Szenen einer Radikalisierung

von David Janzen


Magazin "der rechte rand" - Ausgabe 165 - März/April 2017

Vom PEGIDA-Anhänger zum Terrorverdächtigen: Ein 35-Jähriger aus Braunschweig soll zum Netzwerk um den »Druiden« Burghard Bangert gehören.

^ Markus Jäkel als Redner

 

Die Bundesanwaltschaft verdächtigt Markus Jäkel aus Braunschweig, sich an der »Bildung einer terroristischen Vereinigung« beteiligt zu haben. Er soll zur »rechtsextremistischen Vereinigung« um den »Druiden Burgos von Buchonia« alias Karl Burghard Bangert gehören. In einem Interview mit dem NDR-Magazin »Panorama 3« zeigt sich der 35-jährige Braunschweiger recht redselig. Zu den Vorwürfen, die Gruppe habe »Angriffe auf Polizisten, als Repräsentanten des Staates, Asylsuchende und Menschen der jüdischen Glaubensgemeinschaft« geplant, sagt er: »Das ist Quatsch, also die Leute, die ich da überhaupt kenne, die sind alles friedliche Menschen. Die sind natürlich wütend so, weil die halt merken, dass hier Vieles halt in der Politik ziemlich verkehrt läuft (…) Ja, wir haben uns einfach nur ein bisschen ausgetauscht ne, so, also so über was machen wir im Krieg, mit welchen Sachen bevorraten wir uns.«

Gegen »Judenfreunde«
Ganz so friedliebend und harmlos, wie Jäkel es gern darstellen möchte, sind aber weder der rauschebärtige »Druide«, noch dessen AnhängerInnen: Bei einer Razzia am 25. Januar 2017 gegen die Gruppierung wurden auch Waffen und Sprengstoff gefunden. Bangert und Thiemo B. sitzen deshalb seitdem in Untersuchungshaft. Und auch Markus Jäkel ist weder so naiv noch so harmlos, wie er nach außen wirkt. Im russischen Netzwerk »VK.com«, einem Tummelplatz von Neonazis und »Reichsbürgern«, zeigt er ein ganz anderes Gesicht. Unter dem Pseudonym »Else Schlagmichtot« fordert er dort die »Vernichtung« aller »Zionisten«, wettert gegen »Rassenvermischung«, lobt Reden von Adolf Hitler und ruft zur »Solidarität« mit der verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck auf. Auch PEGIDA-AnhängerInnen sind für ihn nur »Judenfreunde«, hinter denen »Strategien der Zionisten« stünden. In einer Diskussion über islamistische Terroranschläge äußert er: »die Terroristen mögen selbst vlt Musels sein – aber wer lenkt sie? Am Ende steht immer ein zionistischer Jude dahinter! Von mir aus können auch alle Musels ausgerottet werden.« Nach den Razzien warnt er: »lasst Euch nicht von Angstpolitik unterkriegen! Haltet fest zusammen und bringt Eure Sachen in Sicherheit, Festplatten kopieren! Meldet Euch bei mir, wenn Ihr mehr wisst über Burgos und die anderen, die durchsucht wurden!«

Aufmarsch-Redner
Aufgefallen ist Markus Jäkel das erste Mal Anfang 2015 als Teilnehmer der montäglichen »Abendspaziergänge« des PEGIDA-Ablegers »Braunschweig gegen die Islamisierung des Abendlandes« (BRAGIDA). Hier erschien er zunächst als harmloser Mitläufer, der stets mit einer Fahne und einer Tröte in den Farben schwarz-rot-gold mitlief. Doch bald trat er als Redner bei einer Kundgebung der neonazistischen Partei »Die Rechte« und bei PEGIDA Hannover auf, nahm am »Trauermarsch« der Neonazi-Szene in Bad Nenndorf teil und besuchte das RechtsRockfestival »Eichsfeldtag«. In seinen Reden äußerte er, dass er »gar nicht Nazi genug sein« könne, wetterte gegen »Lügenpresse« und »Meinungsdiktatur«, forderte dazu auf, »Listen« mit »Volksverrätern« anzulegen und erklärte, dass er die »sogenannte christliche Kirche am liebsten weltweit enteignen« würde. Zum Schluss einer Rede bei PEGIDA Hannover fordert er: »Unsere korrupte Regierung wird nicht durch Parteien abgeschafft, sondern durch mutige Widerstandskämpfer (…) Es reicht nicht mehr zu klagen, wir müssen kämpfen!« Jäkel gehörte zu den Gründern einer Gruppe, die sich »Hannover in Bewegung« nannte, allerdings nach kurzer Zeit wieder einschlief. Zuletzt beteiligte er sich an Kundgebungen der NPD im Frühjahr 2016 in Stade und Goslar sowie an einem Aufmarsch von Neonazis und rechten Hooligans am 9. April 2016 in Magdeburg. Als am 9. August 2016 bei einer AfD-Wahlkampfveranstaltung auf dem Braunschweiger Schlossplatz Björn Höcke auftrat, war auch Jäkel unter den ZuschauerInnen.

Vernetzt im Netz
Markus Jäkel ist ein Beispiel dafür, wie sich auch durch die Dynamik von Bewegungen wie PEGIDA Personen in kürzester Zeit radikalisiert haben, die zuvor in Zusammenhang mit extrem rechten Aktivitäten oder Gruppierungen nicht auffielen. Eine große Rolle spielt dabei die Vernetzung und der Austausch in Sozialen Netzwerken, deren »Filterblasen« wie ein radikalisierender Verstärker wirken. Während er in den Kreisen der »klassischen« neonazistischen Szene aufgrund seiner von Vielen als eher anstrengend wahrgenommenen Persönlichkeit und Gerüchten über seine sexuelle Orientierung nicht wirklich Fuß fassen konnte, fand er im Netz zuletzt neue Gleichgesinnte. Und hier findet sich unter seinen Kontakten ein virtuelles Netzwerk, das nicht nur die AnhängerInnen des »Druiden Burgos von Buchonia« umfasst, sondern über alle möglichen Spektren, von den »Reichsbürgern« über rechte EsoterikerInnen, SelbstversorgerInnen, ImpfgegnerInnen, AnhängerInnen der Truther-Bewegung, Holocaust-LeugnerInnen, klassische Neonazis, PEGIDA-AnhängerInnen, Putin-Fans bis hin zu OrganisatorInnen der »Montagsmahnwachen für Frieden« reicht. Hier vernetzen und tauschen sich Personen und Gruppierungen aus, die, wie der »Druide« und seine AnhängerInnen, schnell als »Spinner« abgetan werden und deren zunehmende Radikalisierung und Gefährlichkeit deshalb bisher kaum wahrgenommen wurde.