Merchandise und Aktionismus

von Volker Weiß
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016

Fast vier Jahre hatte die IB in Deutschland auf so einen Erfolg warten müssen. Aufgrund der Diskrepanz zwischen ihren knalligen Internetauftritten und faktischer Unsichtbarkeit in der Realwelt galt sie zunächst als virtuelle Bewegung. Auch kleinere Aktionen im Stil der Kommunikations­guerilla, wie das Verhüllen von Denkmälern mit Burkas, um auf eine drohende »Islamisierung« hinzuweisen, blieben außerhalb des eigenen Milieus nahezu unbemerkt. Allein die rechte Medienlandschaft reagierte, wenn wieder irgendwo der schwarz-gelbe Buchstabe Lambda, das Symbol der IB, auftauchte. Das galt nicht nur für »Sezession«, das neu-rechte Strategieorgan aus dem Kreis des Verlegers Götz Kubitschek, der in Deutschland ohnehin als Spiritus rector der IB agierte. Mehrfach schaffte die IB es auf die Titelseite der »Jungen Freiheit«, die Septemberausgabe 2016 von »Compact« widmete der IB ein ganzes Dossier und feierte ihren Sprecher und Vorzeigeaktivisten Martin Sellner als »neuen Rudi Dutschke«. Die Bezeichnung der IB in »Compact« als »revoltierende Studenten wie die 1968er, nur andersrum« ist dabei die zentrale Vermarktungsstrategie. »Andersrum« steht für die programmatische Negation der zentralen Werte von ´68: Die IB fordert Autorität, internationale Entsolidarisierung, traditionelle Geschlechterrollen und ein Bekenntnis ausschließlich zur »Ethnokultur« der eigenen Nation in einem weißen Europa.

Dafür präsentiert sich die IB als europäische Jugendbewegung und bedient eine entsprechende Ästhetik. Identitäre Bewegungsunternehmer, darunter das Label »Phalanx Europa«, bieten das entsprechende Merchandise an. Ihre Flyer, Plakate und Parolen sind häufig an bekanntes linkes Design angelehnt, die IB betreibt so die schon von den Autonomen Nationalisten bekannte Umdeutung linker Codes. Provokativ sollen die Auftritte wirken, angereichert aus dem Fundus der Populärkultur, nur eben mit anderen Inhalten: Die Heroen der »Konservativen Revolution« aus der Zwischenkriegszeit werden im Stil der Pop-Art gereicht: Martin Heidegger, Ernst Jünger und Arthur Moeller van den Bruck, knallig konturiert wie Warhols Marilyn Monroe. Zitate der Autoren zieren entsprechende T-Shirts und Poster, die sich der rechte Nachwuchs in die (durchaus vorhandenen) »identitären« Wohngemeinschaften hängen kann. So soll die Kernbotschaft vermittelt werden: Der Geist der jungen Revolte steht jetzt rechts!