Im Kampf gegen den »Klimaschwindel«

von Lucius Teidelbaum

Magazin »der rechte rand« Ausgabe 164 - Januar 2017

#Umwelt

Relativ unbemerkt hat sich auch in Deutschland in den letzten Jahren eine Szene herausgebildet, welche den Klimawandel generell oder zumindest dessen menschliche Ursachen in Frage stellt. Mit der »Alternative für Deutschland« haben viele dieser Klimawandel-SkeptikerInnen inzwischen eine parlamentarische Vertretung gefunden.

Magazin der rechte rand

© Mark Mühlhaus / attenzione

Trotz der wissenschaftlichen Aufmachung geht es den SkeptikerInnen weniger um eine wissenschaftliche Kontroverse. Bei genauerem Hinsehen schimmern die ideologischen Gründe durch die präsentierten Fakten hindurch. Denn im Klimaschutz wird ein Angriff auf die (wirtschaftliche) Freiheit, eine Art linke Verschwörung gesehen. Die Ökologie-Bewegung wird dabei als quasi kryptokommunistisch oder gar religiös (»die Pseudoreligion des Klimawandels«) markiert. Dieser »Öko-Fundamentalismus« und »Klimatotalitarismus« (Vera Lengsfeld, CDU) müsse aufgehalten werden, sonst drohe die »grün-sozialistische Weltdiktatur«. Die Energiewende, beziehungsweise das »Erneuerbare-Energien-Gesetz«, wird in diesem Zusammenhang als Form von »Planwirtschaft« und »schädliches Wettbewerbshemmnis« interpretiert. Achim Brunnengräber schreibt in seinem kritischen Aufsatz von 2013 »Klimaskeptiker in Deutschland und ihr Kampf gegen die Energiewende«: »Die Leugnung des Klimawandels ist allerdings nicht mehr zentral. Die Skeptiker fokussieren ihre Kritik stärker auf die politischen Konsequenzen, die als Antwort auf den Klimawandel gezogen werden. Aus Klimaleugnern werden Klimapolitikskeptiker. (…) Die Positionen der Klimaskeptiker werden dadurch hoffähig und finden – auch prominente – Unterstützung.« Brunnengräber konstatiert eine Verschärfung der Auseinandersetzung von Seiten dieser Szene: »Die Klimadebatte wird ideologischer: Der skeptische Klimadiskurs wird zugleich ideologischer in dem Sinne, dass kommunistische, sozialistische oder ökologische AkteurInnen, Bewegungen und Positionen als Gefahr für den global way of life dargestellt werden. Eine Revolution von links, eine Öko-Diktatur soll verhindert werden.«

Das Zentrum liegt in Jena
Wichtigste Institution der deutschen Klimawandel-SkeptikerInnen ist das 2007 gegründete »Europäische Institut für Klima und Energie e. V.«
(EIKE) mit Sitz in Jena. Der auf der Hompage veröffentlichte Leitspruch lautet »Nicht das Klima ist bedroht, sondern unsere Freiheit! Umweltschutz: Ja! Klimaschutz: Nein«. EIKE ist trotz des Namens kein Forschungsinstitut, sondern ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der knapp 100 Mitglieder haben soll. Sein 24-köpfiger Beirat besteht aus verstorbenen und vor allem emeritierte Professoren. Vereinspräsident ist das CDU Mitglied Dr. Holger Thuss aus Jena. Er ist auch ehemaliger stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU-nahen Studentenorganisation »Ring Christlich-Demokratischer Studenten« sowie Landesvorsitzender der »Paneuropa-Union Thüringen« und Autor des konservativ-libertären Magazins »eigentümlich frei« (s. drr Nr. 152). Aktiv ist Thuss ebenfalls bei dem »Committee for a Constructive Tomorrow« (CFACT) Europe, Ableger einer größeren US-Organisation von Klimawandel-SkeptikerInnen, die auf den designierten US-Präsidenten Donald Trump setzen.
CFACT wird in den USA von konservativen Stiftungen und Mineralölkonzernen finanziell unterstützt. EIKE-Vizepräsident ist Michael Limburg. Er ist stellvertretender Vorsitzender des »Bundesfachausschusses Energiepolitik« (BFAE) der »Alternative für Deutschland« (AfD), scheiterte aber im Kampf um den AfD-Listenplatz für die Europawahlen 2014.
Pressesprecher des Fachbeirats des Vereins EIKE ist der emeritierte Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke aus Heidelberg, der in der Vergangenheit nicht nur für die AfD referierte, sondern auch 2014 für die »Bibliothek des Konservatismus« in Berlin. Der Generalsekretär von EIKE, Wolfgang Müller, sitzt im Vorstand des marktradikalen »Berlin Manhattan Instituts«.
Unter der gleichen Postfachadresse wie EIKE bildet der »TvR Medienverlag« eine Art Hausverlag, wobei TvR für die beiden Verlagsgründer Thuss und van Riesen steht. Neben biographischem Allerlei werden dort Bücher zum Thema Klima veröffentlicht. Der Kleinstverlag fiel durch Anzeigen in der »Jungen Freiheit« auf und nahm am »Zwischentag« 2013 in Berlin mit einem eigenen Stand teil. Der Klimawandelskepsis haben sich auch das Halbjahres-Magazin »NovoArgumente« und das rechte Monatsmagazin »eigentümlich frei« verschrieben.

Endlich eine Partei
Die Klimawandel-SkeptikerInnen dockten schon früh an die AfD an. Hier identifizierte die »Tageszeitung« bereits 2013 mindestens 12 der 15 Mitglieder des »Bundesfachausschuss Energiepolitik« der Partei als Klimawandel-SkeptikerInnen. Neben der AfD gibt es durchaus auch einen Draht zu anderen Parteien. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Paul Friedhoff, organisierte für den 16. September 2010 einen parlamentarischen Informationsabend mit dem in der Szene prominenten Fred Singer.

Deutliche Spuren
Bereits in dem dünnen Programm der Partei zur Europawahl 2014 hieß es: »Wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Entwicklung des Klimas aufgrund menschlicher CO2-Emissionen sind sehr unsicherheitsbehaftet.« Am 29. Januar 2014 veröffentlichten sie in Ergänzung dazu bei EIKE ein eigenes »Energiepolitisches Manifest«, im Untertitel »Argumente für die Beendigung der Energiewende«. Im Ton um einiges schärfer hieß es hier unter anderem: »Auch ohne die Diskussion über die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit von CO2 als Treibhausgas gibt es längst mehrere Gründe dafür, dass Deutschland sämtliche teuren Anstrengungen zum sogenannten Klimaschutz einstellen müsste – und zwar wegen erwiesener Bedeutungs- und Nutzlosigkeit.« Zwar ist dieses Manifest kein offi­zielles Schriftstück der Partei, aber der »Inhalt des vorliegenden Papiers ist zum Teil in die Programm-Arbeit der AfD eingeflossen«.
Zusätzlich dazu gelang es den Klima-SkeptikerInnen, in einzelnen Landesverbänden Einfluss auf die Programm-Gestaltung zu nehmen. So hieß es im AfD-Programm zur Landtagswahl in Sachsen 2014: »Die aktuelle Energiepolitik Deutschlands orientiert sich an frei erfundenen und längst widerlegten Klimaprognosen. (…) Das Wetter ändert sich ohne Einfluss des Menschen, die statistische Größe Klima hat überwiegend natürliche Ursachen.« Die Dominanz dieser Gruppe und deren Meinung ist in der AfD aber nicht unumstritten. So heißt es in einem Bericht über ein Treffen der rechtsökologischen »Herbert-Gruhl-Gesellschaft« bezüglich eines Treffens mit AfD-Mitgründer Konrad Adam: »Adam zeichnete das Bild, die Klimaskeptiker, die sich letztlich durchgesetzt hätten, würden willkürlich argumentieren.(…) Eine wesentliche Rolle habe innerparteilich das Eike-Institut gespielt, mit dem viele im betreffenden Ausschuß verbunden seien, das aber kaum anerkannt sei in der Klimaforschung. Führende AfD-Mitglieder seien Mitglied von Eike. Der Tenor, der von hier komme, sei der, dass alles, was nicht auf deren Linie sei, nur ‹dummes Zeug› sein könne.«
Im Unklaren bleibt das genaue Verhältnis von AfD und den Klimawandel-SkeptikerInnen. Ob die Positionen des »Energiepolitischen Manifest« die Mehrheitsmeinung aller AfD-Mitglieder darstellt, bleibt offen. Fest steht, dass VerfasserInnen wie auch die Partei durch die Klimaschutzziele der Bundesregierung die »persönliche und wirtschaftliche Freiheit massiv eingeschränkt« sehen. Der gemeinsame Feind, das »Establishment«, eint. Die AfD-Führung könnte aber auch aus taktischen Gründen gezielt versucht sein, diese Strömung in der Partei zu integrieren. Nicht nur wegen der Wahlstimmen, sondern möglicherweise auch, weil sie auf deren zum Teil beträchtliche finanziellen Ressourcen spekuliert.

Erfolgreiches Jahr für die kleine Szene
Die Klimawandel-Skepsis findet in der Bundesrepublik einen Resonanzraum in Teilen der konservativen und neuen Rechten, bei Markt­radikalen und generell unter VerschwörungsideologInnen. Quasi natürliche BündnispartnerInnen sind zudem VertreterInnen der konventionellen Energie-Industrie. Daneben herrscht mit vielen Initiativen, die sich gegen Windräder engagieren, Einigkeit in der Ablehnung regenerativer Energien und deren Förderung. Immerhin soll es in Deutschland mehr als 200 Bürgerinitiativen gegen Windparks geben. Mag der Kampf gegen die Windräder zum Teil aus tierschützerischen Aspekten auch sinnvoll sein, so lassen sich einige WindradgegnerInnen in ihrem Kampf gegen die »Verspargelung der Landschaft« doch auf verhängnisvolle Allianzen ein. Es kam immer wieder zu gemeinsamen Veranstaltungen einzelner solcher Initiativen mit der AfD, die sogar über eigene Plakatmotive um dieses Klientel buhlt.
2016 war insgesamt ein erfolgreiches Jahr für die Klimawandel-SkeptikerInnen in der Bundesrepublik. Die Szene in Deutschland bleibt weiterhin klein, die Anzahl der wichtigsten ProtagonistInnen ist überschaubar, aber der Zuspruch wächst; besonders im Nahbereich der AfD agitiert sie erfolgreich für sich. Mitte November 2016 fand bereits zum zehnten Mal der Jahreskongress von EIKE statt, diesmal in Berlin. Höhepunkt war dabei eine Live-Schaltung nach Washington D.C., von wo Myron Ebell berichtete, der Klimaberater des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Immerhin ist einer der ihren zum Staatsoberhaupt des mächtigsten Staates dieser Erde gewählt worden. Vor Ort waren die RednerInnen nicht gar so prominent, aber immerhin sprach mit Philipp Lengsfeld (CDU, Sohn von Vera Lengsfeld) ein Bundestagsabgeordneter.