Schleswig-Holstein
von Joshua Koch
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017
Die »Alternative für Deutschland« (AfD) Schleswig-Holstein zog bei den Landtagswahlen im Mai 2017 zwar in den Kieler Landtag ein, erzielte mit knapp 5,9 Prozent allerdings das schlechteste Ergebnis seit der Wahl in Bremen im Mai 2015. Der Fraktion werden der Co-Landesvorsitzende Jörg Nobis sowie Frank Brodehl, Doris von Sayn-Wittgenstein, Volker Schurrbusch und Claus Schaffer angehören. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Claus Schaffer war bis 2013 für die rechtspopulistische Kleinpartei »Die Freiheit« tätig, die vor allem durch ihre islamfeindlichen Äußerungen und Aktionen in Erscheinung trat. Ende 2016 gab »Die Freiheit« ihre Auflösung bekannt, da sie ihre parteipolitischen Ziele durch die AfD »überzeugend fortgesetzt« sah.
Der bis vor kurzem unbekannte Nobis versuchte im Wahlkampf sich selbst und seine Partei als »moderat« darzustellen und hatte damit in Teilen der Presse auch Erfolg. Zugpferd im Wahlkampf war aber eindeutig positionierte Bundesprominenz, wie etwa Beatrix von Storch und Alice Weidel. Ein besonderer inhaltlicher Tiefpunkt war der Versuch, im migrantisch geprägten Kiel-Gaarden als »AfD-Bürgerwehr« aufzutreten – und damit ideologisch die Brücke nach Freital, Nauen usw. zu schlagen. Dies scheiterte allerdings am antifaschistischen Widerstand, ähnlich wie auch der gesamte Wahlkampf der AfD für sie kein Erfolg war: Eine Wahlkampfveranstaltung in Kiel wurde wegen angekündigter antifaschistischer Proteste abgesagt, in Lübeck gab es massive Gegenproteste, und wenn die AfD aufs Land auswich, traf sie auf lautstarken und vereinten Protest organisierter antifaschistischer Gruppen und der lokalen Bevölkerung.
Die Kampagne »Aufstehen gegen Rassismus« resümierte, dass die AfD den Wahlkampf einer rechten Kleinpartei geführt und es nicht vermocht hatte, inhaltlich bei breiteren Teilen der Bevölkerung anzuknüpfen. Auch im Pressestatement nach dem Wahlsonntag jammerte Nobis fast ausschließlich darüber, wie schwer der Partei der Wahlkampf gemacht worden sei. Es bleibt zu hoffen, dass auch die AfD-Fraktion im Landtag eine weitgehend unbeachtete rechte Kleinfraktion bleiben wird – ein erster symbolischer Schritt in diese Richtung mag die Zuweisung von Fraktionsbüros im Keller des Landtagsgebäudes gewesen sein.
Bei der anstehenden Bundestagswahl im September wird der Landesverband angesichts des im Bundesvergleich schlechten Wahlergebnisses und der wenigen in Schleswig-Holstein zu vergebenden Parlamentssitze wohl kaum auf große Unterstützung durch die Bundesprominenz hoffen können.
Listenplatz 1 und 2 für die Bundestagswahl belegen der Finanzmanager und Co-Landesvorsitzende Bruno Hollnagel, der seine Nähe zur Neuen Rechten mit einem Kurzinterview in deren Leitmedium »Junge Freiheit« unter Beweis stellte, sowie der Arzt und Hochschulprofessor Axel Gehrke. Auf Platz 3 kandidiert Gereon Bollmann, Richter am Oberlandesgericht Schleswig und dort in einem Familiensenat tätig. Die Kandidatur eines Richters sorgte für besonderes öffentliches Befremden: »Schön ist es nicht, dass ein Richter, der für den Rechtsstaat einstehen soll, sich in einer so rechtsstaatsfeindlichen Partei engagiert«, so der Fraktionsvorsitzende des »Südschleswigschen Wählerverbands«, Lars Harms. Auch »Bündnis 90/ Die Grünen« und die »Neue Richtervereinigung« äußerten sich ähnlich.
Bei den Kommunalwahlen 2013 war die Partei noch nicht angetreten.
Von Wahlen abgesehen, machte die Partei in den letzten Jahren vor allem durch interne Querelen auf sich aufmerksam. Diese waren allerdings weniger auf parteiinterne »Flügelkämpfe« zurückzuführen – in diesen positionierte sich der Landesverband nicht wahrnehmbar – sondern eher Ausdruck persönlicher Machtkämpfe.
Auch in Schleswig-Holstein bestehen Überschneidungen zu anderen Spektren der extremen Rechten. So wurde etwa Alice Weidel bei ihren Wahlauftritten im Land von mehreren jungen Männern begleitet, die vorher im Kontext der »Identitären Bewegung« aufgefallen waren. Die wiederum übernachteten im Haus der seit Jahrzehnten einschlägig bekannten »Alten Königsberger Burschenschaft Alemannia«.
Auch traten zahlreiche Mitglieder der »Jungen Alternative« und der »Alemannia« bei den Kieler Uni-Wahlen 2016 gemeinsam als Wahlliste »Bund Freiheitlicher Studenten« an. Weitere Überschneidungen finden sich mit Blick auf den Kieler Kreisvorstand und dessen Social Media-Beauftragten Robert Schmidt. Der hatte mehrfach erfolglos versucht, mit KIGIDA einen Ableger der völkischen PEGIDA-Bewegung in Schleswig-Holstein zu initiieren.