Schulterschluss zwischen »Identitärer Bewegung« und »Front National«

von Bernard Schmid
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016

Attentatsperioden sind gewöhnlich gute Zeiten für die extreme Rechte, um ihre Hetze unters »Volk« zu bringen. Was den »Identitären« in Frankreich gelang, ist ein besonders erfolgreicher Propagandacoup.

 

Nizza, die fünftgrößte Stadt Frankreichs, war schon seit langer Zeit eine Hochburg der extremen Rechten unterschiedlicher Schattierungen. Von Juni 1995 bis März 2008 regierte hier der erst im November 1994 aus dem »Front National« (FN) ausgetretene Politiker Jacques Peyrat als Bürgermeister. Neben einem relativ starken FN ist Nizza auch eine Hochburg der überwiegend außerparlamentarisch aktiven »Identitären Bewegung« (IB). Eine örtliche Besonderheit ist zudem, dass die »Identitären« lokal und regional auf Wahllisten des FN antraten und nun mit eigenen MandatsträgerInnen in den Parlamenten vertreten sind. Ihr örtlicher Chef Philippe Vardon sitzt seit den Regionalwahlen vom Dezember 2015 im Regionalparlament Südostfrankreichs in Marseille.

Vereinnahmung von Anschlagsopfern

Nizza ist auch die Stadt, an deren Uferpromenade sich am Abend des französischen Nationalfeiertags, dem 14. Juli 2016, eines der schlimmsten jüngeren Attentate ereignete. Mohamed Lahouaiej Bouhlel, dem eine psychische Störung attestiert wurde und der vom sogenannten »Islamischen Staat« beeinflusst war, überfuhr mit einem LKW hunderte Menschen und tötete 85 von ihnen.
Mehrere bürgerliche Vereinigungen wie die »Promenade des Anges« (dt. »Promenade der Engel«), »Montjoye« und die »Association française des Victimes du Terrorisme« (AFVT, dt. »Französische Vereinigung der Terrorismusopfer«) wollen das Gedenken an das Massaker für ihre Organisation vereinnahmen. Organisierte Rechte versuchen, die Trauer und Arbeit von Opferverbänden, die für eine Entschädigung und Betreuung von Verletzten oder Hinterbliebenen eintreten, zu infiltrieren und für ihre Propaganda zu nutzen. Zuletzt wurde im Oktober dieses Jahres die »Association de soutien aux victimes d’actes du terrorisme« (ASVAT, dt. »Vereinigung zur Unterstützung der Opfer von terroristischen Taten«) gegründet; sie bezeichnet sich als »parteipolitisch unabhängig« und »patriotisch«. Doch die Presse fand schnell heraus, dass sich dahinter die IB verbirgt, wie unter anderem die Tageszeitung »Libération« berichtete. Die offizielle Vorsitzende dieser Vereinigung ist Liane d’Argelier, die mit richtigem Namen Maryline Canovas d’Argelier heißt. Im Jahr 2013 tauchte ihr Name im Zusammenhang mit dem heutigen IB-Aktivisten Vardon bei einer Aktion »Islamisation Basta!« auf, die sich damals gegen einen geplanten Moscheebau in Nizza richtete.