Zwiespalt

von Andreas Speit
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 183 - März / April 2020 - online only

#Hamburg …
An der Elbe wird im Milieu der AfD über eine Parteispaltung diskutiert.

In der vergangenen Woche hinterfragte der ehemalige Hamburger AfD-Bürgerschaftsfraktions- und Landesparteivorsitzende, Jörn Kruse, nicht bloß den Beschluss des Bundesvorstandes zur Auflösung des »Flügels«. Dem Bundesvorstand um Jörg Meuthen hielt er auch vor, einer »Selbsttäuschung« zu unterliegen.

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Jörg Kruse © Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Mittlerweile überlegt Meuthen, ob eine Trennung von den Höckes die Wähler*innengunst in Ost und West erhöhen könnte. Mit der Aussage ist er nahe an Kruses Vorhaltungen und Überlegungen.

Eine Täuschung der Öffentlichkeit
Bereits vor knapp zwei Jahren hatte der ehemalige Wirtschaftsprofessor Kruse, seine Parteiämter niedergelegt, weil die Partei immer weiter nach rechts außen abrutschte. Von dem aktuellen Beschluss hält er »absolut gar nichts«. Denn auch wenn der Name »Flügel« nicht mehr verwendet werde, seien die Höcke-Fans weiterhin Mitglieder und setzten die Anweisungen von Höcke und Kalbitz weiter um, die AfD insgesamt zu einer rechtsradikalen Partei zu machen.

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Im Umfeld der AfD ist Kruse nicht der Einzige, der warnte, dass der Höcke-Kurs zu einer Beobachtung der Partei durch den Bundesverfassungsschutz führen könnte. Diese Warnungen erfolgten aus der Sorge heraus, dass der große Traum des Milieus wieder scheitern könnte, rechts von der Union aus CDU und CSU mit der AfD endlich eine Partei etablieren zu können. In der rechten Wochenzeitung »Junge Freiheit« (JF) prognostizierte der neurechte Theoretiker Karlheinz Weißmann bereits im September 2018,  die Mehrzahl der AfD-Mitglieder fürchteten die Beobachtung  und zögen sich zurück: Die »Partei verliert dann ihre Unterstützer aus dem öffentlichen Dienst, weiter die größeren und kleineren Unternehmer, die den Weggang von Kunden zu fürchten haben.« Sie räumten das Feld für »diejenigen, die schon immer etwas gegen Abgrenzeritis hatten, die Hardliner aus Überzeugung wie die Randexistenzen, die nichts zu verlieren haben«, so Weißmann

Der aktuelle Vorsitzende der Hamburger AfD-Fraktion, Alexander Wolf, machte jüngst erstmals Höcke persönlich für eine drohende Beobachtung verantwortlich. »Björn Höcke ist der König der Eigentore«, sagte Wolf dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Allzu viele Äußerungen von ihm haben der Partei in den vergangenen Jahren geschadet – und machen die Partei für viele im Westen unwählbar.« Wolf kritisierte es als perfide, dass ausgerechnet Höcke Einheit in der Partei einfordere, obwohl er doch »laufend innerparteiliche Kontrahenten diffamiert, als ‘Feindzeugen’‚ ‘Bettnässer’, ‘Halbe’ und sie ‘ausschwitzen’ will«. Wolfs Höcke-Kritik dürfte in Hamburg nicht allen Mitgliedern gefallen, denn hier hat Höcke ebenfalls einflussreiche Fans. Und wäre der »Flügel« in Hamburg so unerwünscht wie Wolf es darstellt, hätte der Landesverband längst handeln können. Das jedenfalls sagt Felix Krebs vom Hamburger »Bündnis gegen Rechts«. Denn der Bezirksverband Mitte unter Führung von Nicole Jordan ist fest in der Hand einer »Flügel«-Anhängerin. Und bisher hat Wolf nichts unternommen, er weiß, dass er die Stimmen der Höcke-Fans braucht. Auf seiner Facebook-¬Seite führt er den »Flügel« unter »gefällt mir« an. Er selbst ist Alter Herr der extrem rechten Burschenschaft Danubia in München, gab als Student ein Liederbuch mit der Hymne der »Hitler Jugend« heraus. Und er war Mitglied der Republikaner.

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Die Partei verließ Wolf, als der erste Landesverfassungsschutz begann, die extrem rechte Partei zu beobachten. Die bundesweite Beobachtung schließlich führte mit zum Niedergang der Republikaner.

In der AfD laufe längst eine Austrittswelle, sagt Kruse. Er glaubt ebenso, dass » nach einiger Zeit nur noch die Höckes und diejenigen übrig bleiben, die von der Politik leben« wollten. Der richtige Schritt wäre, so Kruse, ein »Parteiausschluss aller ‚Flügel‘-Mitglieder«. Der aber würde scheitern, »weil allzu viele Schiedsgerichte selbst mit Rechten und Rechtsradikalen besetzt sind«. Kruses Fazit: eine Spaltung der AfD durch die „Moderateren“, die dann in eine Neuparteigründung führen müsste.