»Identitäres« Netzwerk
von Klara Leineweber
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016
Rechts und noch weiter rechts
Hans-Thomas Tillschneider ist Sprecher der »Patriotischen Plattform« (PP) innerhalb der AfD und gehört zu den ErstunterzeichnerInnen der »Erfurter Resolution«, die sich im März 2015 gegen die Begrenzung der »politische[n] Spannbreite der AfD« ausgesprochen hat. Im April 2016 hielt er beim Stammtisch der »Kontrakultur Halle« einen Vortrag zum Thema »Parlament und Straße – gemeinsamer Widerstand?«, später trat er als erster Abgeordneter der AfD bei PEGIDA in Dresden auf und rechtfertigte im Landtag eine Aktion der »Kontrakultur«, bei der der Zugang zu einem Probewahllokal für MigrantInnen zugemauert wurde. Beim »Kyffhäusertreffen« des rechts-außen AfD-Kreises »Der Flügel« Anfang Juni 2016 plädierte Tillschneider für Bündnisse mit »Bürgerbewegungen und Widerstandsgruppen«. Dabei nannte er neben PEGIDA, den Burschenschaften und Gruppen wie »Ein Prozent« auch die IB. Der Schulterschluss zwischen Partei und rechten Bewegungen ist nicht nur ein strategisches Gedankenspiel der AfD-Strömung »Der Flügel«, sondern gängige Praxis.
Ein im Juni 2016 veröffentlichter »Ruf der Vernunft«, in dem ein Netzwerk um die sachsen-anhaltinischen Landtagsabgeordneten Daniel Roi und Robert Farle eine Kritik am Schulterschluss mit der IB formulierten, konterte Tillschneider mit einer strategischen »Umarmung« und unterzeichnete den sogenannten »Ruf der Vernunft«. In einem internen Schreiben bat er bei den »Kameraden« der PP um blindes Vertrauen und versicherte, dass sich an den Zielen und der Ausrichtung nicht das Geringste geändert habe und auch nicht ändern werde.
»Ein Prozent«
Gegründet mit »Unterstützung« von Jürgen Elsässer, dem Chefredakteur des rechten Magazins »Compact«, von Götz Kubitschek vom »Institut für Staatspolitik« und von Hans-Thomas Tillschneider, hat sich die Initiative zum Ziel gesetzt, mithilfe »eines Prozentes« der deutschen Bevölkerung gegen die »Flüchtlingsinvasion« zu kämpfen. Geleitet wird sie von Philip Stein, dem Pressesprecher der »Deutsche Burschenschaft«. Im Rahmen der Landtagswahlen im März 2016 organisierte die Initiative »Wahlbeobachtungen«, mit denen möglicher Wahlbetrug verhindert und aufgedeckt werden sollte. In Sachsen-Anhalt waren für deren Durchführung vor allem Martin Sellner, Simon Kaupert und Philipp Stein verantwortlich. Sellner und Stein waren direkt im Anschluss auch zu Gast im Wahlstudio der Zeitschrift »Compact« bei der Wahlparty der AfD im Magdeburger Event- und Tagungscenter ETC. Weitere Gäste der Internet-Sendung waren Götz Kubitschek, Björn Höcke, André Poggenburg, Hans-Thomas Tillschneider und Jan Wenzel Schmidt. Kaupert twitterte live aus dem Studio und von der Wahlparty.
Die IB realisiert außerdem aufwendige Videoproduktionen, so zum Beispiel eine emotionale Antwort der AfD Bitterfeld-Wolfen auf negative Presseberichte anlässlich des hohen Wahlergebnisses der Partei in der Stadt. Diese wurde von Sellner und Kaupert produziert, ein Foto auf dem Twitter-Account von Kaupert zeigt Martin Sellner beim Dreh mit der Landtagsabgeordneten Sarah Sauermann. Das Video wurde anschließend über die Facebook-Seite der AfD Sachsen-Anhalt verbreitet. Sarah Sauermann ist Landtagsabgeordnete und die Lebensgefährtin von Daniel Roi, dem parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion. Beide gehören zu den Erstunterzeichnenden des »Ruf der Vernunft«.
In Sachsen-Anhalt können Teile der AfD und deren Landtagsfraktion auf ein bestehendes rechtes Netzwerk zurückgreifen. Die geografische und ideologische Nähe zu Projekten wie »Ein Prozent«, »Kontrakultur Halle« und IfS eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für politische Arbeit: sei es die zukünftige Rekrutierung von MitarbeiterInnen, der Austausch mit einer rechten außerparlamentarischen Opposition oder die Weiterentwicklung der eigenen politischen Ansichten. Der Pool an motivierten AktivistInnen und die neu-rechte Denkfabrik IfS machen es möglich.