (JF).
Mit seiner »Volksinitiative« und »Compact« versucht sich Elsässer an einer Sammlungsbewegung. Doch statt der erhofften Massen findet sich nur ein Narrensaum zusammen, der kaum unterschiedlicher sein könnte. Elsässers Truppe ist eine wilde Mischung aus Ex-Linken, enttäuschten Rechten, Verschwörungs-IdeologInnen, Marktradikalen und einigen Muslimen. Mit den Worten des Herausgebers ausgedrückt, sollen sich in dem Magazin »demokratische Linke und demokratische Rechte, intelligente Muslime und intelligente Islamkritiker, Occupisten und Teaparty-Gänger« sammeln. Auch in der friedensbewegten Szene versuchen Elässer und Co. AnhängerInnen zu rekrutieren. Nationalpazifistische Argumente, Antiamerikanismus, Israel-Hass und Verschwörungstheorien bieten die Grundlage, um in einem Teil der Bewegung an bestehende Denkstrukturen anzudocken.
Das Magazin setzt auf rechte, populistisch aufgemachte Titel wie »Schulfach Schwul – Die sexuelle Umerziehung unserer Kinder« (Nr. 9/2011), »Raubtier-Feminismus – Nein danke!« (Nr. 7/2011), Sarrazin »Der nächste Bundeskanzler« (Nr. 10/2010) oder »Grass? Hat Recht!« (Nr. 5/2012). Solche Themen sind anschlussfähig an die extreme Rechte. Mit seinem heterogenen Charakter ist »Compact« derzeit aber (noch) kein extrem rechtes Blatt. Es ist ein Scharnier zwischen der extremen Rechten und den angrenzenden Grauzonen.


Der politische Kern der »Compact« ist Nationalismus, was auch an der häufig verwendeten Ansprache der LeserInnen als »wir Deutschen« festzustellen ist. Das Schwerpunkt-Thema der letzten Hefte ist das Feindbild EU und die Forderung »Zurück zur D-Mark!« (Nr. 10/2011). Mit seinem D-Mark-Nationalismus will das Blatt in breiten Bevölkerungsteilen punkten. Einen Eindruck vom Anti-EU-Populismus der »Volksinitiative« konnte man am 9. November 2011 bei einem Vortrag bei der rechten Berliner »Burschenschaft Gothia« gewinnen. Sie hatte zu einem Vortrag zum Thema »Die Eurokrise – Ursachen und Verursacher« eingeladen. Der Referent war der Berliner Peter Feist von Elsässers »Volksinitiative« und Autor im »Kai-Homilius-Verlag«, wo »Compact« und Feists Buchreihe erscheinen. Feist versteht sich als »Kommunist« und »alter Dialektiker« und betonte: »Mein Gegner ist das internationale Finanzkapital, das hat sich seit der DDR nicht geändert«. Er behauptete: »Es gibt keine größere Macht als das internationale Finanzkapital«, eine »Finanzoligarchie« arbeite gar an der Zerstörung der Nationalstaaten. Weil Teile der Linken das nicht erkennen, hätte er sich von ihr abgewendet. Heute müsse man den »Nationalen Widerstand« gegen Brüssel organisieren und die »Nation (…) retten, nicht den Kommunismus vorbereiten«.
Die »Stärkung des deutschen Nationalstaats gegen die EU-Diktatur« ist für Feist eine der wichtigsten Forderungen an eine Partei, die er unterstützen könnte. Doch dafür sei man noch immer auf der Suche nach einem passenden Projekt. Die Partei »Die Freiheit« sei, so Feist, nicht die richtige. Einige seiner »konservativen Freunde« seien von der Partei wegen deren »Kotau in Jerusalem« wieder abgerückt, erzählte er. 2010 hatte der Vorsitzende der Partei, René Stadtkewitz, mit Vertretern europäischer Rechtsparteien Israel besucht und aus antimuslimischen Motiven mit rechten Israelis eine Kooperation begonnen. Ursprünglich hätten Elsässer und Co. die Gründung einer eigenen Partei geplant, berichtete Feist. In ihr sollten dann die rechte und neoliberale »Partei der Vernunft« (PdV), Teile von »Die Freiheit« und den »Freien Wählern Berlin« aufgehen. Die Gründung sollte eigentlich nach der Konferenz »Bürger gegen Euro-Wahn – eine Wahlalternative« der »Volksinitiative« am 28. Januar 2012 der Öffentlichkeit verkündet werden. Doch seit dem ist von einer Parteigründung nichts mehr zu hören.

»Rinks« und »lechts«
Für »Compact« schreiben AutorInnen von rechts wie von links. Niki Vogt aus Elbingen (Rheinland-Pfalz) verfasste unter dem Pseudonym »Josefine Barthel« den homophoben Leitartikel »Schulfach Schwul«. Ansonsten schreibt sie Online-Texte für den »Kopp Verlag«. Ebenfalls Autor von »Compact« ist Rolf Stolz aus Köln, Mitglied von »Bündnis90/Die Grünen« und regelmäßiger Autor einer Kolumne in der JF. Artikel von ihm erschienen auch in den rechten Blättern »Sezession«, »wir selbst« und den »Burschenschaftlichen Blättern«. Auch der JF-Autor Jan von Flocken schreibt in »Compact«. Mit Michael Klonovsky, einem Freund der »Neuen Rechten« und »Chef vom Dienst« beim »Focus«, gab er das Buch »Stalins Lager in Deutschland 1945-1950« heraus. Auch der regelmäßige Kolumnist von »Focus Money« und Gründer der PdV Oliver Janich ist Autor in Elsässers Blatt, ebenso der ehemalige Direktor des Bundesrates und niedersächsische Ex-Kultusminister Georg-Bernd Oschatz (CDU). Der Honorarprofessor an der Verwaltungshochschule Speyer hielt am 7. Oktober 2001 die Festansprache beim österreichischen »Ulrichsbergtreffen« von Veteranen der Wehrmacht und der Waffen-SS. Ein ganz anderer Autor der »Compact« ist Stephan Steins, Herausgeber der antizionistischen und antiamerikanischen Internetzeitschrift »Die Rote Fahne«. Er forderte einst einen »Schuss mehr gesunden Patriotismus und Konservatismus«. Und der Österreicher Hannes Hofbauer schreibt nicht nur für »Compact«, sondern auch regelmäßig für das antiimperialistische Magazin »Intifada« aus Wien. Der Islam-Konvertit und Anwalt Andreas Abu Bakr Rieger schreibt ebenfalls für »Compact« und ist Autor in deren Buchreihe (»Weg mit dem Zins«). Rieger ist Vorsitzender der muslimischen Konvertiten-Sekte »al-Murabitun« und Herausgeber der »Islamischen Zeitung«, die in ihrem Online-Shop auch die »Compact« anbietet. »Al-Murabitun« wurde in den 1970ern in Spanien gegründet und knüpft in Deutschland auch an das Gedankengut der »Konservativen Revolutionäre« der Weimarer Republik an. Auf der Jahresversammlung der radikal-islamischen »Kaplan-Bewegung« 1993 sagte Rieger: »Wie die Türken haben wir Deutschen in der Geschichte schon oft für eine gute Sache gekämpft, obwohl ich zugeben muss, dass meine Großväter bei unserem gemeinsamen Hauptfeind nicht ganz gründlich waren.«

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Das Umfeld
Hinter der »Compact« steht der nach seinem Verleger benannte »Kai-Homilius-Verlag«. 1994 als Verlag für Reiseführer gegründet, war das Unternehmen anfänglich eher links zu verorten. Der heute in Werder (Havel) ansässige Verlag bezeichnet sich selbst als »politisch nicht korrekt«. Für den Inhaber Homilius sei »das alte rechts-links-Schema unbrauchbar geworden«. Das Verlagsangebot ist stark antiamerikanisch, antizionistisch und verschwörungstheoretisch geprägt. Es gibt Bücher mit Titeln wie »Zionismus und Faschismus. Über die unheimliche Zusammenarbeit von Zionisten und Faschisten« oder »Ariel Sharon – ein hoffähiger Faschist«. Eine Video-Reihe von »Compact«, zumeist Mitschnitte von Vortragsveranstaltungen, vertreibt der »Schild-Verlag« aus Elbingen (Rheinland-Pfalz). Er warb für sein Sortiment per Anzeige auch in der JF.

Querfront
Die extreme Rechte in Deutschland beobachtet Elsässers Projekte mit Sympathie, wovon zum Beispiel positive Berichte in der JF oder der »National-Zeitung« (NZ) zeugen. So lobte die NZ die »Querfront gegen den Euro«. Auch organisatorisch ist »Compact« fest in den rechten Blätterwald eingebunden. Den Verkauf und das Anzeigen-Geschäft übernimmt der »Berliner Medien Vertrieb« (BMV). Er ist laut einer Anzeige in der JF aus dem Jahr 2008 ein »Auslagerungsprojekt« der »neu rechten« Wochenzeitung und organisiert den Anzeigen-Vertrieb für die JF, das marktradikale Kampfblatt »eigentümlich frei«, das erzkatholische Magazin »Komma« und das rechtslastige Mittelstandsmagazin »Der Selbstständige«. Auch mit dem Magazin »Unzensuriert« von dem Politiker der extrem rechten »Freiheitlichen Partei Österreichs« (FPÖ) und Mitglied der rechten »Wiener Burschenschaft Olympia«, Martin Graf, gibt es einen Austausch von Online-Bannern auf den Websites.
Die Überschneidung von Teilen der Linken und Teilen der extremen Rechten findet sich nicht nur in der AutorInnenschaft, sondern auch in der LeserInnenschaft. Laut einer LeserInnenumfrage, an der sich 2011 »mehrere hundert« Personen beteiligten, ist der typische Leser von »Compact« männlich (85 Prozent). 21 Prozent der LeserInnenschaft informieren sich außerdem mit der JF und anderen rechten Publikationen. Neun Prozent geben an, sie lesen die Tageszeitung »Junge Welt« oder andere linke Zeitschriften. Ob das aber schon für eine große Querfront reicht, ist fraglich.

Zwei Jahre Pandemie

von Sören Frerks
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 196 - Mai | Juni 2022

Nachdem die PEGIDA-Bewegung an Mobilisierungskraft verloren hat, sehnt die »Neue Rechte« mit den Corona-Protesten die nächste Chance zur nationalen Revolte herbei.

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QAnon Fahne in Berlin © Mark Mühlhaus / attenzione

Wer in die Reihen der gegenwärtigen Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen schaut, bekommt den Eindruck, dass vor allem eine Mischszene von der »Alternative für Deutschland« (AfD) über Neonazis bis zu rechten Hooligans versucht, darin zum Taktgeber zu werden. Mancherorts führen Rechte die Aufmärsche an oder setzen diese wie zum Beispiel in Bautzen, Greiz und Cottbus gegen die Polizei durch.
Bei den Ideolog*innen und Propagandist*innen der »Neuen Rechten« nährt das die Sehnsucht nach einem Volksaufstand. Auf die Ernüchterung nach den PEGIDA-Jahren folgte in der Pandemie ein neuer Impuls – auf den Straßen und in der neurechten Diskussion. Das dürfte auch daran gelegen haben, dass sich für sie ihre eigenen Prophezeiungen bewahrheiteten – zumindest in Momentaufnahmen.

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Erst Skepsis, dann Größenwahn
Neun Tage nach Ausrufung der Pandemie in der Bundesrepublik meinte der Querfront-Phantast Heino Bosselmann in »Sezession«: »Stellt sich innerhalb des nächsten Monats nicht die‚ von der ›Wissenschaft‹ prognostizierte Durchseuchung mit all ihren furchtbaren Folgen ein, werden sich die Menschen die massiven Einschränkungen ihrer Grundrechte nicht mehr bieten lassen. Ihre Angst dürfte zunächst in kecken Unmut, dann aber in Widerstand umschlagen. Das würde die Gesellschaft spürbar verändern, mit unklarer Prognose.« Die Pandemie wurde immer mehr zum nationalrevolutionären Fanal auserkoren, damals noch verbunden mit einer gewissen Demut vor dem, was kommen könnte: »Nur schreibt sich das eben allzu leicht hin, solange man nicht intubiert ist oder (…) auf ein Bett in der Intensivstation hofft.«


Spätestens der herbeigewünschte und letztlich doch gescheiterte »Sturm auf den Reichstag« im August 2020 machte die Marschrichtung klar. »Fast jeder wird sich auf den Weg machen«, um »in Millionenstärke etwas auf die Straße« zu bringen, begeisterte sich die angegraute Eminenz des neu-rechten »Instituts für Staatspolitik«, Götz Kubitschek. Sein Ziel wie so oft: »den Protest zu verstetigen«.
Obwohl solch rechte Herren ihre eigenen Selbstüberschätzungen regelmäßig in elitärer Skepsis ertränken, schüren die Aufmärsche und deren Kontinuität den Wunsch nach dem Aufstand. Und so wünscht der »Sezession«-Verleger Kubitschek: »Hoffen wir, dass nach jeder Demonstration, nach jeder neuen Zwangsmaßnahme wieder tausend Bürger diesem Staat verlorengehen.«

Persönliche Wahrheiten
Der »Compact«-Chefredakteur Jürgen Elsässer wiederum entledigte sich erst jüngst der wissenschaftlichen Evidenz von weltweit bald sechs Millionen erfassten Toten durch COVID-19 anhand seines eigenen Krankheitsverlaufs. Der Tenor: Die »Panik-Medizin halluziniert« die Gefahr herbei und ohnehin habe die fehlende Impfung sein persönliches Risiko für einen schweren Verlauf gesenkt. In Wirklichkeit sei alles eine »Corona-Inszenierung« des Staates, dem er sowieso »abgrundtiefes Misstrauen« entgegenbringe – sei es nun bei BSE, Schweinegrippe oder der Pandemie. Nicht ohne zu betonen: »Das BRD-Regime ist schwach und hält sich nur an der Macht, weil sich zu Viele zu wenig trauen.« Schon ist man mitten drin in der Welt der Verschwörungserzählungen und so wird aus jeder Krise ein Anlass zur Revolte.


Versucht die »Sezession« den Schein der seriösen Debatte zu wahren, ist bei »Compact« die Vulgarität Elsässers ständiger Aufmacher. Das neue personifizierte Feindbild ist vor allem der jetzige Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der das Cover (2/2022) mit einem stilisierten Hitlerbart ziert. Vor einem Jahr fragte der Titel gar rhetorisch: »Wollt ihr den totalen Lockdown?«, passend zur Holocaust-Relativierung durch »Judensterne« mit der Aufschrift »ungeimpft« auf den Corona-Märschen. »Compact« gibt sich propagandistisch als Mobilisierungsblatt – eine Ausrichtung, die sich bezahlt machen dürfte. Mit geschätzt mehreren zehntausend verkauften Exemplaren hat das Magazin die größte Strahlkraft im gesamten Rechtsaußen-Milieu.

Futter für die Straße
Die einst fabulierte Distanz zwischen der »Neuen Rechten« und der gewaltförmigen Praxis, so es sie überhaupt gab, ist längst Geschichte. In einer »Compact«-Ausgabe zeigt sich Elsässers Kumpane Martin Sellner zufrieden mit den Auseinandersetzungen auf den Straßen gegen die »biopolitische Diktatur«: »Die Corona-Proteste haben sich gewandelt (…) und sind kämpferischer geworden.« Nicht ohne im Folgenden indirekt Empfehlungen für das Agieren zu geben und zu fabulieren: »Es darf keinen zweiten ›Reichstagssturm‹ geben«, der »in einer sinn- und folgenlosen Aktion verpufft«. Soll heißen, ganz oder gar nicht. Dazu passt, dass Sellners »Identitäre Bewegung« die Aufmärsche zum Anlass nimmt, ihr gescheitertes Biedermeier-Image abzulegen. Gerade in Cottbus, wo »Identitäre«, AfD und Neonazi-Hooligans eng zusammenstehen, haben sich die Reihen weiter geschlossen. Der Kampf um die Straße und die Parlamente, den schon die NPD propagierte, ist in der Debatte und der Agitation der »Neuen Rechten« in vollem Gange.

Inszenierung und Narrativ

von Felix Schilk
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 201 - März | April 2023

Politische Konversionen gibt es in beide Richtungen. Dass die Ex-Linken lauter und sichtbarer sind, hat strukturelle Gründe.

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Jürgen Elsässer mit Putin Titel vom Compact Magazin auf der Buchmesse 2018 in Leipzig. © Mark Mühlhaus / attenzione

Henning Eichberg gilt als eine der Gründungsfiguren der »Neuen Rechten« in Deutschland. Mit den Ideen des »Ethnopluralismus« und der »nationalen Identität« wollte er die aus dem modernen Universalismus entspringende Entfremdung bekämpfen. Weil er sich dabei auf den Philosophen Michel Foucault berief und Begriffe der kulturellen Vielfalt und der Dezentralisierung gegen Imperialismus und Kolonialismus ins Feld führte, galt er in den 1970er Jahren als Querfronttheoretiker und Nationalrevolutionär. 1982 ging er nach Dänemark und wurde dort Professor für Sportsoziologie und Mitglied der Sozialistischen Volkspartei. Sein Denken blieb antiuniversalistisch und volksbezogen, allerdings entfernte er sich im Laufe der Zeit habituell und moralisch von der »Neuen Rechten«, in der er kurz vor seinem Tod »fremdenfeindliche Hetzer« mit »militärischem Habitus« und »narzisstischem Körperkult« erkannte. Ob Eichberg dadurch vom Rechten zum Linken wurde, kann man unterschiedlich beurteilen. Interessant ist aber, wie stark sich sein Weg aus der »Neuen Rechten« von dem der zahlreichen ex-linken Renegaten in die »Neue Rechte« unterscheidet.


Jürgen Elsässer galt bis in die Zeit nach 9/11 als linker Journalist, obwohl er schon immer durch einen militärischen Habitus und einen narzisstischen Körperkult auffiel. Er debütierte im Umfeld des Kommunistischen Bundes, entdeckte in den 1990er Jahren seine Faszination für den serbischen Nationalismus und erklärte in den Nullerjahren die USA und das »globale Finanzkapital« zum Hauptfeind. Seine im September des letzten Jahres erschienene Autobiografie »Ich bin ein Deutscher. Wie ein Linker zum Patrioten wurde« ist eine endlose Schilderung persönlicher und beruflicher Streitereien. Mit Elsässer hielt es niemand lange aus. Auf der privaten Ebene das gleiche Bild: Frauen, im Buch detailliert nach ihrer »Fickbarkeit« bewertet, wurden verlassen und übergriffig behandelt. Schuld am Niedergang der Linken soll aber der Feminismus sein, der als »hinterfotziges Mittel im Linienkampf missbraucht worden war«. Kritische Leser*innen erkennen schnell, dass Selbstgerechtigkeit und Misogynie die Hauptachsen von Elsässers politischem Koordinatensystem bilden.

Triumph der Selbstgerechtigkeit
Wenn man Eichberg mit Elsässer vergleicht, sieht man die wesentlichen Gründe für das Phänomen der Renegaten wie in einem Brennglas. Eichbergs kulturkritische Entfremdungskritik, die man in den letzten Jahren so ähnlich auch bei den Querdenker*innen studieren konnte, ist der Missing Link zwischen rechtem Authentizitätsfimmel und linksanarchistischem Zivilisationsressentiment. Seine durch die Sportsoziologie vermittelte geschlechtersensible Reflexion des männlichen Körperpanzers brachte ihn aber auf Distanz zu seinem politischen Herkunftslager. Ähnlich erging es vor einigen Jahren wohl der ehemaligen neurechten Influencerin Lisa Licentia, die die Ränkespiele und LGBTQI-Feindlichkeit in den Reihen der »Identitären« und der »Alternative für Deutschland« (AfD) als Grund für ihren Ausstieg nannte. Der rote Faden in Elsässers Biografie ist der Hass auf Feminismus, Political Correctness und Selbstreflexion. Er mag einige inhaltliche Kehrtwenden vollzogen haben, ist sich habituell aber treu geblieben. Ex-linke Renegat*innen wie Elsässer sind deshalb viel lauter und unangenehmer als ex-rechte Renegat*innen wie Eichberg oder Licentia.


Die Abkehr vom rechten Milieu geht in der Regel mit Scham, Reue und emotionaler Arbeit einher, die einen zeitweiligen Rückzug aus der Öffentlichkeit erfordert und den Wunsch nach Wiedergutmachung aufkommen lässt. Die Ankunft im rechten Milieu ist hingegen häufig ein Triumph von Überlegenheitsgefühlen, Geltungssucht und Selbstgerechtigkeit, der ostentativ zelebriert wird. Egal ob Horst Mahler, Bernd Rabehl, Reinhold Oberlercher oder Günter Maschke, sie alle genossen oder genießen die selbstgewählte Rolle als Enfant terrible. Und weil sich Selbstgerechtigkeit besser inszenieren und erzählen lässt, sind in der Öffentlichkeit vor allem die ex-linken Renegat*innen präsent. Man kann sie als Figuren in einem Ich-fixierten Mythos verstehen. Ihr Weg von links nach rechts ist vor allem eine öffentlich kommunizierte Konversionserzählung, die wie jede rechte Geschichtspolitik in erster Linie identitätsstiftend ist. Das typische Narrativ der ex-linken Renegat*innen, sich selbst treu geblieben zu sein, entlastet von der Verantwortung für die eigene biografische Vergangenheit.

Die Verlockung der Narrative
Dass die ex-linken Renegat*innen so viel sichtbarer sind, liegt aber auch daran, dass die Renegat*inneninszenierung strukturell rechts ist. Ein verbreitetes Motiv ist das »Erweckungserlebnis«, wie es auch für apokalyptische Texte und Verschwörungserzählungen typisch ist. Als guter Populist reklamiert der ex-linke Renegat den gesunden Menschenverstand und dünkt sich zugleich als Teil einer Elite, die den Mainstream hinter sich gelassen hat. Er kultiviert männliche Tugenden wie Stärke, Opferbereitschaft und Mut und kann alte Feindbilder und Dichotomien einfach durch neue ersetzen.
Generell funktionieren rechtes Denken und Schreiben viel stärker über Narrative als die mehr durch Analyse und theoretische Konsistenz, aber auch Dogmatik und Orthodoxie geprägten linken Texte. Narrative sind flexibler als Theorie und anschlussfähiger an unterschiedliche politische Sozialisationen. So kann jede*r die rechten Erzählungen nach Gusto variieren, solange er oder sie die großen Motive von Dekadenz, Menschenrechtsimperialismus und fehlender Souveränität beständig wiederholt. Es stimmt ja, dass sich Rechte seltener an begrifflicher Unschärfe oder ideologischen Inkohärenzen stoßen und das richtige Pathos für wichtiger als die Wahrheit erachten. Die Querfront wird daher überwiegend von rechts gesucht. Das macht es den ex-linken Renegat*innen verhältnismäßig leicht, ihre Schreibe auf rechts zu drehen.

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Gekränkte Autodidakt*innen
Der Vergleich von Eichberg und Elsässer zeigt auch die Auswirkung unterschiedlicher Berufsbiografien. Eichberg habilitierte sich mit einer historischen Arbeit über den modernen Sport und verfolgte danach eine relativ geradlinige wissenschaftliche Karriere. Elsässer hat als Lehrer gearbeitet und ist in allen anderen Bereichen Autodidakt. Es ist kein Zufall, dass dieser Typus bei den ex-linken Renegat*innen ebenso häufig auftritt wie der des gescheiterten und zum Publizisten gewordenen Akademikers. Während die wissenschaftliche Arbeit dafür sensibilisiert, die eigenen und fremden Theoriegebäude systematisch von außen zu betrachten, zeichnen sich Autodidakt*innen dadurch aus, dass sie Wissen häufig selektiv und interessengeleitet rezipieren. Sie sind Schatzsucher*innen und Entdecker*innen, erleben Lektüre als Abenteuer und tendieren zu intellektueller Überheblichkeit. Das macht sie anfälliger für Narrative und verständnisloser für gesellschaftliche Paradigmenwechsel. Weil sie keine Methoden gelernt, sondern Wissen akkumuliert haben, droht ihnen mit jedem Generationenwechsel eine kränkende Entwertung ihres kulturellen Kapitals.


Die Renegat*innenpose ermöglicht es, dieses entwertete Wissen auf neue Weise zu kapitalisieren. Überhaupt lassen sich rechts bessere Geschäfte machen als in der notorisch klammen linken Szene. Laut Georg Seeßlen ist die politische Konversion daher auch ein vielversprechender Ausweg aus der ökonomischen Erfolglosigkeit: »Nehmen wir an, der ‹Linke›, der seine biographischen Ziele erreicht hat, neige eher zu einer Verbürgerlichung oder zu einer Einrichtung in einer, sagen wir, post-linken, selbstreflexiven Schrumpfkultur, so können wir im Konvertiten wohl einen Menschen sehen, der noch immer nicht geworden ist, was er hat werden sollen.«

Agent provocateur
Viele sozialpsychologische Studien zeigen einen Zusammenhang von biografischen Kränkungen und Autoritarismus, der sich in Form des klassischen extremen Rechten, aber auch als Reichsbürgerei, verschwörungsideologischer Eifer oder esoterischer Weltschmerz äußern kann. Schon Richard Hofstadter hat in seinem klassischen Text über den »Paranoid Style in American Politics« auf eine Verbindung von paranoiden Persönlichkeitsstrukturen und Renegat*innentum hingewiesen.
Jüngst haben Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey das Phänomen eines libertären Autoritarismus skizziert, der sich darin zeigt, dass er Freiheit nicht sozial und politisch, sondern rein individualistisch denkt. Dieser Autoritarismus sucht nach Selbstwirksamkeit und findet sie in trotzigen Gesten der Provokation und Selbstviktimisierung, die das rechte Lager eher goutiert. Libertären Spontis, Situationist*innen und Maoist*innen fällt die politische Konversion daher leichter als bürokratiefixierten Stalinist*innen.


Mit diesen Motiven vor Augen könnte man nun Risikoprofile für Renegat*innenbiografien erstellen. Wo antiuniversalistische Entfremdungskritik und elitäre Dekadenzdiagnosen auf einen narrativen Schreibstil treffen, ist der reaktionäre Turn vorgezeichnet. Wo Demut als Schwäche vor dem Feind gering geschätzt wird, droht die One-Man-Show des abtrünnigen Revolutionärs. Zwischen ihm und der neurechten »Ein-Mann-Kaserne« (Götz Kubitschek, Sezession Nr. 50/2012) liegen nur noch biografische Einschnitte, die der Renegat nicht selbstreflexiv verarbeitet, sondern zum Erweckungserlebnis umdeutet.

Intro

Redaktion
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 201 - März | April 2023

Liebe Leser*innen,

Ende Februar folgten nach Polizeiangaben etwa 13.000 Personen dem Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zur Kundgebung »Aufstehen für den Frieden« in Berlin – die Veranstalter*innen sahen 50.000 Menschen. Im Vorfeld hatte Wagenknecht erklärt: »Jeder, der ehrlichen Herzens mit uns für Frieden demonstrieren möchte, ist willkommen.« Eine Einladung auch an die extreme Rechte wie die AfD, die versucht, sich als »Friedenspartei« zu inszenieren. Noch einen Tag vor der Kundgebung in Berlin hatte Björn Höcke bei einer AfD-Veranstaltung in Richtung Wagenknecht erklärt: »Ich bitte Sie: Kommen Sie zu uns!« Auch Jürgen Elsässer und sein rechtsradikales »Compact«-Magazin jubeln schon. Hatte das Magazin bereits im Dezember 2022 Wagenknecht als »[d]ie beste Kanzlerin. Eine Kandidatin für rechts und links« bezeichnet, erklärt der selbsternannte »Nationalrevolutionär« Elsässer nach der Kundgebung: »Um die Kriegstreiber zu stoppen, braucht es eine Querfront. Die Linken allein sind zu schwach, die Rechten ebenso.« Und mit der Zeile »Das einige Volk aber, das kann nicht besiegt werden« stimmt er das Lied »El pueblo unido« an, das in den 1970er Jahren zu einem Symbol des linken Widerstands in Chile gegen die Diktatur Augusto Pinochets wurde. Stehen wir wirklich am Beginn einer – vor allem von rechts – herbeigeredeten »Querfront« oder erleben wir bloß eine massive Umdeutung linker Symboliken? Diesen und anderen Fragen gehen wir in unserer aktuellen Ausgabe nach, denn der jetzt zu beobachtende Kitt des Antiamerikanismus war schon in den 1980er Jahren originärer Teil der westdeutschen Friedensbewegung – wenn auch aus anderen Gründen als heute. Angereichert um diverse Verschwörungsmythen traf man sich auch 2014 in der »Mahnwachen-Bewegung« für eine prorussische, antiamerikanische und national orientierte Sammlungsbewegung mit antisemitischen Versatzstücken. Dort trieben nicht nur Elsässer und Ken Jebsen ihr Unwesen. Überdies verlieh der vermeintlich linke Diether Dehm dem Ganzen durch seine Beteiligung den Charakter einer »Querfront« gegen den liberalen Westen und seine Werte mit Putin als Galionsfigur. Während der Corona-Pandemie kam es zu einem erneuten Schub an Verschwörungserzählungen, deren Feindbilder Neonazis und als »links« gelesene Spektren wie Esoteriker*innen und Hippies einen. Gerade zu Beginn der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen sahen sich Anhänger*innen der Extremismustheorie in ihrem Hufeisenmodell bestätigt. Dabei sollte damals wie auch heute klar sein, dass die als »links« begriffenen Akteur*innen lediglich ohne politischen Kompass umherirrlichtern. Für Linke ist eine Zusammenarbeit mit Faschist*innen ebenso wenig eine Perspektive wie das Wohl Deutschlands als Maxime einer Politik, die nichts weiter als Nationalismus ist. In diesem Sinn wünschen wir mit unserer neuen Ausgabe eine anregende Lektüre.

Eure Redaktion

 

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»Interessantes zu Büchern«

von Ernst Kovahl
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 189 - März | April 2021

#Erosionen

Wie die »Neue Rechte« durch Konservative immer weiter salonfähig gemacht wird.

antifa Magazin der rechte rand
Buch über das “Institut für Staatspolitik” und die Faschist*innen des 21. Jahrhunderts
erschien 2020 und ist im Buchhandel erhältlich.

Sie verstehen es einfach nicht. Noch immer glauben deutsche Konservative, man könne die radikale Rechte durch das Einbinden in politische Diskurse bekämpfen. Ihr Glaube, es genüge schon, ihre vermeintlich »bessere« Position und Haltung auf gemeinsamen Podien oder im Internet diskursiv der »Neuen Rechten« entgegen zu stellen, überzeuge die andere Seite schon vom Guten und Schönen, ist nicht einmal mehr naiv, sondern nur noch fahrlässig. Vor zwei, drei Jahren hieß diese Strategie »Mit Rechten reden«. Ihre Wirkungslosigkeit – vielmehr: ihre Wirkung ins Gegenteil – ist inzwischen ausreichend belegt. Statt die radikale Rechte zu schwächen, stärkt jede Einladung auf ein Podium, jede öffentliche Debatte mit Demokrat*innen, jede Erweiterung ihrer Reichweite und jeder Versuch, sie im Diskurs mit ihren hervorgehobenen Vertreter*innen zu stellen, ihre Positionen. Die Bücher aus ihren Kleinstverlagen erhalten so unverdiente Bekanntheit. Ihre randständigen Thesen finden Eingang in die Debatten und die Videos mit ihren völkischen und antidemokratischen Autor*innen werden im Internet vielfach geteilt. So funktioniert die Arbeit der »Neuen Rechten« im vorpolitischen Raum, so funktioniert der Kampf um Hegemonie in den Schützengräben der Zivilgesellschaft.

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Patrick Bahners ist eine »Edelfeder« des konservativen Feuilletons. Der Kulturredakteur der großbürgerlichen, konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) war 2011 mit seinem Buch »Die Panikmacher. Die deutsche Angst vor dem Islam« auch einer breiteren Öffentlichkeit aufgefallen. In dieser Streitschrift positionierte er sich gegen islamfeindliche Einstellungen und provozierte damit die radikale Rechte. Über sich selbst schreibt er, er sei Antifaschist und sein »Interesse an den Gedanken der heutigen Neofaschisten« gelte »ausschließlich der Vereitelung ihrer Projekte«. Dennoch verlinkte er am 26. Januar 2021 auf seinem Twitter-Account einen Artikel von Ellen Kositza von der Website der neu-rechten Zeitschrift »Sezession« über den neuen Roman »Krass« des in der Rechten beliebten Autoren Martin Mosebach. Bahners kommentierte, ihr Text sei »eine kluge und gehaltvolle Besprechung«. Kositza, das weiß auch Bahners, ist nicht irgendwer. Sie ist neben Götz Kubitschek die zentrale Akteurin des neu-rechten »Instituts für Staatspolitik«, eine überzeugte Ideologin. Ihre Positionierung hat Gewicht.
Gegen die zahlreiche Kritik auf Twitter verteidigte sich Bahners und wertete das Blatt zu einem legitimen Teil der öffentlichen Debatte auf: »Es finden dort rechtsintellektuelle Debatten statt wie linksintellektuelle Debatten in linksintellektuellen Zeitschriften.« Und er ging noch weiter bei seiner Verteidigung der Zeitschrift »Sezession«: »Meine Meinung: Lass sie ruhig ihre Reichweite haben, ihre Argumente unter die Leute bringen. Dann wird man sehen, wen sie überzeugen.« Zwar kritisierte er auch in dieser Debatte wiederholt die Inhalte und die politische Ausrichtung von Autorin, Institut und Zeitschrift, verteidigte aber immer wieder die Präsenz letztlich faschistischer Positionen in der Gesellschaft. So bezeichnete er das »Aussperren« rechter Verlage von den Buchmessen und das »Verbannen« rechter Bücher aus Buchhandlungen als »illiberale Mittel«, mit denen »nichts zu gewinnen« sei. Die Strategie der »Neuen Rechten«, wie sie die Festungen und Kasematten der Gesellschaft erobern will, hat er nicht verstanden. Allen Ernstes fragte er: »Warum sollen Extremisten nicht Interessantes zu Büchern sagen können?«


Neu ist das alles nicht. Immer wieder fanden Autor*innen der »Neuen Rechte« und ihre Thesen bereitwillig Platz auf den Seiten der FAZ, immer wieder wurden ihre Bücher positiv besprochen. Immer wieder mäandern Mitarbeiter – es sind eigentlich immer Männer – des Blattes zwischen den politischen und publizistischen Milieus von Neoliberalen, Konservativen und der »Neuen Rechten«, zum Beispiel der frühere Leiter des Ressorts Geisteswissenschaften der FAZ Lorenz Jäger, der aktuell in dem neu-rechten Coffeetable-Magazin »Cato« publiziert, oder ihr London-Korrespondent Philip Plickert, der selbst in der »Sezession« und der Wochenzeitung »Junge Freiheit« veröffentlichte.
Was bleibt? Fast nichts. Der Reputation von Patrick Bahners hat seine Empfehlung des Textes aus der »Sezession« nicht geschadet, eine kritische Debatte in seiner Zeitung wurde nicht erkennbar. Der Vorgang ist somit nur ein weiterer Baustein bei der Normalisierung der Rechten, nur ein weiterer kleiner Tabu-Bruch, ein weiterer Twitter-Sturm und irgendwann einmal nur eine weitere Fußnote in einer Studie über den scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg der radikalen Rechten. Die »Erosion der Abgrenzung«, vor der Anfang der 1990er Jahre der damalige CDU-Spitzenpolitiker Friedbert Pflüger warnte, schreitet voran. Das antidemokratische und völkische Denken der »Neuen Rechte« sickert in die Debatten und die Politik. Es wäre ein Leichtes, ihr das zu verweigern. Doch es sind Konservative und Bürgerliche, die ihr die politischen Landgewinne in der Gesellschaft erst ermöglichen. Wieder einmal.