kurz und bündig Ausgabe 162


Magazin "der rechte rand" - Ausgabe 162 - September 2016

Almosen für überlebende Roma
Prag/Tschechien. Für die 15 letzten verbliebenen tschechischen Roma, die deutsche Konzentrationslager überlebt haben, hat das tschechische Außenministerium nach mehreren Monaten eine »Entschädigung« von 2.500 Euro pro Person ausgehandelt. Die Auszahlung muss aber beantragt werden. Ein Vertreter des »Ausschusses für Holocaust-Entschädigung für die tschechischen Roma« (VPORH) nannte den Betrag »lächerlich«. Während des Nationalsozialismus wurden die europäischen Sinti und Roma als »fremdrassige« und »geborene Asoziale« verfolgt und ermordet. Nur knapp 600 der 6.500 tschechischen Roma überlebten den Völkermord, danach wurden sie weiterhin rassistisch diskriminiert und lebten in Armut.

Neonazi läuft Amok
Woodland/USA. Am 15. Juli ist ein 35-jähriger Neonazi auf der Flucht festgenommen worden, nachdem er drei Menschen getötet und eine Frau schwer verletzt hatte. Das Tatmotiv sei unklar, teilte die Polizei mit. Alle Opfer seien Weiße und aus dem Umfeld des Täters. Zuletzt war er 2013 verurteilt worden, als er zusammen mit seinem Bruder einen Schwarzen in einer Bar rassistisch beschimpft und mit einer Waffe bedroht hatte. Ein Foto aus den Akten der Polizei zeigt ihn mit nacktem Oberkörper, der mit Nazi-Tätowierungen (Hakenkreuzen, Hitler-Portrait, SS-Totenköpfen und dem Schriftzug »RaHoWa« [»Racial Holy War«]) übersät ist.

»Sturmvogel«-Lager in Schweden
Småland/Schweden. Das schwedische Recherchemagazin »EXPO« hat am 30. Juli ein Sommerlager der völkischen Organisation »Sturmvogel« aufgedeckt. Etwa 40 Kinder im Alter zwischen fünf und 16 Jahren sollen in dem Camp im südschwedischen Småland übernachtet und uniformiert an körperlichen Übungen und Fahnenappellen teilgenommen haben. Der Sturmvogel wurde 1987 als Abspaltung der mittlerweile verbotenen »Wiking-Jugend« (WJ) gegründet, die sich auf den Nationalsozialismus bezog. Die Organisation »volkstreu eingestellter Deutscher« will die Kindererziehung von KameradInnen unterstützen. Auf Fahrten werden Runenschrift und germanische Begriffe gelehrt, völkische Lieder gesungen und Fahnenappelle abgehalten. Nach dem Verbot der »Heimattreuen deutschen Jugend« (HDJ) schlossen sich viele der extrem rechten Mitglieder dem »Sturmvogel« an, der weniger auffällig in Erscheinung tritt.

Spitzel in der NPD?
Dresden. Der frühere NPD-Politiker Werner Georg Klawun erklärte am 28. Juli gegenüber »Bild«, er habe als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet. Der 1942 geborene frühere Lehrer zog 2004 über die Liste einer Wählervereinigung in den Dresdener Stadtrat ein. Nachdem ihn die »Bürgerfraktion« 2006 ausschloss, wechselte er zur NPD-nahen Liste »Nationales Bündnis Dresden« (NBD). Durch diesen Übertritt erreichte das NBD Fraktionsstatus. 2009 kandidierte Klawun für die NPD erfolglos zum Stadtrat. Seine Kandidatur war umstritten, da sie aufgrund seiner Ehe mit einer Albanerin und eines gemeinsamen Kindes dem »völkischen und nationalen Bestreben« entgegen stehe. Klawun sei ein »Exponent der Multi-Kulti-Gesellschaft« lautet die Kritik. Zur Bundestagswahl 2009 trat Klawun im niedersächsischen Wilhelmshaven erfolglos für die NPD als Direktkandidat an. Mittlerweile ist er zum Islam konvertiert. Wann und für welchen Geheimdienst Klawun spitzelte, ist unbekannt.

Braunes »Familienfest«
Erfurt. Der Kreisverband der Partei »Die Rechte« um den Neonazi Michael­ Fischer hat am 30. Juli ein »Familienfest« für »hilfsbedürftige deutsche Familien« ausgerichtet. Nachdem der ursprüngliche Veranstaltungsort untersagt wurde, wurde auf dem Drosselberger Marktplatz unter dem Slogan »Deutsche Familien zuerst« eine Kundgebung abgehalten und danach das Fest in einer ehemaligen Kaufhalle, in welcher der extrem rechte Verein »Volksgemeinschaft Erfurt e. V.« Räumlichkeiten angemietet hat. Für die Kinder gab es Losbuden, Hüpfburg und Kinderschminken, für die Männer ein Fußballturnier und für die Frauen »das ein oder andere Stück Kuchen«. Als weiterer Organisator trat neben Fischer der stellvertretende Kreisvorsitzende Enrico Bicysko auf, der bei seinem Wechsel von der NPD zur »Die Rechte« sein Mandat als Stadtrat in Erfurt mitgenommen hat.

Hooligan-Konzert verhindert
Beverstedt. Ein geplantes Konzert der Hooliganband »Kategorie C« ist am 30. Juli durch die Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit den örtlichen Sicherheitsbehörden verhindert worden. Der Bürgermeister hatte dem Pächter des Veranstaltungsortes eine Untersagungsverfügung überreicht. Im gleichen Gebäude sind auch Geflüchtete untergebracht. Das Konzert sollte im Rahmen einer Geburtstagsfeier stattfinden, vereinzelt wurden am Abend Autos gesichtet, die Angehörigen des rechten Spektrums zugeordnet wurden.

Kein Gedenkmarsch
zum »Wincklerbad«
Bad Nenndorf. Der seit 2006 jährlich stattfindende »Trauermarsch« in Bad Nenndorf bei Hannover ist in diesem Jahr ohne Angabe von Gründen abgesagt worden. Im vergangengen Jahr waren nur knapp 200 Neonazis dem Aufruf gefolgt, in den Jahren davor waren es bis zu 900. Sie zogen zum »Wincklerbad«, in dem sich von 1945 bis 1947 ein Internierungslager und ein Verhörzentrum der britischen Armee für Nazis befunden hatten. Die Trauermärsche sind noch bis zum Jahr 2030 angemeldet; die Internetpräsenz, die in den vergangenen Jahren als Mobilisierungsplattform diente, steht inzwischen zum Verkauf.

Freispruch für Püschel
Naumburg. Das Oberlandesgericht Naumburg hat am 3. August mitgeteilt, der NPD-Politiker Hans Püschel sei seit Oktober 2015 vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Püschels Äußerungen in einem Gedicht seien im Rahmen der Meinungsfreiheit nicht als strafbar eingestuft worden. Er hatte darin den Holocaust als »Mythos« bezeichnet. Im Kreistag des Burgenlandkreises, wo er als Fraktionsvorsitzender der NPD sitzt, sprach er im März 2016 vom Holocaust als »Gespenst der Vergangenheit«, außerdem stellte er die Zahl der Opfer der Shoah in Frage. Das Gericht sah darin jedoch »kein verharmlosendes Herunterrechnen«. Püschel bezeichnet seine relativierenden Aussagen als »Aufklärungs­arbeit«.

PEGIDA-Partei gegründet
Dresden. Wie am 18. Juli bekannt wurde, will PEGIDA-Chef Lutz Bachmann bereits am 13. Juni die Partei «Freiheitlich direkt-demokratische Volkspartei« (FDDV) gegründet haben. Er selbst wolle kein Amt einnehmen, sondern »der Lutz von PEGIDA auf der Straße« bleiben. Seit einem Jahr schon war im Gespräch, einen »parlamentarischen Arm« der PEGIDA-Bewegung zu schaffen, der aber ausdrücklich nicht in Konkurrenz zur »Alternative für Deutschland« (AfD) stehe. Offiziell sind beim Bundes- und Landeswahlleiter noch keine Unterlagen eingereicht worden, Strukturen und Inhalte der Partei sind ebenfalls nicht bekannt.

Leichenumrisse gemalt
Sachsen. Am 17. Juni wurde an den Bahnhöfen Heidenau und Dresden-Zschachwitz Leichenumrisse gemalt und diese mit dem Schriftzug »Kehren Sie in ihre Heimat zurück« auf Arabisch versehen. Am 23. Juli wurden erneut mit Kreide Leichenumrisse mit einer roten Flüssigkeit auf die Bahnhöfe Dresden-Zschachwitz sowie in Heidenau, Heidenau-Süd und Königstein im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge angebracht, daneben wurden Zettel mit den Aufschriften »Migration tötet« und »Merkel = Volkstod« gefunden. Eine Woche später wurden die Stationen in Böhlen, Neukieritzsch und Lobstädt beschmiert. Die Polizei ermittelte laut eigenen Angaben bislang vier Personen aus dem Umfeld der »Identitären Bewegung«. Unklar sei, ob die Männer für alle Taten verantwortlich seien. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen, da die Taten politisch motiviert seien. Der Straftatbestand der Volksverhetzung sei aber laut Polizei nicht erfüllt, sie habe Anzeige wegen Sachbeschädigung gestellt. Ähnliche Vorfälle fanden am 5. August vor der Landesgeschäftsstelle der Linken und am Bahnhof Dresden-Strehlen statt, weitere an Bahnhöfen in den Kreisen Chemnitz und Leipzig.

Keine Unterkunft für Geflüchtete
in Rostock
Rostock. Die Stadt Rostock hat die Einrichtung einer Unterkunft für minderjährige Geflüchtete im Stadtteil Groß Klein gestoppt. Sie begründete die Entscheidung mit Sicherheitsbedenken, da es zuvor mehrfach zu Protesten und Zwischenfällen gekommen war. Am 2. Juni hatte eine extrem rechte »Bürgerwehr« demonstriert, in den folgenden Wochen versammelten sich immer wieder Neonazis, zum Teil unter »Heil Hitler«-Rufen. Im Juli war daraufhin eine Wohngruppe für Geflüchtete aufgelöst worden. Antirassistische AktivistInnen bezeichneten die Entscheidung als »Ein­knicken« vor den Neonazis und werteten sie als »falsches Signal«.

Freiwillige bei Stadtfest rassistisch
beleidigt
Nordhausen. Am 6. August sind BesucherInnen eines Altstadtfestes in Nordhausen fremdenfeindlich beschimpft worden. Die jungen Erwachsenen aus Mexiko, Russland und Schweden – TeilnehmerInnen des »International Summer Camp« in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora – seien rassistisch beleidigt und aufgefordert worden, in ihre Heimatländer zurückzukehren, außerdem wurde ein Fahrrad beschädigt.

Schusswechsel mit »Reichsbürgern«
Korb/Reuden. Am 19. August musste die Polizei in Korb (Rems-Murr Kreis) einen Autofahrer durch einen Schuss in einen Reifen stoppen. Zuvor hatte sich der 60-Jährige bei einer Verkehrskontrolle geweigert sich auszuweisen. Als »Reichsbürger« habe er keine Dokumente der Bundesrepublik Deutschland und erkenne diesen Staat und seine Institutionen nicht an. Anschließend versuchte er mit dem Auto zu flüchten und schleifte dabei einen Polizeibeamten mehrere Meter mit.
Bei der Zwangsräumung einer von »Reichsbürgern« bewohnten Immobilie am 25. August in Reuden (bei Zeitz in Sachsen-Anhalt) kam es zu Steinwürfen auf die Polizei. Der 41-jährige Eigentümer, Adrian Ursache – ein ehemaliger Mister Germany – bedrohte die Polizei mit einer Schusswaffe. Bei dem anschließenden Schusswechsel wurde Ursache schwer verletzt und musste in ein Krankenhaus geflogen werden. Bei der Räumung wurden zwei Polizeibeamte verletzt.

Treffen für Haverbeck
– Wulff verlässt die NPD
Walsrode/Hamburg. Am 27. August fand auf einem Privatgrundstück im Ortsteil Nordkampen eine »Solidaritätsveranstaltung für Ursula Haverbeck« statt. Etwa 60 Personen folgten dem Ruf des Ortsverbandes Verden von »Die Rechte«. Nach Beschwerden über die Lärmbelästigung beschlagnahmte die Polizei die Lautsprecheranlage und führte sogenannte Gefährderansprachen durch. Neben Haverbeck und dem kürzlich aus der Haft entlassenen Dieter Riefling war auch Thomas Wulff anwesend. Wulff, ehemaliges Bundesvorstandsmitglied und Landesvorsitzender der NPD in Hamburg, hat wenige Tage nach der Veranstaltung in Walsrode/Nordkampen gegenüber »NDR Info« seinen Austritt aus der NPD bestätigt.