Staatlich subventionierte Hetze

von Ernst Kovahl
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 204 September | Oktober 2023

#Finanzierung

Das meiste Geld für die rechtsradikale AfD kommt vom Staat. Mit Millionen Steuer-Euros bezahlt die Gesellschaft der Partei ihre Arbeit, die Demokratie abzuschaffen und Rassismus zu verbreiten. Dazu kommen weitere Millionen für die Fraktionen.

Teilnehmer einer AfD-Veranstaltung in Thüringen mit Björn Höcke © Dominik Sauerer

Der Rechenschaftsbericht des Deutschen Bundestags für das Jahr 2021 lässt keinen Zweifel zu. Der größte Sponsor der rechtsradikalen AfD ist der Staat. Gut 44 Prozent der Einnahmen der Bundespartei – insgesamt waren es fast 25 Millionen Euro – kamen direkt von den Steuerzahler*innen, das waren in dem Jahr mehr als 11 Millionen Euro aus dem Staatssäckel. Damit liegt die rechtsradikale Partei weit vor allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien. So betrug die Staatsquote der Einnahmen beim Südschleswigschen Wählerverband 2021 nur 19,45 Prozent und lag bei den anderen Parteien im Bundestag zwischen 31,1 Prozent (FDP) und maximal 39,32 Prozent (CSU). Spenden von Einzelpersonen an die AfD (25,93 %), Mitgliedsbeiträge (16,79 %), Beiträge der Mandatsträger*innen (9,85 %) machen deutlich geringere Anteile aus. Dazu kommen noch vergleichsweise Kleinstbeträge wie Spenden von zum Beispiel Unternehmen oder Organisationen (0,71 %), aus eigener unternehmerischer Tätigkeit (0,09 %) oder aus Vermögenserträgen (0,1 %). Zusammengerechnet sind das zwar 56 Prozent aller Einnahmen der Partei – aber der Staat überweist eben den mit Abstand größten Teil aufs Konto.

Systempartei AfD
Ein Jahr zuvor, 2020, war das Verhältnis von staatlichem zu privatem Geld für die Rechtsradikalen noch stärker. Damals stammte fast die Hälfte (48 % und knapp 12 Millionen Euro) der Einnahmen aus Steuermitteln. Damit kam die Partei fast an die Grenze des rechtlich Möglichen. Denn der Gesetzgeber regelt die Finanzierung genau: Grundsätzlich errechnet sich der Zuschuss für eine Partei, so erklärt es das Bundesinnenministerium, nach der »‹Verwurzelung in der Gesellschaft›, also nach ihrem Erfolg bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen sowie nach dem Aufkommen an Zuwendungen« von Spender*innen. Pro abgegebener Stimme für die jeweilige Partei gibt es 0,83 Euro sowie 0,45 Euro für jeden Euro, den eine Partei aus Spenden sowie Mitglieds- und Mandatsträger*innen-Beiträgen bis zu einer Höhe von 3.300 Euro erhält. Dabei gilt allerdings, dass die Höhe der Zuschüsse vom Staat »die selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht überschreiten« dürfe. Glasklar heißt es dazu: »Parteien müssen sich daher mindestens zur Hälfte selbst finanzieren.« Die AfD stand also 2020 mit ihren 48 Prozent Staatsquote knapp vor dieser Grenze. Die Rechtsradikalen sind also finanziell weitaus stärker als die sonst als »Systemparteien« geschmähten Konkurrenzparteien vom »System« der Bundesrepublik abhängig.


Money, Money, …
Doch die zuletzt elf bis zwölf Millionen Euro pro Jahr für die Partei sind noch längst nicht alles, was Jahr für Jahr vom Staat in die Arbeit der AfD fließt. Hinzu kommen – zwar nicht für die Partei, aber in der öffentlichen Wahrnehmung und der realen politischen Wirkung ist das kaum unterscheidbar – die Millionensummen für die Fraktionen sowie die Abgeordnetengehälter und gesetzlich geregelte Zuwendungen für deren politische Arbeit in den Wahlkreisen. Für 2022 dürfte dies allein für die AfD-Bundestagsfraktion laut den Regelungen im Einzelplan 02 des Bundeshaushalts eine Summe von etwa 16,5 Millionen Euro für Personal und politische Arbeit bedeuten. Der Betrag setzt sich zusammen aus einem festen Sockelbetrag pro Fraktion, der um 117.612 Euro pro Abgeordneten erhöht wird. Hinzu kommen Fraktionszuschüsse in den Ländern sowie die Diäten der Abgeordneten und deren jeweilige Ausstattung für Personal, Büros und politische Arbeit. Das ist in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt. Am Beispiel Thüringen kann aber die Dimension deutlich gemacht werden: Hier bekommt jede Fraktion bisher im Jahr ungefähr 600.000 Euro plus jährlich circa 43.000 Euro pro Mitglied der Fraktion. Und die Opposition erhält zudem einen Zuschlag von etwa 150.000 Euro. Das macht für die AfD im dortigen Parlament pro Jahr mehr als 1,5 Millionen Euro. Hinzu kommen hier etwas mehr als 100.000 Euro pro Jahr an Diäten und Aufwandsentschädigungen pro Landtagsabgeordneten – also knapp zwei weitere Millionen pro Jahr. Damit kommt allein die AfD-Fraktion in Thüringen jährlich auf eine Summe von etwa 3,5 Millionen Euro. Die AfD sitzt zur Zeit in 14 Landtagen – jeweils mit einer unterschiedlichen Zahl von Abgeordneten und unter verschiedenen Bedingungen der Fraktions- und Abgeordnetenfinanzierung. Dennoch dürfte eine Schätzung nicht falsch liegen, die bundesweit zusammengerechnet für die Gelder an die Landtagsfraktionen und ihre Abgeordneten eine Summe zwischen 15 und 40 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Hinzu kommen Fraktionszuschüsse des Europaparlaments und für die Kommunalfraktionen.

Geld aus Europa
Weitere Steuer-Euros werden über einen weiteren Umweg in die Kasse der AfD-Familie gespült werden. Zwar beißt die parteinahe »Desiderius-Erasmus-Stiftung« (DES) bisher mit ihren Anträgen auf Förderung durch den Bundestag auf Granit. Ähnlich wie beispielsweise die Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD oder die Konrad-Adenauer -Stiftung der CDU möchten auch die Rechtsradikalen künftig Millionen vom Staat bekommen, um politische Bildung, Studienstipendien und Studien zu bezahlen. Bisher verweigerte der Bundestag das der DES. Wann das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Stiftungsgesetz kommt, um künftig diese Finanzierung neu zu regeln, steht in den Sternen. Die AfD-nahe Stiftung geht also auch 2023 und 2024 weiterhin leer aus. Um dennoch – abseits kleinerer Summen einzelner Bundesländer an die Landesstiftungen, zum Beispiel in Brandenburg in den Jahren 2016 und 2017 wenige zehntausende Euro – an Staatsgeld zu kommen, trat die DES der rechten europäischen Stiftung »Identity and Democracy Foundation« bei, die 2022 insgesamt etwa zwei Millionen Euro vom Europäischen Parlament erhielt. Für die DES ein erster Erfolg, wie Stiftungschefin Erika Steinbach schrieb. Mit »europäischen Mitteln« könnten nun Veranstaltungen auch in Deutschland bezahlt werden.

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60 bis 80 Millionen Euro für faschistische Politik?
Die Bundesrepublik leistet es sich, die Arbeit einer faschistischen Partei, ihrer Gliederungen und Fraktionen sowie deren Abgeordneten mit Millionenbeträgen zu bezahlen. Eine antidemokratische, rassistische und faschistische Partei lebt so zum übergroßen Anteil aus Steuermitteln: Elf bis zwölf Millionen Euro pro Jahr allein für die Partei, über 16 Millionen Euro für die AfD-Bundestagsfraktion und ihre Abgeordneten sowie – nur geschätzt – 15 bis 40 Millionen Euro für die Landtagsfraktionen und -abgeordneten. Klar ist: Ein mögliches AfD-Verbot, wie es zuletzt Alexander Hoffmann in diesem Magazin gefordert hatte, wird kurzfristig nichts an der Verbreitung rechter Einstellungen ändern und auch nicht die Neugründung einer anderen Partei oder die Wanderung der bisherigen Wähler*innen zu anderen Formationen verhindern. Aber ein Verbot der Partei würde der Szene auf einen Schlag eine immense jährliche Millionensumme für rechtsradikale und rassistische politische Arbeit entziehen – Gelder für die Partei, die Abgeordneten und die Fraktionen. Es gäbe keine Hunderte gut bezahlte Abgeordnete und Mitarbeiter*innen mehr, keine indirekt vom Staat bezahlten Hetzplakate und Flyer, keine auskömmlich von den Steuerzahler*innen finanzierten Social-Media-Kampagnen, keine einträglichen Werbeanzeigen von Fraktionen in rechtsradikalen Zeitungen und keine direkten und indirekten finanziellen Hilfen mehr für rechtsradikale Thinktanks, Verlage und Aktivist*innen. Grob geschätzt, denn es gibt bisher keine belastbare Aufstellung, sprechen wir hier über mehr als 30 Millionen Euro pro Jahr, die heute für faschistische Politik zur Verfügung stehen – oder der Partei und ihrem Umfeld entzogen werden könnten.