Editorial / Kommentar Ausgabe 172

von der Redaktion des
antifaschistischen Magazins

Magazin "der rechte rand" Ausgabe 172 - Mai 2018

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

nachdem die »Alternative für Deutschland« (AfD) 2016 noch nicht zum Katholikentag eingeladen worden war, änderte sich dies bereits beim evangelischen Kirchentag im vergangenen Jahr in Berlin. Im Mai 2018 nun konnte die AfD beim Katholikentag in Münster an einem Podium über die Positionen der Bundestagsparteien zu »Kirche und Religion in Staat und Gesellschaft« teilnehmen. Gegen diese Entscheidung demonstrierten vor Ort rund 1.000 Menschen vom Bündnis »Keinen Meter den Nazis«. Der Auftritt des AfD-Politikers Volker Münz stieß zwar bei einem Teil des Publikums auf Zustimmung, führte aber auch zu Protesten vor der Bühne. Eine Bühne, die der AfDler nutzte, um unter anderem gegen den Islam zu hetzen und die Kirchen als »politische Vorfeldorganisationen« zu bezeichnen, deren Aufgabe nicht die Politik sei.

Magazin der rechte rand Editorial

© Mark Mühlhaus / attenzione

Widerspruch ernten in den vergangenen Monaten auch die Rechtsausleger der CSU. Auf den ›Kreuzerlass‹ von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hagelte es breite Kritik. Der Wiederholungstäter Alexander Dobrindt, der zu Jahresbeginn im neurechten Duktus von der »Konservativen Revolution« phantasierte und zuletzt medial gegen FlüchtlingshelferInnen mobil machte, wurde von vielen Seiten an die Grund- und Menschenrechte erinnert. Und Bundesinnenminister Horst Seehofer alias »Heimathorst«, dessen notorisch rassistische Hetze dieses Mal Asylsuchende im baden-württembergischen Ellwangen traf, konnte nicht verhindern, dass kritische JournalistInnen die Lügen der Polizei zu einem Einsatz in der dortigen Flüchtlingsunterkunft widerlegten: Es gab keine Bewaffnung, keine Angriffe und keine verletzten Beamten.
So wichtig Gegenrede, öffentliche Kritik und antifaschistische Proteste sind, so offensichtlich ist ihre begrenzte Wirkung, wenn derartige Lügen und Verdrehungen weiter kolportiert werden und auf fruchtbaren Boden fallen.

Als maßgeblich identitätsstiftende Institution – Stichwort ›christliches Abendland‹ – steckt die Katholische Kirche nicht nur in Deutschland in einem Dilemma. Die praktische Umsetzung der Barmherzigkeit und Nächstenliebe wird von der eigenen Klientel in Politik und Regierung bestraft. Im Umgang mit der AfD setzt sich dieser Zwiespalt fort. Etliche in der Partei sehen sich als VerteidigerInnen des wahren Christentums. Ein innerkirchlicher Dialog ist mit Sicherheit nötig – ein Podium für Rechtsaußenparteien aber nicht. Ebenso wie zahlreiche VertreterInnen aus Gesellschaft und Politik verheddert sich auch die Katholische Kirche viel zu oft im ›Propagandanetz‹ der AfD. Als Handreichung dazu verstehen wir unser vorletztes Heft zur »Christlichen Rechten«.

Indes waren die zahlreichen Rückmeldungen von GewerkschafterInnen und Betriebsräten zu unserer März/April-Ausgabe überwältigend und haben gezeigt, wie sensibilisiert viele von ihnen auf Angriffe der AfD reagieren – in Eisenach wurde im April der Neofaschist Björn Höcke vor dem Tor des Opel-Werkes von ArbeiterInnen des Konzerns abgedrängt und nach Hause geschickt, als er eine Kundgebung für den Erhalt der Arbeitsplätze vereinnahmen wollte.

Unser Dank gilt dieses Mal insbesondere dem »antifaschistischen pressearchiv und bildungszentrum berlin e. V.«, mit dem wir die vorliegende Ausgabe von »der rechte rand« in enger Zusammenarbeit konzipiert und erstellt haben.

Eure Redaktion