kurz und bündig Ausgabe 166


Magazin "der rechte rand" Ausgabe 166 - Mai 2017

Geldstrafe für NS-Blackmetal-Verkäufer
Gießen. Am 7. März ist der der ehemalige Betreiber des extrem rechten Plattenlabels und Online-Versands »Supremacy through Intolerance«, Michael Jan R. zu einer Geldstrafe von 4.800 Euro verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Angeklagt war er wegen 18 Fällen von Volksverhetzung und der Verwendung verfassungsfeindlicher Symole, da die Cover und Booklets der von ihm vertriebenen Tonträger mit Hakenkreuzen und SS-Runen bedruckt waren. Den Versandhandel hatte der Neonazi 2008 in Kassel gegründet, wo er der extrem rechten »Burschenschaft Germania« angehörte. Es ist nicht bekannt, ob R. gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt hat.

Deutsch-litauische Connection
Gera. Am 9. März ist ein 39-jähriger Mann, der einer litauischen Polizei-Spezialeinheit angehörte, zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der aus Litauen stammende Mann soll im Oktober 1999 einen Überfall auf einen Geldtransporter verübt und den Geldboten durch Tritte und Reizgas verletzt haben. Dabei wurden eine Schusswaffe, sieben Schuss scharfe Munition sowie 78.000 DM erbeutet. Mit dem Geld wurde unter anderem ein Bordell finanziert. An der Tat waren noch sieben weitere Personen beteiligt: Bereits 2013 wurden vier ehemalige Mitglieder des »Thüringer Heimatschutz« und zwei Litauer im gleichen Fall zu Bewährungsstrafen zwischen eineinhalb und zwei Jahren verurteilt. Sie wurden durch bekannte Verteidiger aus dem Rocker- und Neonazi-Milieu vertreten. In den 1990er Jahren soll es enge Verbindungen zwischen den thüringischen Neonazis und der organisierten Kriminalität in Litauen gegeben haben. Anfang 2013 war außerdem im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum NSU eine DNA-Spur im Wohnmobil von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt entdeckt worden, die die Behörden in Hessen und Nordrhein-Westfalen einer »litauischen Tätergruppe« zuordneten.

Täter-Opfer-Umkehr
Aachen. Am 17. März haben zwei bekannte Neonazis während einer Flugblatt-Verteil-Aktion eine Gruppe von AntifaschistInnen erst provoziert und dann mit einem Teleskop-Schlagstock angegriffen. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Folge auch Reizgas versprüht worden sein soll. Die Neonazis selbst riefen die Polizei. Am gleichen Abend wurden zwei AntifaschistInnen verhaftet und mussten bis zum 28. März in Untersuchungshaft verbleiben. Die beiden Neonazis gehörten zur 2012 verbotenen »Kameradschaft Aachener Land« (KAL) und sind inzwischen unter dem Label der »Identitären Bewegung« (IB) aktiv.

Protest gegen »Compact«
Leipzig. Am 28. März haben rund 100 AntifaschistInnen erneut gegen die Präsenz des Magazins »Compact«, das von Jürgen Elsässer herausgegeben wird, auf der Leipziger Buchmesse protestiert. Der anwesende Sven Liebich, Mitorganisator und Redner der Montagsdemonstrationen in Halle, streamte das Geschehen live über Facebook. Verlagseigene Sicherheitskräfte, die den Stand abschirmen sollten, attackierten einen Journalisten, einen anderen Journalisten jagten sie durch die Messehalle.
Lesung gestört
Eisenach. Am 30. März haben etwa zehn Neonazis versucht, eine Lesung in den Räumen des Wahlkreisbüros »RosaLuxx« einer Abgeordneten der Partei »Die Linke« anzugreifen. Der Autor Sören Kohlhuber, der dort sein Buch über Neonazis in Ostdeutschland vorstellte, berichtet von vermummten, teils mit Pfefferspray und Schlagstöcken bewaffneten Personen, von denen einige den Veranstaltungsort zuvor ausgespäht hatten. BesucherInnen der Lesung, die sich den Neonazis in den Weg stellten, konnten den Überfall verhindern.

Unter Freunden
Göttingen. Am 1. April haben rund 100 SympathisatInnen des extrem rechten »Freundeskreis Thüringen/ Niedersachsen« eine Kundgebung in Göttingen abgehalten. Eine Demonstration war ihnen zuvor von der Stadtverwaltung untersagt worden. Nach der Aktion fuhren sie nach Northeim weiter und hielten dort ebenfalls eine Kundgebung ab. In beiden Städten demonstrierten jeweils etwa 1.500 AntifaschistInnen gegen die Auftritte. Während einer weiteren Kundgebung in Friedland hatten Neonazis drei anwesende JournalistInnen attackiert und gejagt und den Angriff live ins Internet gestreamt. Es wurde Anzeige wegen Nötigung und versuchter Körperverletzung gestellt. Zwei der Angreifer wurden festgenommen. Im Februar waren Wohnungen von Mitgliedern der Gruppe durchsucht worden, dabei wurden unter anderem Waffen sichergestellt.

RechtsRock-Sommer in Thüringen
Hildburghausen/ Thüringen. Für den 15. Juli planen Neonazis erneut ein großes RechtsRock-Konzert im thüringischen Themar bei Hildburghausen. Mehrere Bands, unter anderem »Sleipnir« und Redner sollen auftreten, angemeldet wurden mehrere tausend BesucherInnen. Die gleichen Veranstalter hatten in den Jahren 2015 und 2016 erst 1.500 und im Jahr danach 3.500 Neonazis nach Hildburghausen gelockt. Das Konzert wird bereits auf internationalen Seiten des »Blood & Honour«-Netzwerkes angekündigt. Die »Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus« geht landesweit von einem Zulauf zu RechtsRock-Konzerten aus. Es sei mit dutzenden Veranstaltungen zu rechnen, die zahlreiche BesucherInnen anlocken würden. 2016 haben mindestens 50 RechtsRock-Konzerte oder Liederabende stattgefunden.

Landtagswahlen Schleswig-Holstein
Kiel. Bei der Landtagswahl vom 7. Mai bekam die »Alternative für Deutschland« (AfD) 5,9 Prozent der Zweitstimmen und erhält fünf Sitze im Kieler Landtag. Die fünf Abgeordneten, die in den kommenden fünf Jahren die AfD-Fraktion bilden, sind: Jörg Nobis, Claus Schaffer, Doris von Sayn-Wittgenstein, Frank Brodehl, Volker Schnurrbusch.

Landtagswahlen Nordrhein-Westfalen
Düsseldorf. Am 14. Mai wurde in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Auf die »Alternative für Deutschland« (AfD) entfielen 5,4 Prozent der Erst- und 7,4 Prozent der Zweitstimmen. In der kommenden Legislaturperiode wird die AfD mit 16 Abgeordneten im Landtag vertreten sein. Das werden laut vorläufigem Stand vom 15. Mai 2017 Marcus Pretzell, Roger Beckamp, Frank Neppe, Markus Wagner, Herbert Strotebeck, Helmut Seifen, Christian Loose, Andreas Keith-Volkmer, Nic Peter Vogel, Iris Dworeck-Danielowski, Alexander Langguth, Martin Vincentz, Sven Werner Tritschler, Christian Blex, Gabriele Walger-Demolsky und Thomas Röckemann sein.

Deutsch-polnisches Konzert
Krzyzowa (Polen). Anfang März hat in einem Nachbardorf der grenznahen Stadt Krzyzowa (deutsch: Kreisau) ein RechtsRock-Konzert unter dem Motto »Night of Terror« stattgefunden. Rund 300 polnische und deutsche Neonazis waren zugegen, um unter anderem die Dortmunder Neonazi-Band »Oidoxie« zu sehen. Organisiert wurde das Konzert von der polnischen Sektion des Neonazi-Netzwerks »Blood & Honour«. Der Verfassungsschutz gab an, in den vergangenen Jahren »ein Dutzend« Veranstaltungen dieser Art registriert zu haben und eine »verstärkte Annäherung« zwischen polnischen und deutschen Neonazis zu beobachten.

»Legionäre« marschieren erneut
Riga (Lettland). Am 16. März hat erneut der umstrittene Gedenkmarsch für die Gefallenen der Waffen-SS stattgefunden. Rund 2.000 lettische Veteranen und SympathisantInnen nahmen an dem »Marsch der Legio­näre« teil. Sie zogen unter massivem Polizeischutz mit Fahnen durch die lettische Hauptstadt und legten Blumen am »Freiheitsdenkmal« ab. Anders als in den Jahren zuvor kam es nur vereinzelt zu Protesten, an denen auch deutsche AntifaschistInnen teilnahmen. Fünf Personen wurden in Gewahrsam genommen. Die »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten« hatte aufgerufen, vor den lettischen Botschaften in Europa gegen die »unerhörte Provokation für die Angehörigen der Opfer der lettischen Polizei und SS-Verbände und für die jüdische, russischsprachige und andere Minderheiten im Land« und die »unerträgliche Verherrlichung des Nationalsozialismus« zu protestieren. Dem Aufruf folgten AntifaschistInnen in Düsseldorf, Bremen, Berlin, Hamburg und Frankfurt sowie in Rom, Brüssel, Budapest und Athen.

Ungestörtes RechtsRock-Konzert
Heudicourt-sous-les-Côtes (Frankreich). Am 18. März haben über tausend Neonazis an einem Rechtsrock-Konzert in einer Sporthalle im Nordosten Frankreichs teilgenommen. Organisiert wurde das Event mit dem Namen »Defend Europe« von deutschen und französischen »Hammerskins« mit Unterstützung des Neonazi-Netzwerks »Blood & Honour«. Die Bands »Heiliger Krieg« aus Württemberg, »Division Germania« aus Mönchengladbach, »Blitzkrieg« aus Chemnitz, »Squadron« aus Großbritannien und »Fortress« aus Australien traten auf. Der Auftritt der australischen Band »Fortress« soll ursprünglich vom inzwischen verstorbenen ehemaligen V-Mann Roland Sokol mitinitiiert worden sein. Die Mehrheit der ZuschauerInnen kam aus Deutschland, aber auch tschechische, niederländische, belgische, schweizerische und italienische Neonazis reisten an. Die Polizei beobachtete das Geschehen, schritt aber nicht ein. Nach Schätzungen sollen die OrganisatorInnen rund 30.000 Euro eingenommen haben.

Wandel durch Handel
Yalta (Krim). Zwischen dem 20. und 22. April fand zum dritten Mal das »Yalta International Economic Forum« (YIEF) statt. Das Forum wird von der Regierung der »Republik Krim«, der »Yalta International Economic Forum Stiftung« gesponsert und von der Verwaltung des Präsidenten der »Russischen Föderation« unterstützt. In diesem Jahr war eine italienische Delegation bestehend aus Geschäftsleuten und PolitikerInnen der »Lega Nord« und »Forza Italia« angereist. Ziele sind das Ende der Sanktionen gegen die Krim sowie der Ausbau von Wirtschaftsbeziehungen. Bereits im Oktober 2016 besuchte eine italienische Delegation die Krim. Auch damals diskutierten die Geschäftsleute und PolitikerInnen die Vertiefung von Wirtschaftsbeziehungen. Mit dabei waren Vertreter der »Lega Nord« und »Fratelli d‘Italia« (»Brüder Italiens«) sowie ein Delegierter der »Alternativa Libera« (»Freie Alternative«). Die gemeinsamen Veranstaltungen sind Teil der strategischen Annäherung rechter Parteien aus der EU an die russischer Politik.

Freilassung eines Attentäters
Pretoria (Südafrika). Am 5. Mai hat das Gericht in Pretoria die Freilassung von Janusz Walu? verfügt. Walu? befindet sich seit 24 Jahren in Haft für den Mord vom 10. April 1993 an Chris Hanid, dem Kopf der »Kommunistischen Partei Südafrikas«. Walu? emigrierte 1981 von Polen nach Südafrika. Als Verfechter des Apartheid-Systems trat er der mitregierenden »National Party« und der neonazistischen »Afrikaner Weerstandsbeweging« bei. Die Waffe für das Attentat auf Hani bekam Walu? von Clive Derby-Lewis, einem Politiker der »National Party« und dem Mitbegründer der späteren Abspaltung, der »Conservative Party«. Beide wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt, Derby-Lewis wurde aus gesundheitlichen Gründen 2015 freigelassen und starb am 3. November 2016. Derweil wird in Polen die mögliche Freilassung Walu? von der extremen Rechten mit Spannung erwartet und vorbereitet. Das Spektrum reicht dabei von Hooligans, die bereits T-Shirts in Umlauf bringen, bis zu Mitgliedern des »Sejm« (Parlaments). Dort setzen sich Mitglieder der Partei »Kukiz 15« und Jan Zaryn, Senator der Regierungspartei PiS, für seine Freilassung ein. Tomasz Rzymkowski von »Kukiz 15« argumentiert, dass Walu? ein politischer Gefangener sei. Für Artur Zawisza von »Ruch Narodowy« (»Nationale Bewegung«) ist Walu? kein Mörder, sondern ein »verfluchter Held« und ebenfalls ein »politischer Gefangener«. Gegen die Entscheidung des Gerichts in Pretoria wurde vom Justizminister Michael Masutha Berufung eingelegt, diese wird am 29. Mai vor dem Hohen Berufungsgericht in Bloemfonstein verhandelt.