Die Partei der elitären Männer

von Josef Müller und Oliver Peters
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 189 - März / April 2021

#RheinlandPfalz

»Man muss sehen, dass wir damals ein außergewöhnlich günstiges Umfeld hatten, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise«, so analysiert Michael Frisch, der rheinland-pfälzische Spitzenkandidat der »Alternative für Deutschland« (AfD) die Verluste seiner Partei. Rheinland-Pfalz wählte am 14. März einen neuen Landtag. Die AfD kommt auf 8,3 Prozent und verliert fast ein Drittel ihrer bisherigen Mandate. Bei der Landtagswahl 2016 war die AfD aus dem Stand mit 12,6 Prozent und 14 Mandaten in den Mainzer Landtag eingezogen. In Zukunft werden es nur noch 9 Abgeordnete sein.

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Rheinland-Pfalz

Unerwartet an der Spitze der Partei

Spitzenkandidat Frisch, ein ehemaliger Berufsschullehrer, führt seit November 2019 überraschend den Landesverband. Sein Vorgänger Uwe Junge versuchte nach außen das Bild einer bürgerlich-konservativen und geschlossenen Partei zu vermitteln. Der ehemalige Bundeswehroffizier entwickelte sich jedoch zum Sinnbild für die Zerrissenheit des Landesverbandes. Nach dem Mord an der 15-jährigen Mia durch ihren afghanischen Ex-Freund mobilisierten im Frühjahr 2018 extrem rechte Gruppierungen aller Couleur in die rheinland-pfälzische Gemeinde Kandel. Während AfD-Funktionär*innen die Aufmärsche mitorganisierten, zögerten Landesspitze und Fraktion; Junge distanzierte sich gar. Die Parteibasis aber machte Druck, woraufhin der Landesverband den Schulterschluss mit den Demonstrierenden suchte und Junge an Rückhalt verlor. Im Herbst 2019 gab er seinen Rückzug aus der Landespolitik bekannt und kündigte an, für den Bundesvorstand – letztlich erfolglos – zu kandidieren.

Als designierter Nachfolger von Junge galt Joachim Paul, ein »Alter Herr« der extrem rechten »Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn«. Doch auf dem Weg an die Landesspitze stolperte der Vorsitzende des Medienausschusses im rheinland-pfälzischen Landtag über seine Abwahl aus dem Gremium. Vertreter*innen von CDU, Grünen und SPD hatten ihn zuvor wegen »rechtsextremen Gedankenguts« als im Amt des Vorsitzenden nicht mehr tragbar bezeichnet. Neuer Landesvorsitzender der AfD wurde der bis dahin unauffällige Michael Frisch. Paul gelang jedoch, was Junge vorbehalten blieb: die Wahl in den Bundesvorstand.

Wiederkehrende Grabenkämpfe

Ob die zukünftige Fraktion ein geschlosseneres Bild als zuvor abgeben wird, bleibt abzuwarten. In ihrer ersten Legislaturperiode gab die AfD ein katastrophales Bild ab und schrumpfte von 14 auf 11 Fraktionsmitglieder. Jens Ahnemüller wurde wegen Kontakten zum damaligen NPD-Funktionär Sascha Wagner ausgeschlossen. Weitere Abgeordnete verließen die Fraktion im Zuge von Grabenkämpfen. Diese prägten auch den Wahlkampf.

Immer wieder warfen sich die verfeindeten Lager – nicht grundlos – eine zu große Nähe zum extrem rechten Spektrum vor. Wenige Wochen vor der Wahl veröffentlichte der SWR, ein ehemaliger NPD-Kandidat (später aktiv für die »Identitäre Bewegung«) arbeite für den Trierer AfD-Kreisverband unter der Führung des als bürgerlich-konservativ geltenden Michael Frisch. Schon heute ist abzusehen, dass auch er den Landesverband nicht einigen können wird. Frisch, ausgestattet mit dem biederen Charme eines pensionierten Studienrats und dem Spektrum der christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen zuzurechnen, konnte kein wahlkampftaugliches Profil liefern.

Während die AfD 2016 auf das Thema Geflüchtete setzte, gelang es ihr diesmal nicht, mit einem emotional-aufgeladenen Thema bestehendes Protestpotenzial von der Straße an die Urne zu bewegen. Dies zeigt die Wahlanalyse: Der Erfolg 2016 basierte auch auf der Mobilisierung von 80.000 Nicht-Wähler*innen. Dieses Potenzial konnte die Partei 2021 nicht mehr abrufen. Hier lag der größte Verlust der Partei: Rund 61.000 AfD-Wähler*innen gaben diesmal keine Stimme ab.

Wie bereits in den vergangenen Jahren wird auch die künftige Fraktion durch Korporierte geprägt sein. Die beiden Burschenschafter Joachim Paul und Damian Lohr (»Germania Halle zu Mainz«, ehemals Bundesvorsitzender der »Jungen Alternative«) ziehen erneut in den Landtag ein. Den Einzug verpasst hat Alexander Jungbluth (»Raczeks zu Bonn«). Passend zum korporierten Seilschaften-Prinzip wurden in den vergangenen Jahren gezielt Fraktionsmitarbeiter aus burschenschaftlichen Kreisen angestellt und regionale Parteifunktionen mit ihnen besetzt – so Karsten Sieling (»Dresdensia-Rugia zu Gießen«) und Michael Büge (»Berliner Burschenschaft Gothia«). Als einzige Frau im Männerbund wird Iris Nieland Teil der Fraktion werden.

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Klassische extrem rechte Parteien ohne Wahlantritt

Die NPD hat aktuell weder das Personal noch die Strategie, um sich als erfolgreiche Akteurin der extremen Rechten zu behaupten. Auch außerparlamentarisch gibt die Partei ein schwaches Bild ab. Erstmals seit 30 Jahren scheiterte die NPD daran, zur Landtagswahl anzutreten. Auch »Der III. Weg« und »Die Rechte« traten nicht an. Während »Der III. Weg« zumindest über einzelne regionale Verankerungen verfügt, erweist sich »Die Rechte« landesweit als nicht handlungsfähig. Auch »Die Republikaner« scheinen im Schatten der AfD endgültig aufgegeben zu haben.