Ganz rechts im Saarland
von Emma Blum
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 166 - Mai 2017
Während die »Alternative für Deutschland« bei den saarländischen Landtagswahlen einen weiteren Einzug in ein Landesparlament feiern konnte, musste die NPD mit dem parlamentarischen Niemandsland vorlieb nehmen.
Nach den zweistelligen Ergebnissen der »Alternative für Deutschland« (AfD) bei Landtagswahlen im vergangenen Jahr fühlen sich die 6,2 Prozent für einige in der AfD schon fast wie eine Niederlage an. Zwar entspricht das Ergebnis des rund 320 Mitglieder umfassenden Landesverbandes den sinkenden Wahlprognosen im Bund. Im Licht zahlreicher öffentlich ausgetragener Skandale, existenzbedrohender Differenzen mit der Bundespartei und der extrem rechten Ausrichtung führender Vertreter des Landesverbandes ist das Ergebnis doch zumindest ein Achtungserfolg.
Kontakte zur extremen Rechten
Schon die Antrittsrede des Parteivorsitzenden Josef Dörr auf dem AfD-Landesparteitag am 26. April 2015 erinnerte in der Sprachwahl an nationalsozialistischen Duktus. »Wir spüren eine tiefe Glut in uns. Diese Glut ist nicht die Glut einer ohnmächtigen Wut, es ist die Glut einer mächtigen Wut. An ihr werden wir das Feuer entfachen. Die Missstände in unserem Land sind der Wind, der diese Glut entfacht. Eine Flamme kommt zur anderen Flamme. Die Flammen wachsen zu einem Flammenmeer und schließlich zu einem Feuersturm. Dieser Feuersturm wird alles hinwegfegen und vernichten, was schlecht ist (…)«, rief Dörr den Anwesenden zu. Im März 2016 war bekannt geworden, dass Dörr mit seinem Parteivize Lutz Hecker im Jahr 2015 Kontakte zur extrem rechten Kleinstpartei »Freie Bürger Union« (FBU) gepflegt hatte. Die FBU setzt sich aus ehemaligen NPD-Stadträten der Stadt Völklingen und AkteurInnen der HoGeSa-Abspaltung »Saarländer gegen Salafisten« (SaGeSa) zusammen. Bei den Treffen mit der FBU verteilte Dörr nicht nur Mitgliedsanträge der AfD, auch über Möglichkeiten, den FBU-Mitgliedern Plätze auf der Landtagswahlliste der AfD einzuräumen, sei gesprochen worden. Letztlich trat die FBU eigenständig und lediglich im Landkreis Neunkirchen an. Der ehemalige Schulleiter Dörr stand zudem in engem Kontakt mit dem früheren Landesvize der NPD-Rheinland-Pfalz und SaGeSa-Mitbegründer Sascha Wagner. Der Bundesvorstand der AfD reagierte noch im gleichen Monat auf diese Vorwürfe mit einem Beschluss, den Landesverband aufzulösen. Diesem Beschluss stimmte auf dem Bundesparteitag vom 30. April/ 1. Mai 2016 eine knappe Mehrheit von 52 Prozent zu. Daraufhin traten Dörr und Hecker auf dem saarländischen Landesparteitag zunächst zurück, ließen sich jedoch am gleichen Tag wieder wählen und gingen gestärkt aus der Wahl hervor. Dörr und Hecker sind im Landesverband nicht die einzigen, die im extrem rechten Milieu verankert sind. So sind Marc Tecquert und Christian Wirth, Mitglieder der »Jungen Alternative«, in den als extrem rechts einzustufenden saarländischen Burschenschaften Germania beziehungsweise Ghibellinia zu Prag aktiv.
Um die Bundespartei zu beschwichtigen, hatte der Landesverband Rudolf Müller als neuen Spitzenkandidaten zur Landtagswahl aufgestellt. Nachdem bekannt wurde, dass Müller in seinem Antiquitätengeschäft in Saarbrücken NS-Devotionalien, darunter NS-Orden mit Hakenkreuzen und »Lagergeld« aus dem KZ und Ghetto Theresienstadt verkauft, hatte die saarländische AfD ihren nächsten Skandal. Trotz alledem entschied das AfD-Bundesschiedsgericht im Oktober 2016, den Beschluss des Bundesvorstands und des Bundesparteitags aufzuheben und den Landesverband nicht aufzulösen. In Anbetracht der rechten Kontakte des Landesverbandes und der Unterstützung durch die völkische »Patriotische Plattform« der AfD kann diese Entscheidung als weiteres Zeichen für deren wachsenden Einfluss innerhalb der AfD gedeutet werden.
NPD unter »ferner liefen«
Mit gerade einmal 0,7 Prozent blieb die NPD deutlich hinter ihren Erwartungen zurück und erwies sich als zukünftig zu vernachlässigende Größe im parlamentarischen Rahmen. Gerade mit Blick auf die Durchführung des diesjährigen Bundesparteitages in der ehemaligen Gestapo-Zentrale im Saarbrücker Schloss, zwei Wochen vor den Landtagswahlen, hatte sich die Partei ein deutlich besseres Ergebnis erhofft.
Außerparlamentarisch prägt die NPD, trotz parteiinterner Querelen und Spaltungen, die extrem rechte Szene im Saarland jedoch noch immer maßgeblich mit. Zudem nehmen saarländische AkteurInnen der NPD auch auf Bundesebene führende Funktionen ein. Neben Frank Franz, der auf dem Bundesparteitag der NPD am 11. März 2017 erneut zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, stammt auch Peter Richter, Anwalt der NPD im zweiten Verbotsverfahren und Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen, aus dem Saarland. Die Landtagskandidatin Jaqueline Süßdorf war im vergangenen Jahr bundesweit als Rednerin gefragt und trat beispielsweise im Juni 2016 bei einem Aufmarsch des extrem rechten Bündnisses »Bürger stehen auf« in Linnich (NRW) auf.
Die AfD im Landtag
Die konstituierende Sitzung des neu gewählten Landtages wird auch im Saarland laut Geschäftsordnung durch den so genannten Alterspräsidenten eröffnet und geleitet. Diese Aufgabe stand am 25. April 2017 dem 76-jährigen Josef Dörr zu. Die Parteien hatten sich im Vorfeld darauf geeinigt, die Geschäftsordnung diesbezüglich nicht zu ändern. Proteste der anwesenden Fraktionen gegen Dörrs unspektakuläre Reden blieben aus. Dörr übernahm auch den Vorsitz der dreiköpfigen Landtagsfraktion der AfD, die durch Rudolf Müller und Lutz Hecker komplettiert wird. Von dieser Fraktion dürften keine gemäßigten Positionen zu erwarten sein. Sie steht vielmehr für die extrem rechte Fundamentalopposition innerhalb der Partei und geht trotz aller Skandale im Vorfeld und des scheinbar schlechten Ergebnisses gestärkt aus der Wahl hervor.