Kinder, Kampf und Kräuterkunde

von Frida Westrick

Magazin »der rechte rand« Ausgabe 180 - September / Oktober 2019

#Nazifrauen

Die regelmäßig erscheinende Netz-Kolumne »Die Weggefährtin« gibt Aufschluss über das angestrebte Familienbild und die Rolle der Frau innerhalb der Partei »Der III. Weg«.

Antifa Magazin der rechte rand
»Unser Erfolg misst sich biologisch darin, wie viele Kinder wir zu gesunden und erfolgreichen Erwachsenen erziehen.« © Kai Budler

Im »Zehn-Punkte-Programm« der Partei »Der III. Weg« steht die Forderung »Deutsche Kinder braucht das Land« auf Platz drei. »Die Familie – bestehend aus Mann, Frau und Kindern – ist die Keimzelle des Volkes«, heißt es dort. Heimatverbundene Politik sei Familienpolitik, kinderreiche Familien und Mutterschaft als Beruf seien zu fördern, um den »drohenden Volkstod« abzuwenden. Die Rolle der Frau ist programmatisch zunächst auf die Rolle der Mutter beschränkt. Im Frauenblog »Die Weggefährtin« kommen dagegen Aktivist*innen zu Wort, die »von Frau zu Frau« ihr »Wirken und Sein innerhalb der Partei ergänzend« darstellen. Viele der Beiträge drehen sich dann auch um die Mutterschaft im weitesten Sinne, mitunter mit klarem NS-Bezug – so werden »Bekenntnisse zur Familie« aus den »Huttenbriefen« zitiert, einer Publikation des extrem rechten »Freundeskreises Ulrich von Hutten«, der den eng an der nationalsozialistischen Ideologie orientierten und auflagenstärksten Erziehungsratgeber der NS-Zeit »Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind« rehabilitiert und die Rolle der Frau innerhalb der Familie mit rassistisch-biologistischen Herleitungen erklärt. »Die Hand, die die Wiege führt, führt das Weltgeschick«, frei zitiert nach William Ross Wallace, ist hier das Leitmotiv. Eine vorgebliche Aktivistin schreibt: »Politische Aktivität beinhaltet bei mir klassische Erziehung der Kinder unter Einfluss von alten Bräuchen und Werten, sowie gemeinsame politische Aktivitäten und Unternehmungen mit Gleichgesinnten.«

»Folgen der Umerziehung«
»Unser Erfolg misst sich biologisch darin, wie viele Kinder wir zu gesunden und erfolgreichen Erwachsenen erziehen«, schreibt eine der Verfasserinnen an anderer Stelle. Dieser Erfolg scheint durch »eine nicht enden wollende Überfremdung, kulturmarxistische Propaganda (…), die herangezogene liberalistische Ellenbogengesellschaft« oder die »Aufwertung sexueller Randgruppen wie Homosexuellen« gefährdet. Liberale Abtreibungsgesetze, »Genderwahnsinn«, Berufstätigkeit von Frauen und gewollte Kinderlosigkeit sind einige der beschriebenen Schreckgespenster und »Folgen der Umerziehung nach 1945«. Bis dahin seien einige bedeutende Errungenschaften für Frauen wie Bildungsmöglichkeiten oder das Wahlrecht erreicht worden, später hätte erst der »American Way of Life« die Frau zum Sexobjekt und »Heimchen am Herd« degradiert und nach 1968 finde man sich in der »bitteren Realität von einem entarteten Propagandafeldzug des linksliberalen Feminismus« wieder. Dieser sei lediglich der »verlängerte Arm des kapitalistischen Ausbeuter- und Sklavensystems«, der »bis zum Kopf in einem Sumpf von Materialismus, lebensfremden Ideologien und politischer Korrektheit« feststecke – obwohl der Feminismus an sich nicht »verdammenswert« sei. Und so kritisieren einige Beiträge auch die Männer innerhalb der Bewegung. Es sei an der Zeit, sich aus »nationaler Sicht mit dem Feminismus auf der einen, aber auch mit dem herrschenden Rollenverständnis von Mann und Frau innerhalb der eigenen Strukturen bzw. Weltsicht auseinanderzusetzen«. Nach Auffassung der Autor*innen nähmen Frauen viel zu selten die Rolle des »politischen Soldaten« ein und seien insgesamt unterrepräsentiert.

Kritik an den »Kameraden«
Aufgrund ihres »Naturells« sei dies auch erst einmal verständlich: Die Frau besitze ein anderes Wesen, habe andere Neigungen und Fähigkeiten als der zum »rebellischen Wesen« neigende Mann, dem der »Straßenkampf«, das aggressive Reden und die körperlich anstrengende Aktivität mehr liege. Das Missverhältnis sei aber auch dadurch verursacht, dass die Männer genau darauf den politischen Kampf reduzierten. Dadurch entstehe ein Art Zerrbild, vermutet die Autorin, »(u)nd so verwundert es nicht, dass viele Frauen einen großen Bogen um nationale Kreise ziehen, obwohl sie sich selbst als ‹politisch rechts› (…) verorten würden. Nicht nur der nach außen getragene Chauvinismus gegenüber anderen Völkern, die uns oftmals bis zum Blute nahe stehen, sondern auch der noch immer verbreitete Sexismus ist bei bestimmten Teilen der nationalen Strömung an der Tagesordnung«. Engagierte Frauen würden sich deshalb »meist in antifaschistischen, antideutschen bzw. sogenannten demokratischen Organisationen« eher wiederfinden, weil diese sie auf einer »fürsorglichen, empathisch-sozialen Art« ansprächen und mit entsprechenden Themen politisieren würden. Auch die Partnerwahl der »Kameraden« ist der nationalen Sache scheinbar nicht zuträglich: »Entweder die Frau soll ein sexualisiertes Objekt darstellen oder aber ein stummes und dem Hintergrund zugewandtes Weibchen, welches sich um Haus und Kinder kümmert, aber sich ansonsten von politischen und gesellschaftlichen Alltagsthemen fernhält. Viele möchten die politische Arbeit auch nicht mit nach Hause nehmen; und so sucht man sich eben ‹unpolitische› Damen oder solche, die mit ihrer Rolle als stiller Beobachter zufrieden sind.« Die fehlende Präsenz der Frauen in der Bewegung sei problematisch, »weil politische Belange eben nicht nur für ein Geschlecht relevant sein sollten, sondern nur in der Gesamtheit zu Ergebnissen führen können, die für das ganze Volk von Vorteil sind«.

»Drei Säulen«
Männer wie Frauen sollten daher »nach einer ganzheitlich gelebten politischen Ausrichtung« streben, denn der parteipolitische Kampf bestehe aus drei Säulen: »Kampf um die Gemeinschaft«, »Kampf um die Kultur« und die des »Politischen Kampfes«, in denen Mann und Frau in »geschlechtlich differenzierter Arbeitsteilung aufgrund unterschiedlich ausgeprägter Fähigkeiten« die »Bewegung einen großen Schritt voranbringen«. Das angestrebte Verhältnis zwischen Mann und Frau sollte nach Ansicht der Verfasserin »auf Augen­höhe« stattfinden und die Frauen sollten sich aktiv einbringen. »Ob in verstehender Ebenbürtigkeit, in tatkräftiger Kameradschaft oder als verpflichtendes Vorbild. Immer in einer weiblichen Ruhe und zielstrebigen Gewissheit für das Erbe unserer Kinder einzutreten.« Jede nach ihren Fähigkeiten: »Sei es als umsorgende Mutter für Familie und Heim, als Schreiberin für unsere Netzseite, als Näherin für unsere Fahnen, als Umweltschutzstreiterin oder Aktivistin auf der Straße und am Infostand. Wir zeigen überall, dass in unserer Brust ein treues Herz in Liebe zu unserer Heimat schlägt – in all unseren Facetten.« In den schwülstig geschriebenen und romantisch-naturverbunden bebilderten Beiträgen wird klar, wie der den weiblichen Neigungen entsprechende Beitrag zur nationalen Sache aussehen kann. So wird neoheidnisches Liedgut eingesungen, werden Kräuterwanderungen gemacht und Äpfel entsaftet, ein Selbstversorger-Stand, unter anderem mit eigens eingekochter Marmelade, gehäkelten Kindermützen und Eierbechern, auf dem Festival »Jugend im Sturm« aufgebaut, Flyer auf der Demonstration in Chemnitz verteilt, Kinder geschminkt oder Blumen und Kerzen an Mahnmalen für Gefallene aus dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg niedergelegt. Die Forderungen nach einer Mütterrente oder höherem Kindergeld sind anschlussfähig und auch einige Kameraden dürften gemerkt haben, dass die Präsenz von Frauen in den eigenen Reihen der Verankerung in der Gesellschaft und dem eigenen Image zuträglich sein kann. In der allgemeinen Außendarstellung der Partei spielen Frauen trotzdem meistens eine untergeordnete Rolle, sei es bei der Wahrnehmung politischer Ämter, Aufmärschen oder öffentlichkeitswirksamen Aktionen.

ABO
Das Antifa Magazin

alle zwei Monate
nach Hause
oder ins Büro.

»Nationalen Feminismus« gibt es nicht
In der jüngeren Vergangenheit gab es immer wieder Versuche, das Frauenbild innerhalb der extremen Rechten zu »modernisieren« und Frauen innerhalb der Bewegung versuchten, über die Mutterrolle hinaus politisch mitzureden und mitzugestalten. Der »Ring Nationaler Frauen« sei hier als Beispiel genannt oder der »Mädelring Thüringen«, eine Frauenkameradschaft, die 2006 Thesen zum »Nationalen Feminismus« zur Diskussion gestellt hatte. Auch einige Frauen der »Kameradschaft« »Fränkische Aktionsfront«, die sich unter dem Namen »Frauen in der FAF« formierten, strebten ein Ideal als »moderne, anständige, revolutionäre, selbstbewusste, nationale, deutsche Frau« an und benannten gar Probleme wie Gewalt in der Beziehung, die sonst in der extrem rechten Szene gerne als nicht-deutsches Problem externalisiert wird. An einem theoretischen Unterbau hatte sich 1987 schon Sigrid Hunke versucht, die altgermanische Mythen zu Hilfe nahm, um einen völkischen Feminismus zu konstruieren. Insgesamt waren diese Ansätze nie erfolgreich und nicht hilfreich in dem Sinne, dass sie zur Gleichstellung von Frauen und zu ausgeglichenen Geschlechterverhältnissen führten. Weil es eben nicht geht. Die Forscherin Anja Götz untersuchte 2015 verschiedene extrem rechte Frauengruppen, um herauszufinden, ob es einen »rechtsextremen Feminismus« in Deutschland gebe – sie kam zu dem Schluss: »Einzelne feministische Aspekte werden übernommen, umgeformt und der eigenen Ideologie angepasst. Dort, wo eine starre Zweiteilung der Geschlechter (Volksgemeinschaft) gespickt mit nationalistischen Gedanken existiert und die eigene »Rasse« als bewusst höherwertig gegenüber anderen Völkern angesehen wird, kann nie ein Feminismus existieren.« Eine emanzipierte Frauenrolle innerhalb der extremen Rechten kann nicht existieren und die Aktivistinnen der Partei »Der III. Weg« fordern sie auch gar nicht ein. Das damit angebotene Frauenbild dürfte an sich für die meisten Frauen nicht ansprechend sein und vermutlich verkennen die Verfasserinnen auch, dass es an ihrem geschlossen extrem rechten Weltbild liegen dürfte, dass potenzielle Mitstreiterinnen fernbleiben. »Die Weggefährtin« zeigt jedenfalls eindeutig, dass die in der Bewegung aktiven Frauen ihren Kameraden in Sachen NS-Verherrlichung, faschistischer Ideologie und völkisch-nationalistischen Bestrebungen in nichts nachstehen.