Antifeminismus ist keine Männersache

von Tanja Gäbelein
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017

Die »Alternative für Deutschland« ist antifeministisch. Sie fordert weitreichende Verschärfungen der gesetzlichen Regelung zum Schwangerschaftsabbruch und ein Ende gleichstellungspolitischer Maßnahmen. Zugleich aber stehen mit Frauke Petry und Alice Weidel starke Frauen an ihrer Spitze. Ein Widerspruch?

 

Die»Alternative für Deutschland« (AfD) propagiert ein christlich-konservatives und völkisches Geschlechter- und Familienbild, das immer wieder auch nationalliberalen Interessen zugute kommt. So verteidigt die Partei vehement ihre Perspektive auf Geschlecht als ausschließlich biologisch und binär. Transpersonen werden gemeinsam mit homosexuellen Personen als »laute Minderheit« abgestempelt, Gender Studies und Sexualpädagogik der Vielfalt sollen abgeschafft werden. Die Infragestellung von Geschlecht bezeichnet die Partei gar als verfassungsfeindlich. Denn mit der Propagierung eines vermeintlich natürlichen Geschlechts gehen für die AfD auch Heterosexualität sowie klar definierte Geschlechterrollen in einer bürgerlichen Kleinfamilie einher, die es zu erhalten und zu fördern gelte. Das Geschlecht wird zum sozialen Platzanweiser. So findet sich beispielsweise der Einwurf, »die Wirtschaft« schätze Frauen nur als Arbeitskraft – die AfD hingegen erkenne den gesellschaftlichen Stellenwert mütterlicher Erziehung und häuslicher Pflege an. Diese Argumentation wirkt zunächst wie eine (dringend notwendige) Anerkennung von Care-Arbeit, die nach wie vor überwiegend von Frauen und zusätzlich zur Lohnarbeit geleistet wird. Tatsächlich aber zeigt sich hierin zum einen das christlich-konservative und völkische Ideal einer geschlechtlichen Arbeitsteilung in der bürgerlichen Kleinfamilie, bei der die Frau für Haus und Kinder, der Mann für Geld und Politik zuständig ist. Die Bestärkung und Förderung dieser Aufteilung geht zum anderen einher mit den marktwirtschaftlichen Interessen an einem (Wieder-)Ausbau der unbezahlten weiblichen Reproduktionsarbeit, die in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend von einem freilich unter-, aber dennoch bezahlten Care-Sektor übernommen wird. In diesem Sinne ist auch die Forderung nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verstehen. Die weibliche Lohnarbeit wird geschätzt – solange sie nicht zu Lasten der unbezahlten Care-Arbeit geht, die Aufgabenverteilung in der bürgerlichen Kleinfamilie nicht in Frage stellt und ohne gleichstellungspolitische Maßnahmen auskommt. Diese nämlich empfindet die AfD als »ungerecht« und »leistungsfeindlich«.

Familienförderung als Bevölkerungspolitik
Die Naturalisierung von Geschlecht und die Verteidigung der bürgerlichen Kleinfamilie ist für die AfD jedoch aus einem weiteren Grund essenziell – sie sorgt sich um den Fortbestand des deutschen Volkes. So beklagt die Partei sinkende Geburtenraten bei »einheimischen« (d.h. weißen deutschen), akademischen Frauen und eine steigende Einwanderung aus muslimisch geprägten Ländern. Diese Entwicklung verstärke den »ethnisch-kulturellen Wandel« und werde zu einem Zusammenbruch der Sozialsysteme führen. Um diesem »Trend zur Selbstabschaffung« entgegenzuwirken, brauche Deutschland »einen Paradigmenwechsel hin zu einer nationalen Bevölkerungspolitik«, die »langfristig eine stabilere Bevölkerungsstruktur« herbeiführen solle. In klarer Anlehnung an Thilo Sarrazins eugenische Thesen geht es der AfD somit um eine vor allem qualitative Beeinflussung der Bevölkerung. Die »Richtigen«, also weiße akademische und mittelständische Personen, sollen mehr Kinder bekommen,