»Einige meiner besten Freunde«
von Lara Schultz
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 167 - Juli 2017
Achille Demagbo, ein aus dem westafrikanischen Benin stammender Sprachwissenschaftler und Konferenzdolmetscher.« Was wie ein logischer Schluss klingt – klingen soll –, geht von falschen Prämissen aus: Kein Sprachwissenschaftler ist Nazi? Kein Schwarzer ist rechts? Ressentiments und Vorurteile finden sich aber nicht ausschließlich bei der Mehrheit oder den »Stärkeren«, wenn auch Minderheiten oder selbst Diskriminierte weniger – oder keine – diskursive oder reale Macht zur Ausgrenzung haben. Dennoch: Auch (potentiell) selbst von Diskriminierung Betroffene haben Ressentiments. Es gibt antifeministische Frauen, rassistische Nicht-Deutsche, antisemitische Jüdinnen und Juden, es gibt Lesben und Schwule, die Homosexualität ablehnen, ebenso wie antisemitische Frauen und antifeministische Nicht-Deutsche. Für die politische Diskussion wichtig ist die banale Erkenntnis, dass sich aus Identitätsmerkmalen nicht auf Einstellungen schließen lässt.
Besorgte Familien
Ein Blick in das Grundsatzpapier der Partei oder auch in das aktuelle Bundestags-Wahlprogramm lässt keinen Zweifel an der Ausrichtung der AfD. So fordert sie ein »Europa der Vaterländer«, was dem Ethnopluralismus zugrunde liegt, wie er von Alain de Benoist formuliert und der vor allem von der NPD und anderen extremen Rechten verwendet wird. Sebastian Friedrich beschreibt das Phänomen als »eine Art modernisierter Rassismus«, in dem die biologistische Argumentation ersetzt wird durch das Festschreiben »unüberbrückbarer kultureller Unterschiede«, aus dem sich die Notwendigkeit der nationalen und kulturellen Identität eines jeden Volkes ableite.
Das Wahlprogramm sieht eine »kinderfreundliche Gesellschaft und (den) Erhalt des Staatsvolks« vor, diese seien als Staatsziel ins Grundgesetz aufzunehmen: »Der Erhalt des eigenen Staatsvolks ist vorrangige Aufgabe der Politik und jeder Regierung. Dies kann in der derzeitigen demographischen Lage Deutschlands nur mit einer aktiven Bevölkerungspolitik gelingen. Die AfD will, dass sich die Familienpolitik des Bundes und der Länder am Bild der Familie aus Vater, Mutter und Kindern orientiert. Wir lehnen alle Versuche ab, den Sinn des Wortes ›Familie‹ in Art. 6, Abs. 1 Grundgesetz auf andere Gemeinschaften auszudehnen und der Familie auf diesem Wege den besonderen staatlichen Schutz zu entziehen.« Unter »Staatsvolk« scheint die AfD jedoch nicht ein rechtliches Verhältnis zum Staate zu meinen, sondern eine rassische Kategorie. Den Erhalt des eigenen Staatsvolks zu sichern bedeutet dann nicht anderes, als den »großen Austausch«, wie beispielsweise die »Identitären« Migrationsbewegungen nennen und hierbei einen geheimen Plan unterstellen, zu verhindern. Und die heterosexuelle Familienkonstellation Vater-Mutter-Kinder soll genau dazu beitragen. Eben deshalb wendet sich die AfD gegen jede staatliche Förderung von »Gender-Studies«, da »viele der im Bereich des ›Gender-Mainstreamings‹ vertretenen Ansichten (…) den Ergebnissen der Naturwissenschaft, der Entwicklungspsychologie und der Lebenserfahrung« widersprächen. Die »Gender-Ideologie« marginalisiere »naturgegebene Unterschiede zwischen den Geschlechtern« und wirke damit »traditionellen Wertvorstellungen und spezifischen Geschlechterrollen in den Familien entgegen«.
Björn Höcke, der zugegebenermaßen eine besonders radikale Minderheit in der AfD vertreten mag, dennoch Landessprecher und -fraktionsvorsitzender ist, nennt die »Auflösung der natürlichen Geschlechterordnung«, das Gender-Mainstreaming,»dekadent«; »jeder weiteren Auflösung dieser Keimzelle unseres Volkes« [die Familie, LS] müsse energisch entgegen getreten werden. »Keimzelle« scheint dabei der Lieblingsbegriff Höckes zu sein. Die Familie mit Vater, Mutter, Kindern sei darüber hinaus die »Keimzelle unserer Gesellschaft« – das erinnert an die nationalsozialistische Vorstellung der Familie als »Keimzelle der Volksgemeinschaft«.
Besorgte Homosexuelle
Auch die bereits erwähnte Jana Schneider teilt das Familienbild der Partei: Das sei eben ein Problem, so sagte sie dem »Vice Magazin«, »mit dem man sich als Homosexueller auseinandersetzen muss: Wie man Sorge dafür trägt, dass ein Kind alles hat, auch eine Mutter und einen Vater.« Für diese Übernahme heteronormativer Denkweisen in einem queeren Diskurs prägte die Queer-Theoretikerin Jasbir Puar den Begriff Homonationalismus. Menschenverachtende Positionen machen auch vor homosexuellen Menschen nicht Halt, da deren Erfahrung der Differenz zur Mehrheitsgesellschaft eben nicht zwangsläufig solidarisch macht. Auch hier findet sich der Wunsch, zur Mehrheit zu gehören, die Norm zu sein und die Norm zu bestimmen, Macht über andere ausüben zu können.