Rechte Goldgräber

von Lucius Teidelbaum
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 152 - Januar / Februar 2015

In Krisenzeiten entwickelt die politische Rechte eine innige Beziehung zu Edelmetallen. Wer durch die einschlägigen Magazine und Zeitungen blättert, stößt immer wieder auf Anzeigen, die für den Kauf von Gold und Silber werben. Auch dass die »Alternative für Deutschland« ihr Budget durch den Verkauf von Goldmünzen aufbessert, ist kein Zufall.

Die in Teilen der EU anhaltende Banken- und Wirtschaftskrise sorgt in der deutschen Mittelschicht für gesteigerte Besitzstandsängste und einen daraus resultierenden Wohlstands-Chauvinismus. Ein so genannter »Banken-Sozialismus« könnte das Privateigentum gefährden oder eine Inflation in der Krise die Ersparnisse auffressen, so die Befürchtungen. Der rechtskonservative Wirtschafts-Professor Wilhelm Hankel (1929-2014) schrieb beispielsweise am 15. Oktober 2011 für die neurechte Zeitung »Junge Freiheit« (JF) zum Thema »Euro und EU: Schulden, Inflation, Armut – die Zukunft der Deutschen?« Als Rettung vor dem an die Wand geworfenen Katastrophenszenario raten die FinanzapokalyptikerInnen zum Erwerb von »festen Werten«, unter anderem Edelmetallen, und verdienen dabei selber mit.

Win-Win-Situation
Die »Degussa Goldhandel« verkauft seit 2010 Edelmetalle in nahezu allen Formen, ihre Produkte bewirbt sie mit dem eigenen »Marktreport«. Darin veröffentlicht Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit seine Analysen. Der 47-Jährige ist Honorarprofessor für Volkswirtschaft an der Universität Bayreuth und Präsident des »Mises-Institut«, benannt nach Ludwig von Mises, einem Vordenker der marktradikalen »Österreichischen Schule«. Diese wirtschaftliche Linie vertritt er auch in seinen zahlreichen Veröffentlichungen; gerne auch in der neurechten JF oder der konservativ-libertären Zeitschrift »eigentümlich frei« (ef), wobei er nebenbei den Erwerb von Gold empfiehlt.
Andere schalten gleich Anzeigen, in denen für den Goldhandel geworben wird. Beispielsweise »Martin Schmidt Edelmetalle« aus Gießen, der »Taurus-Edelmetall-Shop« oder die »Goldseiten«. Bei den »Goldseiten« taucht im Impressum der rechtsesoterische Verlag »Osiris-Buchversand« mit Sitz im niederbayerischen Schönberg als Kooperationspartner auf.
Auch beim rechten, verschwörungstheoretischen und esoterischen »Kopp-Verlag« mit Sitz im schwäbischen Rottenburg gibt es den goldenen Schwerpunkt. Die Autorin Niki Vogt gilt als Goldexpertin ebenso wie der Publizist Bruno Bandulet aus Bad Kissingen. Sein News-­­?Bulletin »DeutschlandBrief« erscheint seit 2009 in der »eigentümlich frei«. Das mittlerweile seit 1979 erscheinende Periodikum »Gold & Money Intelligence« gibt es seit 2011 im »Kopp-Verlag«. Ebenso seine Bücher »Vom Goldstandard zum Euro – Eine deutsche Geldgeschichte« (2012) und »Das geheime Wissen der Goldanleger« (2007). Der letztgenannte Buchtitel war auch Namensgeber für einen Kongress am 4. Oktober 2014 in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart. »Das geheime Wissen« hat auch seinen Preis, Eintrittskarten kosteten 99 Euro pro Stück. Unter den Referenten waren Peter Boehringer (Vorstand der »Deutschen Edelmetallgesellschaft«, Berater und Partner des »Bunds der Steuerzahler«, Initiator von »Stop ESM« und von »Holt unser Gold heim!«) und eben auch Bandulet. Die Moderation übernahm Ralf Flierl, der selbsternannte Goldexperte und Chefredakteur des Börsenmagazins »Smart Investor«. Flierls Magazin annonciert regelmäßig im rechtspopulistischen »COMPACT-Magazin« von Jürgen Elsässer. Beide verbindet anscheinend mehr als eine schnöde Geschäftsbeziehung. Flierl begleitete im April 2012 eine von Elsässer angeführte Solidaritäts-Delegation zum damaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad. Auch die »Internationale Edelmetall- & Rohstoff-Messe«, die am 7. und 8. November 2014 in der Münchner Olympiahalle stattfand, arbeitet mit Rechten zusammen. Als »Medienpartner« werden sowohl der »Kopp Verlag« als auch die Zeitschrift »eigentümlich frei« und deren Verlag »Lichtschlag Medien u. Werbung KG« genannt.
Trotz der Fixierung auf Edelmetalle – besonders auf Gold – sind sich die diversen ExpertInnen nicht einig darin, wie sie der kommenden Krise begegnen sollen. Die Debatten-Seite »Forum« der JF vom 28. November 2014 stand unter der Überschrift »Gold als Wertanlage«. Dafür argumentierte Walter K. Eichelburg unter der Überschrift »Rettungsboot und sicherer Hafen«, Gold sei »das Mittel der Wahl, um sein Vermögen sicher über die Krise des Euro sowie die absehbar kommende Weltwirtschaftskrise zu retten«. Eichelburg prophezeit den Untergang des »Papiergeldsystems«: »An einem bestimmten Tag wird alles Papier crashen und die Preise von Gold und Silber explodieren.« Eichelburg resümiert: »Diejenigen, die dann das Gold haben, haben alles.«
Thorsten Polleit dagegen rät in seinem Beitrag mit dem Titel »Gute Unternehmen gut einkaufen« auch »in Produktivkapital zu investieren«. Vom Gold mag er sich aber nicht trennen, denn das Edelmetall sei die »wirksamste Impfung gegen Totalverlust, der im ungedeckten Papiergeldsystem drohen kann«.

Das Goldgeschäft der AfD
Breite mediale Resonanz fand im Oktober 2014 die Ankündigung der »Alternative für Deutschland« (AfD), in den Goldhandel einzusteigen. Der Verkauf von Gold als vermeintliche Krisenwährung bedient genau dasselbe Spiel mit den Ängsten im BürgerInnentum, mit dem die AfD erfolgreich Stimmen für sich gewinnen konnte. Beides ist Bestandteil einer bürgerlichen Krisenideologie, die das eigene Hab und Gut durch die »EUdSSR« oder eine »Einwanderung in die Sozialsysteme« bedroht sieht. Diese Ängste werden teilweise bis zum Staatszerfall und zu Bürgerkriegsszenarien gesteigert. Darauf reagierten Teile des BürgerInnentums mit der Wahl der AfD, der Bestellung von Büchern aus dem »Kopp-Verlag« zum Thema »Krisenvorsorge« und eben mit dem Ankauf von Gold als vermeintlich sichere Krisenwährung. Insofern dürfte der Goldshop der AfD kein Zufall sein. So heißt es auch in dem »Gold Spezial« von »Kompakt«, dem »Informationsbrief des Bundesverbandes der Alternative für Deutschland« vom 8. Oktober 2014: »Unser Goldangebot symbolisiert unsere Kritik an der Eurorettungspolitik der Altparteien. Er setzt damit ein politisches Zeichen für ›gutes Geld‹ und ein nachhaltiges und seriöses Währungs- und Wirtschaftssystem. Der Kauf von Gold in verschiedenen Formen, sowohl als Münzen als auch Barren, ist vor diesem Hintergrund auch für viele Bürger ein adäquates Mittel, um auf die Verwerfungen des Eurosystems hinzuweisen.«. Unklar ist, ob der Goldhandel der AfD überhaupt mit dem Gesetz zur Finanzierung der Parteien vereinbar ist, denn die Erlöse aus dem Handel der AfD mit Gold sind Einnahmen im Sinne des Parteiengesetzes und als solche sind sie im Rechenschaftsbericht auszuweisen und erhöhen damit auch die sogenannte »relative Obergrenze« der staatlichen Zuschüsse an die Partei. Durch die Gewinne ihres Goldhandels erhöht die AfD gleichzeitig ihre staatlichen Zuschüsse. Als Bestseller hat sich die ausverkaufte »Gedenkmünze 1 Deutsche Mark« zu 490 Euro entwickelt. Der angesprochenen Klientel scheint es nicht ausschließlich um die Sicherung von Vermögenswerten zu gehen – der verklärende nostalgische Blick zurück scheint genauso wichtig zu sein.
Im Umfeld und bei der AfD finden sich sowohl die VerfechterInnen als auch VerkäuferInnen des Goldes. Der bereits erwähnte Bandulet ist ein Unterstützer der AfD und war bereits bei dem Projekt »Bund freier Bürger« aktiv, das sich der Rettung der D-Mark verschrieben hatte. Einfaches AfD-Mitglied und Edelmetallhändler ist der Dresdner Hans-Holger Malcomeß, früher aktiv bei der rechten Kleinstpartei »Deutsche Soziale Union« (DSU) und der »Wiking-Jugend«. Auf der Homepage seines Gold- und Silber-Verkaufs werden bürgerliche Verlustängste direkt angesprochen: »Gold und Silber werden überall auf der Welt als Zahlungsmittel akzeptiert. Weltweite Finanzkrise, Schuldenexplosion und Papiergeldentwertung entwickeln sich mit zunehmender Geschwindigkeit und bedrohen Vermögen sowie Existenz vieler Menschen und Unternehmen. Immer mehr denken deshalb um und besinnen sich wieder auf traditionelle Werte wie Sicherheit, Verlässlichkeit und Vertrauen, die seit Jahrtausenden in allen Kulturkreisen gleichermaßen vor allem durch Gold und Silber symbolisiert werden.«

Gold als Alternative zum Papiergeld?
Gold soll aber nicht nur zur Sicherung des eigenen Vermögens dienen, auch im staatspolitischen Rahmen soll Gold eine Lösung sein. Der wirtschaftsliberale Teil der extremen Rechten lehnt unter Berufung auf Theoretiker der »Österreichischen Schule der Ökonomie«, wie August Friedrich Hayek, den Sozialstaat ab und macht allein staatliche Interventionen in die Wirtschaft für Krisen verantwortlich. Gegen die vermeintlichen Unsicherheiten des Papiergeldes wird Gold als Alternative gesetzt. Es wird die Wiedereinführung des Gold-Standards gefordert, ein Staat darf nur so viel Geld drucken, wie er in Gold besitzt. Dazu bräuchten die Staats- und Bundesbanken enorme Goldreserven. Deutschlands Goldreserven lagern derzeit zum Teil in den USA. Im nationalistischen Ton forderte deshalb eine Initiative: »Holt unser Gold heim!«
In dem Buch »Freiheit durch Gold?« von Hans J. Bocker wird Gold als »einzig ehrliches Geld, der Schlüssel zur Freiheit« bezeichnet. Papiergeld wird dagegen mit »Hochfinanz« und »Finanzkapital« assoziiert, eine Analyse, die schnell in den regressiven Antikapitalismus führt, der Kapitalismus in einen guten und ehrlichen Teil (Gold) und einen schlechten und »parasitären« Teil (Papiergeld) aufspaltet. Der Querfront-Mann Jürgen Elsässer spricht sogar von einem »Papiergeldimperialismus«. Tatsächlich existierte bis 1933 weltweit ein Gold-Dollar-Standard als internationales Wechselkurssystem. Eine Rückkehr zu diesem System dürfte freilich unmöglich sein.