Rheinland-Pfalz

von Oliver Peters und Josef Müller


Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017

Bei den Kommunalwahlen 2014 erzielte die »Alternative für Deutschland« lediglich 4,2 Prozent. Mit 12,6 Prozent zog sie im März 2016 in den rheinland-pfälzischen Landtag ein. Nun ist der Landesverband um Seriösität bemüht.

Der Austritt von Bernd Lucke im Juli 2015 hatte zum Rückzug des Landesvorsitzenden Uwe Zimmermann und des liberalen Flügels aus der »Alternative für Deutschland« (AfD) in Rheinland-Pfalz geführt. Seitdem steht der ehemalige Bundeswehr-Offizier Uwe Junge (aus Mertloch im Landkreis Mayen-Koblenz) dem Landesverband vor. Ihm ist es relativ erfolgreich gelungen, die verbliebenen Flügel zusammenzuhalten. Junge, der mit seinem gezwirbelten Schnauzbart wie aus dem Kaiserreich entsprungen wirkt, inszeniert sich gerne als Verkörperung preußischer Tugend. Sein Credo: »Moderat in der Sache, hart im Ton.« Im Landtagswahlkampf ließ er sich für eine Reportage des Südwestfunk in Uniform vor seiner ehemaligen Kaserne interviewen. Doch sein Image als Saubermann bröckelt. Im März 2017 hob der Landtag die Immunität des Fraktionsvorsitzenden wegen Ermittlungen der Bundeswehr auf. Junge wird vorgeworfen, als Soldat gegen das politische Mäßigungsgebot verstoßen zu haben, als er Angela Merkel als »Vaterlandsverräterin« bezeichnete. Zudem soll Junge eine homosexuelle Soldatin diskriminiert haben.

Direkte Plan-Demokratie
Spitzenkandidat ist der 27-jährige Sebastian Münzenmaier. Wie Junge verkörpert er den Typus des integren Konsenskandidaten und Saubermanns, und nimmt für sich in Anspruch, alle Parteiflügel zu vertreten. Und ebenso wie Junge war auch er Mitglied in der rechtspopulistischen Partei »Die Freiheit«. Auf Platz zwei wählte der Parteitag Dr. Heiko Wildberg aus Germersheim, der sich als liberal-konservativ bezeichnet. Wildberg war langjähriges Mitglied von »Bündnis 90/Die Grünen« und Mandatsträger in Kandel/Pfalz. Auf Platz drei schaffte es Andreas Bleck. Bleck war Mitglied der »Jungen Union« und des islamfeindlichen Vereins »Bürgerbewegung Pax Europa«, für den er Veranstaltungen organisierte, unter anderem mit dem verurteilten Volksverhetzer Michael Mannheimer. Bleck ist Mitarbeiter des AfD-Landtagsabgeordneten Jan Bollinger und geht den Weg einer klassischen Berufspolitikerkarriere. Dies brachte ihm innerparteiliche Kritik: Die Bundessatzung sieht nämlich eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung außerhalb des Politikbetriebs für MandatsträgerInnen vor.
Auf Listenplatz vier wurde Nicole Höchst aus Speyer gewählt. Die Regierungsschuldirektorin ist Mitglied der Bundesprogrammkommission und dort zuständig für Schul- und Bildungspolitik. Intern steht der Verdacht im Raum, Höchst sollte gezielt von Junge und seinen Vertrauten auf einen aussichtsreichen Listenplatz gehoben werden. Nachdem sie in ihrem Heimatwahlkreis Speyer klar gegen ihren Gegenkandidaten für die Aufstellung zur Bundestagswahl verlor, soll sie laut Informationen der Rhein-Zeitung sowohl im Kreis Germersheim als auch in Mainz – den Wahlkreisen von Münzenmaier und Wildberg – als Direktkandidatin ins Gespräch gebracht worden sein. Nachdem dieser Versuch scheiterte, fand eine dubiose Wahl, geleitet von Andreas Bleck, im Kreis Hochstetten-Daun statt. Der dortige Vorstand gestand ihr in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eine Gastkandidatur zu.

Geschichtsrevisionismus à la Höcke
Auf Listenplatz 5 steht der Historiker Stefan Scheil, der als Publizist und Referent die Kriegsschuld Deutschlands infrage stellt und damit einen gewissen Bekanntheitsgrad in der extremen Rechten erlangt hat. Bereits seit 2009 schreibt Scheil regelmäßig für die »Junge Freiheit« (JF) und veröffentlicht in der neu-rechten Zeitschrift »Sezession«. Der Gründer des »Instituts für Staatspolitik«, Götz Kubitschek, interviewte im Oktober 2014 Scheil, zu diesem Zeitpunkt AfD-Kreistagsabgeordneter des Rhein-Pfalz-Kreises und dortiger Fraktionssprecher, zusammen mit Björn Höcke zur Zukunft und zum politischen Verständnis der AfD. Scheil hält auf diversen Veranstaltungen der extremen Rechten Vorträge, unter anderem auf Treffen des Verlegers Dietmar Munier, dem das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) »seit Jahrzehnten einen festen Platz im rechtsextremistischen Verlagsbereich« zuschreibt. Das BfV führt unter anderem Scheils Thesen in der JF an, um die Beobachtung der Zeitung in den frühen 2000er Jahren zu begründen.

Seriöser Rechtsruck
Auch wenn die Zustimmung für die AfD in Umfragen in Rheinland-Pfalz seit der Landtagswahl zurückgegangen ist, steht der Landesverband relativ stabil da. Grund scheint hierfür die hierarchische Führung Junges zu sein. Zudem ist die Partei darauf bedacht, den Landesverband in der Öffentlichkeit skandalfrei zu halten. Gegenüber Personen, die der Partei Negativ-Schlagzeilen bescheren, geht man mehr oder weniger konsequent auf Distanz: Rainer Wink (parteilos) zog auf der AfD-Liste in den Bad Kreuznacher Stadtrat ein. Nach seinem Einzug in den Stadtrat bekannte er sich als »Reichsbürger« und musste daraufhin den Stadtrat verlassen. Gegen den Mitinitiator des Westerwälder PEGIDA-Ablegers »Bekenntnis zu Deutschland«, Torsten Frank, läuft seit längerem ein Ausschlussverfahren. Ausgang offen. Demgegenüber blieb beispielsweise die Teilnahme an Aktivitäten der »Identitären Bewegung« von Justin Cedric Salka (stellvertretender Kreisvorsitzender im Westerwald) sowie die Mitgliedschaft des Landtagsabgeordneten Joachim Paul und des Mitarbeiters der Landtagsfraktion Alexander Jungbluth in der extrem rechten »Alten Breslauer Burschenschaft der Raczecks zu Bonn«, die im Jahr 2011 die Einführung des sogenannten ‘Arierparagraphen’ als Aufnahmekriterium in ihren Dachverband »Deutsche Burschenschaft« gefordert hatten, ohne öffentliche Thematisierung und damit folgenlos.