Editorial der 163

Eure Redaktion

Magazin "der rechte rand" - Ausgabe 163 - November 2016

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

das Jahr neigt sich dem Ende zu und beim Blick auf die Republik und Europa bleibt es dabei: »Es geht noch schlimmer«. Wer dachte, das Vorjahr hätte den Höhepunkt des rechten Aufstiegs markiert, wird stets eines Besseren belehrt. Die Erfolgssträhne der »Alternative für Deutschland« reißt nicht ab und die Rechte rückt zusammen. Auf der Straße läuft die »Alternative für Deutschland« (AfD) mit PEGIDA und Neonazis trotz fader Dementis schon länger Seite an Seite und gibt sich verklausuliert bis offen rassistisch und völkisch, um zur rechten Bewegungspartei aufzusteigen. Und sie dynamisieren sich gegenseitig – gerade in Ostdeutschland. Während in Dresden nach zwei Jahren immer noch wöchentlich massenhaft Deutschnationale marschieren und Björn Höcke in Erfurt wieder über 1.000 AnhängerInnen mobilisiert, geraten MigrantInnen und Linke mehr und mehr ins Fadenkreuz rechter Schläger.

Nach den rassistischen Ausschreitungen von Bautzen und Schwerin machte das Wort »Hetzjagd« die Runde und verschwand ebenso schnell wieder aus den Medien – zu vergänglich die Schlagzeilen, zu groß die Gewöhnung an das, was zum alltäglichen Wahnsinn gehört: allein von Januar bis Oktober zählten unabhängige Stellen über 1.100 Attacken auf Flüchtlinge. Auch dass Neonazis und RassistInnen 2016 wieder Menschen töteten, ist nach der ersten Empörung meist vergessen. So war es nach dem rassistisch motivierten Amoklauf mit neun Toten in München, nach der Schießerei mit einem »Reichsbürger«, bei der in der Nähe von Nürnberg ein Polizist starb, oder als ein Neonazi im österreichischen Voralberg zwei Menschen erschoss und danach Selbstmord beging. Unlängst rief die schweizerische RechtsRockband »Erschießungskommando« dann dazu auf, eine linke Politikerin zu ermorden.

Im Windschatten des europäischen Rechtsrucks hat sich auch die »Identitäre Bewegung« nicht nur in Österreich und Frankreich, sondern auch in Deutschland als poppig daherkommender Akteur der Neuen Rechten etabliert. »Identitäre« Hipster als die erfolgreicheren »Autonomen Nationalisten«? Von dem gegenwärtigen Stand der selbsternannten Bewegung handelt der Schwerpunkt in diesem Heft. Nachdem der rechte rand vor drei Jahren erstmals ausführlich über diesen scheinbaren ‹Newcomer› berichtete, werden nun Ableger und deren Aktionen in einzelnen Ländern und Bundesländern beleuchtet. Es geht um Verbindungen zum »Institut für Staatspolitik« und der AfD, um ideologische Eckpunkte und ihren soziokulturellen Habitus, der sich in Labels wie »Kontrakultur« niederschlägt.

Trotz dieser ganzen Entwicklungen ist eines sicher: unbehelligt bleiben die Rechten nicht, auch nicht 2017. In diesem Sinne: »Watch the Nazis« und kommt gut ins neue Jahr!
Eure Redaktion