Die Verbindungen der AfD

von Lucius Teidelbaum

Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017

#AfD

In den Reihen der »Alternative für Deutschland« tauchen vermehrt Mitglieder von Studentenverbindungen auf. Ein Umstand, der auch in den Medien thematisiert wird. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass es sich um keinen Zufall, sondern um eine politische Liebesheirat handelt.

 

 

Studentenverbindungen sind in der Mehrzahl wert- und strukturkonservativ. Viele können politisch durchaus als rechtskonservativ eingestuft werden und so manche lassen dabei eine Abgrenzung zur extremen Rechten vermissen. Die Dachverbände »Deutsche Burschenschaft« (DB) und »Deutsche Gildenschaft« (DG) dürfen sogar getrost der extremen Rechten zugerechnet werden. Bei anderen Dachverbänden und Einzelbünden ist die Einordnung nicht so eindeutig. Völkische Verbindungsstudenten engagierten sich früher in der NPD, in extrem rechten Kleinstparteien oder bei Publikationen wie der rechten Wochenzeitung »Junge Freiheit«. Rechtskonservative Korporierte waren früher dagegen eher auf den rechten Flügeln von Union und FDP beheimatet.

Mit dem Auftauchen der »Alternative für Deutschland« (AfD) ergab sich ein neues attraktives politisches Betätigungsfeld für elitäre und nationalistische VerbindungsstudentInnen. Das bestätigt Joachim Paul, Mitglied der »Burschenschaft der Raczeks zu Bonn«, der für die AfD im Landtag von Rheinland-Pfalz sitzt. Er verkündete im Interview mit den »Burschenschaftlichen Blättern« (Ausgabe 2/2016): »Für Korporierte ist die AfD doch längst erste Wahl, weil man sich gerade in der ‹Jungen Alternative› einbringen kann, ohne seine Mitgliedschaft in einer schlagenden Studentenverbindung verleugnen oder herunterspielen zu müssen.«

Die Sogkraft auf das korporierte Milieu auch jenseits der politisch einschlägigen Dachverbände DB und DG beobachtet Florian Boenigk, Bundesvorsitzender des Lasalle-Kreises, einer Vereinigung von korporierten Sozialdemokraten. Im August 2016 sagte er bei einem Treffen in Tübingen: »Die AfD, insbesondere die JA, wirbt sehr stark nach Funktionären innerhalb der Korporationsszene. In meinem Bund beobachte ich, dass politische Diskussionen an Schärfe zunehmen und Argumentationsmuster ähnlich der AfD hie und da auftauchen.« Unter den korporierten AfD-Landtagsabgeordneten finden sich mindestens drei Mitglieder in einer Burschenschaft, die nicht in der »Deutschen Burschenschaft« organisiert ist. Weiterhin finden sich dabei ein Mitglied einer Landsmannschaft, eines einer Sängerschaft und ein ehemaliges einer Sängerschaft, ein Mitglied einer katholischen Verbindung, eines einer Deutschen Hochschulgilde sowie zwei Corps-Mitglieder.

Jobmotor AfD
Der Einzug der AfD in die Parlamente generierte auch Jobangebote für Korporierte. So finden sich eine Häufung von DB-Burschenschafter unter den Mitarbeitenden der AfD in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Vermutlich auch, weil sich kein geeignetes akademisches Personal in den eigenen Reihen fand. Im Umfeld der AfD-Fraktion von Sachsen-Anhalt gründete sich mit der »Burschenschaft Germania Magdeburg« sogar eine eigene Burschenschaft neu. Bei der Gründung anwesend waren auch drei AfD-Landtagsabgeordnete: Hans-Thomas Tillschneider, Jan Wenzel Schmidt und Oliver Kirchner.

Auffälligerweise sind mehrere ehemalige DB-Sprecher bei der AfD aktiv. So ist zum Beispiel Jörg Sobolewski (»Burschenschaft Gothia Berlin«) unter anderem Kandidat zur Bundestagswahl 2017 auf der Berliner Landesliste.
Gordon Engler (»Burschenschaft Arminia Dresden«) sitzt für die AfD im Stadtrat von Dresden, Torben Braga (»Jenaische Burschenschaft Germania«, »Burschenschaft Germania Marburg«) arbeitet für die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag und Christoph Basedow (»Burschenschaft Redaria-Allemannia Rostock«) war Fraktionsjustitiar der AfD Mecklenburg-Vorpommern. Und mit Albrecht Glaser, dem Bundespräsidentschafts-Kandidaten der AfD 2017, war ein »Alter Herr« für das höchste Amt im Staate vorgesehen. Glaser war neben seiner Mitgliedschaft in der »Burschenschaft Allemannia Freiburg« auch 1968 Sprecher der »Deutschen Burschenschaft«.

Offenbar haben sie als ehemalige DB-Sprecher ihr PR-Handwerk im Dachverband gelernt und wenden die dabei erworbenen Fähigkeiten nun bei der AfD an. Das Abstreiten von Skandalen und das Verharmlosen des politischen Charakters dürften in Partei wie im Dachverband ähnlich sein.
Auch der Wahlkampfmanager für den Bundestagswahlkampf hat einen korporierten Hintergrund. Michael Büge aus Berlin ist Mitglied der »Burschenschaft Gothia Berlin« sowie der pennalen Burschenschaft »Iuvenis Berlin«. Das ehemalige CDU-Mitglied ist in korporierten Kreisen hoch angesehen, weil er sich gegen seine Karriere und für seinen Lebensbund entschied, nachdem er von seinem damaligen Arbeitgeber vor die Wahl gestellt wurde.

Korporierte Kaderreserve der Partei
Dass das konservative korporierte Milieu Affinitäten zur AfD hat, verwundert im Grunde kaum. Antifeminismus und Heterosexismus, ein elitäres Selbstverständnis sowie Nationalismus finden sich auf beiden Seiten. Hier kommt zusammen, was zusammen gehört.
In der absoluten Zahl sind Verbindungsstudenten als Wählergruppe außerhalb von internen Wahlen in Hochschulen nicht sonderlich wichtig für die AfD. Interessanter ist eher, dass Männer mit akademischer Bildung und gefestigter politischer Einstellung sich der AfD anschließen und hier ihre Fähigkeiten und Netzwerke einbringen.

Ein Blick nach Österreich, wo Mitglieder völkischer Verbindungen das Rückgrat der extrem rechten »Freiheitlichen Partei Österreichs« (FPÖ) stellen, zeigt die Gefahren. Korporierte haben hier maßgeblich zur Professionalisierung der Partei beigetragen.
Der Leak einer geschlossenen Facebook-Gruppe von Korporierten in der AfD, der im Dezember 2015 endete, gibt einen Eindruck von der Zugehörigkeit Korporierter.

Viele gehörten Burschenschaften an, aber es fanden sich ebenso »Alte Herren« von katholischen Verbindungen, von Corps, von Sängerschaften, von Turnerschaften, von Landsmannschaften oder sogar aus Damenverbindungen. Die gesamte Bandbreite des Spektrums der Verbindungen also. Oder anders ausgedrückt: Rechte aller Coleur, die jetzt ihre neue politische Heimat bei der AfD gefunden haben.