Am Resonanzraum vorbei
von Frank Metzger
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 172 - Mai / Juni 2018
#Zuerst!
Das Magazin »Zuerst!« will Sprachrohr der »Alternative für Deutschland« sein, doch vom Massenblatt ist es weit entfernt.
»Wer regiert Deutschland wirklich?« titelte die Erstausgabe von »Zuerst! – Deutsches Nachrichtenmagazin« im Januar 2010 und nahm mit dem Nachsatz die eigene verschwörungsideologische Antwort vorweg: »Banker und Politiker, Spekulanten und Strippenzieher«. Im Vorwort betonte der damalige Chefredakteur und ehemalige »Die Welt«-Journalist Günther Deschner, mit dem Bekenntnis von »Verlag und Redaktion ‹Zuerst!› zu den eigenen deutschen Interessen« wolle man sich als rechtes Nachrichtenmagazin gegen »Der Spiegel« und Co. positionieren. Das Blatt erscheint seitdem monatlich als Hochglanzmagazin mit 84 Seiten und wird im freien Verkauf über den Pressegroßhandel sowie im Abo vertrieben. Unregelmäßig erscheinen Sonderhefte. »Zuerst!« schickte sich an, den durch den gesellschaftlichen Rechtsruck größer werdenden Resonanzraum zu bespielen. Von der Erstausgabe sollen 86.000 Exemplare produziert worden sein. Die derzeitige Auflagenhöhe dürfte aber deutlich darunter liegen.
Ideologisches Komplettpaket
Die Agenda zieht sich konsequent durch alle Ressorts und bedient mit teils derbem Ton und plakativer Bildsprache sämtliche extrem rechten Ideologiedimensionen: In rassistischem Duktus warnt das Magazin vor angeblichem »Asylmißbrauch« und »Ausländerkriminalität« sowie vor »Islamisierung« und der »Operation Umvolkung«, wettert heterosexistisch und antifeministisch gegen vermeintlichen »Genderismus«, »Früh-Sexualisierung« und »Homo-Lobby« und beklagt mit antisemitischer Verschwörungsideologie den Einfluss einer konstruierten »Israel-Lobby«. Zentral sind auch revisionistische und revanchistische Darstellungen des Nationalsozialismus und die Relativierung des Neonazismus. Der verurteilte NS-Kriegsverbrecher und bis zu seinem Tode unverbesserliche Nazi, Erich Priebke, wird zu einem »unschuldig in Haft« sitzenden Opfer. Der NSU-Komplex gilt als inszeniertes Komplott der Geheimdienste. Begleitet wird die Berichterstattung mit unvermeidlichen Schlagworten wie »Parteienkartell« und »Lügenpresse«.
Herausgeber der »Zuerst!« ist Dietmar Munier mit seiner Verlagsgruppe »Lesen & Schenken« im schleswig-holsteinischen Martensrade. Munier ist sehr umtriebig und publiziert außerdem die »Deutsche Militärzeitschrift« (DMZ), betreibt mehrere Verlage – darunter der »ARNDT Verlag« – sowie einen Buchversand. In der »Zuerst!« wird stets für diese geworben. Munier hatte das im Januar 1951 gegründete und im November 2009 eingestellte extrem rechte Traditionsblatt »Nation&Europa« (N&E) aufgekauft und den AbonnentInnen-Stamm der »Zuerst!« genutzt. Chefredakteur ist seit März 2011 Manuel Ochsenreiter, der zuvor Autor der »Jungen Freiheit« (JF) und von 2004 bis 2011 Chefredakteur der DMZ war.
Extrem rechtes Sammelbecken
»Zuerst!« ist ähnlich wie die N&E als spektrenübergreifendes Organ der extremen Rechten ausgerichtet – für manche als Sprachrohr, für andere als identitätsstiftende Informationsquelle. Berührungsängste gibt es keine. Burschenschafter und Identitäre kommen genauso zu Wort wie PolitikerInnen deutscher und internationaler Rechtsaußenparteien bis hin zu Neonazis von NPD und »Autonomen Nationalisten«. War die N&E immer auch Vernetzungs- und Debattenmedium, in dem das heterogene Who is Who der extremen Rechten publizierte, sind die meisten der fast ausschließlich männlichen »Zuerst!«-AutorInnen eher unbekannt. Zu den wenigen Ausnahmen gehört der N&E-Mitherausgeber Harald Neubauer, der bis Ende 2014 eine regelmäßige Kolumne hatte. Er war ehemals REP- und NPD-Mitglied sowie Mitbegründer der »Deutschen Liga für Volk und Heimat« (DLVH). Ebenfalls regelmäßiger Kommentator ist der islamfeindliche Autor Manfred Kleine-Hartlage. Auffallend ist die umfangreiche internationale Berichterstattung von Ochsenreiter. Er trifft sich für Interviews und Reportagen unter anderem mit dem extrem rechten Theoretiker Alexander Dugin in Russland und PolitikerInnen von Rechtsaußenparteien in Österreich, Frankreich, Belgien, England oder Ungarn.
Euphorie für die AfD
Die Hoffnung auf eine erfolgreiche Rechtsaußenpartei in Deutschland bestimmte von Beginn an die Berichterstattung. Hofierte die »Zuerst!« anfangs die NPD, dient sie sich nun als Sprachrohr der »Alternative für Deutschland« (AfD) an. Mit deren Wahlerfolgen und der fortschreitenden Radikalisierung wuchs die Begeisterung. In den zentralen Artikeln sind AfD-Positionen stets Bestandteil und in fast jeder Ausgabe finden sich Interviews mit ParteivertreterInnen.
Dennoch ist die von außen wahrnehmbare Rezeption und Relevanz in der extremen Rechten deutlich geringer als von »Compact« oder JF. Website und Facebookauftritt erreichen im Vergleich nur einen Bruchteil an LeserInnen. Auch Internet-TV, regelmäßige LeserInnentreffen und Konferenzen fehlen. Das angestrebte Massenblatt ist »Zuerst!« trotz der intensiven internationalen Vernetzung und Nähe zur AfD bei Weitem nicht. Sie konnte weniger vom Rechtsruck profitieren und fristet ihr Dasein als braunes Nischenblatt.