Sachsen-Anhalt

von Wolfgang Laskowski


Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017

Im März 2016 fuhr die »Alternative für Deutschland« in Sachsen-Anhalt bei den Landtagswahlen ein fulminantes Ergebnis ein. Binnen Jahresfrist hat sich die Partei im Parlament und in der Öffentlichkeit mit Personalquerelen, politischen Provokationen und Rechtsaußen-Kontakten profiliert.

André Poggenburg im Mai 2017 in Wittenberge © Presseservice Rathenow

 

Der 13. März 2016 war ein Tag des Triumphs für die «Alternative für Deutschland« (AfD) Sachsen-Anhalt. An diesem Wahlsonntag erreichte die AfD bei den Landtagswahlen 24,3 Prozent der Stimmen und zog mit fünfundzwanzig Abgeordneten in den Landtag in Magdeburg ein. Von Beginn an positionierte sich die Fraktion im innerparteilichen Machtkampf auf Seiten des völkisch-nationalistischen Flügels der Partei um den Thüringer Björn Höcke. Partei- und Fraktionschef André Poggenburg fuhr schon seinen strammen Rechtskurs, als die Partei noch als national-liberal oder national-konservativ galt. Entsprechend kurz sind die Wege zum in Sachsen-Anhalt ansässigen »Institut für Staatspolitik« (IfS) und dem Verleger Götz Kubitschek. Keine Berührungsängste, trotz formalem Abgrenzungsbeschluss bestehen zu der neurechten »Identitären Bewegung« (IB), die in Halle (Saale) mit der Gruppe »Kontra-Kultur« über einen regionalen Ableger von hoher Strahlkraft verfügen. Ideologischer Kopf der AfD-Fraktion ist der Abgeordnete Hans Thomas Tillschneider. Der promovierte Islamwissenschaftler inszeniert sich als kerniger Rechtsintellektueller der Fraktion, ist Sprecher der »Patriotischen Plattform« in der AfD, trat als Redner bei PEGIDA in Dresden auf, und wirbt offensiv für eine Kooperation mit den »Identitären«. Im IfS in Schnellroda ist er ein offenbar gern gesehener Gast.

Im Rausch der Provokation
Im ersten Jahr ihrer parlamentarischen Präsenz fiel die AfD durch ein Wechselspiel von Provokation und Tabubruch auf. Ob ›Burka-Verbot‹ oder Debatte um den angeblich unter Studierenden grassierenden ‚›Linksextremismus‹, den es wie »Wucherungen am Volkskörper« zu entfernen gelte. Die Partei ist auf einen rhetorischen Knalleffekt aus. Eine Strategie, die auch im Landtag und den Ausschüssen fortgesetzt wird. Zuletzt beantragte die AfD im Landtag ein Dienstpflichtjahr, genannt »Heimatdienst« oder plante in die Spielplanhoheit der Theater einzugreifen.

Der Kater danach
Von der Euphorie der ersten Monate ist wenig geblieben. Poggenburg führt Fraktion und Partei aus einer Hand derart autoritär, dass die seit längerem schwelenden Konflikte erst auf einem Landesparteitag, und dann in der Fraktion eskalierten. Es ging um Durchstechereien von Partei- und Fraktionsinterna an die Presse, Putschpläne gegen André Poggenburg und Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den Abgeordneten Matthias Büttner. Im Mai dann traten nacheinander drei Abgeordnete, Sarah Sauermann, Gottfried Backhaus und Jens Diederichs aus der Fraktion aus. Die Motive für diesen Schritt dürften sehr unterschiedlich gewesen sein. Backhaus etwa, hatte kurz zuvor seinen Posten als kirchenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion verloren, sah sich in der Fraktion Mobbing ausgesetzt, wodurch er einen Schlaganfall erlitt. Jens Diederichs, der bereits in der »Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands« und der SPD Mitglied gewesen war, suchte und fand Aufnahme in der CDU/Fraktion, während Sarah Sauermann fraktionslos blieb.
Vorerst letzter Höhepunkt der Entwicklung der AfD in Sachen-Anhalt war die Veröffentlichung von geleakten Chat-Protokollen einer Messenger-Gruppe in der Poggenburg und wesentliche MandatsträgerInnen, aber auch einfache Basis-Mitglieder der AfD vertreten waren. In diesem, über einen Zeitraum von zwei Monaten reichenden Chat-Protokoll, lassen sich mühelos menschliche Abgründe ebenso wiederfinden, wie Gewalt- und Vernichtungsphantasien gegenüber PolitikerInnen und JournalistInnen, offener Rassismus und Vorschläge für konkrete Maßnahmen im Falle einer »Machtübernahme« durch die AfD. Im Chat vertreten war offenbar auch ein Bundespolizist, der den Teilnehmenden seine Kenntnisse beim Schießen zur Verfügung stellen wollte.
In den Umfragen hat die AfD einen regelrechten Absturz erlebt. Von ehedem 24,3 Prozent der WählerInnen würden nun immerhin noch 13 Prozent der Partei ihre Stimme geben. Ob dies bis zur Bundestagswahl so bleibt, hängt vom Ausgang der internen Debatte und ihrer bundesweiten Kampagnenfähigkeit ab.

Rechts von der AfD darf es keine Partei geben
Die AfD Sachsen-Anhalt hat sich binnen eines Jahres im Parlament von einem ohnehin rechten Selbstverständnis zu einem offenen völkischen Nationalismus radikalisiert. Ihre Mandats- und FunktionsträgerInnen hantieren mit NS-Vokabular, diffamieren politische KonkurrentInnen und gesellschaftliche Minderheiten in einem Jargon, der sich nicht mehr wirklich von dem neonazistischer Gruppen unterscheidet. Sie ist in Sachsen-Anhalt fest in das neurechte Netzwerk im Dreieck zwischen IfS, »Identitären« und der selbsternannten Bürgerbewegung »EinProzent« eingebunden. Im Parlament verfolgt sie bei ihren Kernthemen wie Migration und Familie einen unverhüllt extrem rechten Kurs. Dies alles lässt nur einen Schluss zu: die AfD in Sachsen-Anhalt entwickelt sich zu einer faschistischen Partei im rechtspopulistischen Mäntelchen.