»Compact«: Das Geschäft mit der Angst
von Kai Budler
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 196 - Mai | Juni 2022
#Krisengewinnler
Die Pandemie und der Russland-Ukraine-Krieg dienen dem Magazin »Compact« als Vorwand, Verschwörungserzählungen mit Antisemitismus und Rassismus zu verweben.
Das neu-rechte Magazin »Compact«, seine Macher*innen und die dahinterstehende »Compact Magazin GmbH« mit ihrem Geschäftsführer Jürgen Elsässer dürften zu den Gewinner*innen von Corona-Krise und Russland-Ukraine-Krieg gehören. Schon in den Anfangstagen der Pandemie hatte Elsässer die »Querdenken«-Bewegung hofiert und erklärt, dort gebe es keinerlei »Abgrenzung nach rechts«. Vielmehr hätten sich »99 Prozent der Teilnehmenden geistig aus dem System Bundesrepublik verabschiedet«, es sei »ein Volk auf der Straße, das mit diesem System nichts mehr zu tun haben will« und die »Endphase des Regimes« einläute. Damit sieht sich Elsässer offenbar kurz vor dem Ziel, das er bereits 2018 ausgerufen hatte: »Aufgabe der oppositionellen Medien ist es, zum Sturz des Regimes beizutragen und dabei gehen wir Schulter an Schulter.«
Hegemonialer Antisemitismus
Um die »Querdenken«-Bewegung als strategische Partnerin für sich zu gewinnen, erschien zwischen Januar 2020 und Dezember 2021 jede zweite Ausgabe des gedruckten Monatsmagazins mit einem Titelbild zum Thema Corona. Fast schon monothematisch ist die Pandemie in den Ausgaben enthalten: keine These war zu absurd, um bei »Compact« nicht verarbeitet zu werden. Begleitet wurden die monatlichen Ausgaben von »Spezial«-Heften zu den Themen »Die Querdenker, Liebe und Revolution«, »Corona Lügen« sowie »Corona – was uns der Staat verschweigt«. Mit dem Band »Tage der Freiheit. Reden, Interviews, Fotos« erschien außerdem die achte Ausgabe der »Compact-Edition«, nachdem der vorangegangene Band »Xavier Naidoo: Sein Leben, seine Lieder, seine Wut« behandelte. Der Sänger war seinerzeit als Coronaleugner und »QAnon«-Anhänger aufgetreten und wurde zum prominenten Aushängeschild der »Querdenker*innen«. Zusätzlich bietet »Compact« ein reichhaltiges Angebot an Büchern und anderen Publikationen zum Thema, außerdem treten das Magazin und seine Macher*innen selbst als Akteur*innen der Szene auf, indem sie Plakate und Aufkleber zum Thema produzieren und vertreiben. Für die Kampagne »Impfstreik« kooperierte »Compact« unter anderem mit dem Portal »PI-News« und der extrem rechten Partei »Freie Sachsen«. Flankiert wird diese Aktion vom Onlinemagazin der »Compact GmbH«, das im Sommer 2021 mehr als 600.000 Besuche monatlich verzeichnete – und gespickt ist mit antisemitischen Chiffren und Codes, wie den einschlägigen Verschwörungserzählungen vom »Bevölkerungsaustausch«, den »globalen Eliten« und der »New World Order«, die beim Thema Corona noch zugespitzt wurden. Sie wirkten als Scharnier zu Zielen unterschiedlicher Strömungen der extremen Rechten und der »Querdenken«-Bewegung, konstatiert Jakob Andrae in seiner Analyse »Antisemitismus im Compact-Magazin«, die Anfang 2022 in der »Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung« erschien. Er kommt darin zum Schluss: »Antisemitismus hat im Magazin Compact eine hegemoniale Gültigkeit erlangt, durch die er als Verbindungselement verschiedener Themen und Strategien der Neuen Rechten fungiert.« Und auch der Rassismus zieht sich wie ein roter Faden durch die Berichterstattung. Hatte das Thema Migration bereits die rassistische und islamfeindliche Berichterstattung des Magazins seit 2015 dominiert, wird auch die Corona-Krise mit dem Thema Migration verschränkt: »Weil das alles beherrschende Thema die Pandemie durch das neuartige Coronavirus ist, werden jetzt in dessen Windschatten weitere Fakten für den Bevölkerungsaustausch geschaffen.«
ABO
Das Antifa Magazin
alle zwei Monate
nach Hause
oder ins Büro.
»Compact« zieht in den Krieg
Vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine-Kriegs forcieren Elsässer und Co. erneut Rassismus, indem sie gegen »Wirtschaftsflüchtlinge« hetzen, die im Schatten der ukrainischen Kriegsflüchtlinge nach Deutschland kämen. Darunter angeblich »zahlreiche eingebürgerte Araber und afrikanische Studenten, die beinahe ein Viertel der mehr als 75.000 Ausländer an den Universitäten des Landes stellen«.
Im Krieg gegen die Ukraine steht »Compact« fest an der Seite Putins und warf gleich nach Kriegsbeginn die Sonderausgabe »Feindbild Russland« auf den Markt, um »über die Hintergründe der aktuellen Stimmungsmache« gegen Moskau zu informieren. Dazu gehört eine »Anti-Russen-Hetze«, welche die »Schallmauer zum Rassismus« durchbrochen habe und gegen die Opposition als das »neue Schwarze« hetze. Als Beispiele werden Impfverweigerer*innen, »Querdenker*innen« und aktuell »sogenannte Putinknechte« genannt. Und auch der Geschichtsrevisionismus feiert fröhliche Urständ, wenn Elsässer schreibt: »Das Regime in Berlin befiehlt: Der neue Untermensch ist der alte.« Diese antiwestliche Positionierung ist nicht neu: Bei seinen »Konferenzen« hatte das Magazin in der Vergangenheit mit dem russischen »Institut für Demokratie und Zusammenarbeit« kooperiert. Unter dem Motto »Frieden mit Russland« war beispielsweise 2014 Wladimir Putins enger Vertrauter Wladimir Jakunin aufgetreten, zuvor waren dort schon russische Duma-Abgeordnete zu Gast. Und im Heft taucht immer wieder der neofaschistische Politologe Alexander Dugin als Referenzpunkt auf. In der Reihe »Compact-Edition« trug bereits 2014 der erste Band den Titel »Wladimir Putin: Reden an die Deutschen«. Auch in der aktuellen Krise greift Elsässer das in der extremen Rechten beliebte Narrativ auf, Deutschland sei kein souveräner Staat, dem nach 1945 kein »Friedensvertrag« zugestanden worden sei: »Auf jeden Fall sind wir der Schütze Arsch im westlichen Bündnis, mit uns kann man alles machen«, schreibt er und fordert Neutralität und Blockfreiheit Deutschlands sowie einen Friedensvertrag mit Russland. Das sind die altbekannten Versatzstücke einer antimodernistischen »großen Erzählung«, die »Compact« auch in diesem Feld bedient. Dazu gehören nicht nur der Frieden mit Russland und ein angeblich nicht souveränes Deutschland, sondern ebenfalls die »Lügenpresse« und der Wille, die Macht des »Finanzkapitals« zu brechen, sich aus der Umklammerung der USA zu befreien und das Diktat der politischen Korrektheit zu brechen.
Werbemaschine für Placebos
Ob Elsässer mit dieser Schwerpunktsetzung die Auflage des gedruckten Magazins steigern konnte, lässt sich nicht überprüfen, denn »Compact« beteiligt sich nicht an den Zählmethoden der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW). Doch seine Geschäftemacherei mit der Angst spült auch in anderer Form Geld in die Kassen seines Netzwerks. So bewirbt »Compact« in Onlinebeiträgen auch in teils als redaktionell gekennzeichneten Beiträgen stets Produkte des 2018 eingetragenen Unternehmens »9 Leben« in Magdeburg. Es handelt sich dabei um verschiedene Nahrungsergänzungsmittel für die vermeintliche Stärkung des Immunsystems. Den pflanzlichen Stoff Astaxanthin bewirbt das Magazin gar als ihr »bester Schutz vor Corona und anderen Viren«. Geschäftsführer der Firma ist Kai Homilius, ein alter Bekannter Elsässers und Mitbegründer der »Compact Magazin GmbH«. Zwar schied Homilius 2018 als Gesellschafter aus, doch anschließend war er offenbar noch zwei weitere Jahre im Vorstand vertreten. Unterlagen belegen, dass er schließlich im Juli 2021 Einzelprokura erhielt, um Rechtsgeschäfte der GmbH abzuschließen. Der Brief einer Berliner Notarin bestätigt das. Im Klartext heißt das: Die »Compact Magazin GmbH« bewirbt Produkte der Firma des eigenen Prokuristen – ganz offenbar ein einträgliches Geschäft mit Coronaleugner*innen, der »Querdenken«-Bewegung, Verschwörungsgläubigen und der extremen Rechten.