»Der beste TV-Sender im deutschsprachigen Raum«

von Bianca Kämpf
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 198 - September | Oktober 2022

#AUF1

Zumindest, wenn es nach den Einschätzungen des erst kürzlich auf den Philippinen verhafteten Verschwörungserzählers Oliver Janich geht. Dessen Lobeshymne mag Resultat aus der anhaltenden wechselseitigen Rezeption sein, wie etwa das Teilen von Janichs Vergleich der Impfung mit »vorsätzlichem Massenmord« im AUF1-­Telegramkanal oder seinem Demo-Aufruf für Wien, in dem er Österreich als »Versuchslabor der Freimaurer« bezeichnet.

Antifa Magazin der rechte rand
Screenshot der AUF1-Webseite

Im Aufwind der österreichischen Corona-Protestbewegung gelangen dem (extrem) rechten Spektrum etwa in Parteiform der »Freiheitlichen Partei Österreichs« (FPÖ), den »Identitären« bis hin zu führenden Kadern der Neonazi-Szene nicht nur breite Synergien, auch die rechte Medienlandschaft hierzulande profitierte. Im Zuge dessen etablierte sich im Mai 2021 in der vertrauten Nachbarschaft von Oberösterreich ein neues »alternatives Medium«: AUF1, kurz für »Alternatives Unabhängiges Fernsehen, Kanal 1«. Dass die Wahl auf Oberösterreich gefallen ist, überrascht nicht. Das Bundesland hat sich zu einem Zentrum der (extrem) rechten Medienlandschaft entwickelt. So haben dort neben AUF1 auch der »Wochenblick«, das extrem rechte Magazin »Info-DIREKT« und »report24.news« ihren Hauptsitz. Gleichzeitig ist es auch jenes österreichische Bundesland, das in den letzten Jahren die meisten Straftaten mit extrem rechten und neonazistischen Hintergründen aufwies. AUF1, in den Anfängen noch als Online-»TV-Sender« inklusive zugehöriger Social-Media-Kanäle konzipiert und beworben – der Telegram-Kanal zählt mittlerweile an die 213.000 Follower*innen – bespielt seit Februar dieses Jahres eine eigene, tägliche Sendung im öffentlich finanzierten, oberösterreichischen Sender RTV. Die dort ausgestrahlten Inhalte sind derzeit Gegenstand von Untersuchungen durch die Medienbehörde »Komm Austria«, die potenzielle Verstöße gegen das Mediengesetz prüft. Zuvor war der »alternative Sender« bereits mit Sperren auf YouTube, Facebook und PayPal konfrontiert.

Gegen Mainstream, Globalismus und Elite
Die Programmlinie von AUF1 zeichnet ein stringentes Bild von Verschwörungsnarrativen, Desinformation und antisemitischen Botschaften, die sich in ihrer Wechselwirkung mit den Protesten gegen die Covid-Maßnahmen in die großen Erzählungen rund um die »Plandemie« einordnen. Virus und Pandemie seien nach AUF1 und seinen Vertreter*innen »weniger ein medizinisches als ein politisches Problem«, denn klar sei: Am Ende »sollen einige superreiche Globalisten übrigbleiben, die der Welt ihre Bedingungen diktieren«. Neben der dystopischen Beschwörung des »Great Reset« und der Konstruk­tion des unvermeidbaren Kampfs gegen die »Finanzeliten« sind es die herkömmlichen Feindbilder wie »illegale Migranten«, »Wokeness«, die »Gender-Ideologie« oder neuerdings der »Transhumanismus«, die den Duktus bestimmen. Auch die Diffamierung der »Systemmedien« als »Lügenpresse« und »Zensur« sind an der Tagesordnung, schließlich gilt es ebenso strategisch den eigenen Status als sowohl mediale als letztlich auch politische Alternative zu untermauern.

ABO
Das Antifa Magazin

alle zwei Monate
nach Hause
oder ins Büro.


AUF1-Gründer und Chefredakteur Stefan Magnet hatte sich in der Vergangenheit durch seine Aktivitäten als ehemaliger Kader im neonazistischen »Bund freier Jugend« (BfJ), seinerzeit ebenfalls in Oberösterreich angesiedelt, einen Namen in der Öffentlichkeit gemacht. Der vom BfJ jährlich organisierte »Tag der volkstreuen Jugend« wurde 2007 zum Anlass für Ermittlungsverfahren, nachdem jene Veranstaltung zum Treffpunkt deutschsprachiger Rechtsradikaler und Neonazis avancierte.


Vereinte Desinformation
Im März und April veröffentlichten österreichische Medien die Meldung, Stefan Magnet beziehungsweise seine Werbeagentur habe zumindest von 2012 bis 2020 Aufträge der oberösterreichischen Landesregierung, also sowohl von der »Österreichischen Volkspartei« (ÖVP) als auch von Seiten der FPÖ, erhalten. Die wohlwollende Beziehung zu letzterer ist wiederum weder Geheimnis noch Überraschung: Neben der Finanzierung in Form von Aufträgen und neben Werbeeinschaltungen werden freiheitliche Funktionär*innen regelmäßig und ausgiebig interviewt.


Derzeit arbeitet man bei AUF1 an einer Redaktion in Berlin, denn auch in Deutschland sei die Zeit reif für »unabhängige und zensurfreie« Berichterstattung. Seit seinem Bestehen setzt der Sender in der inhaltlichen sowie personellen Auswahl einen Fokus auf bundesdeutsche Politiken, exemplarisch etwa die Kritik an der Regierung, welche »die deutsche Sprache durch das sprachbarbarische Gendern zerstören will«, oder mit Björn Höcke (AfD) als Interviewpartner im Rahmen der »Montagsspaziergänge«. In diesem Jahr tourte der AUF1-»Impfbus« etliche Male im Rahmen von Corona-Demonstrationen durch verschiedene Städte in Deutschland. Auf personeller Ebene bezeichnend sind wiederum der aktuelle »Deutschland-Korrespondent« Martin Müller-Mertens, Chef vom Dienst bei »Compact« und Chefredakteur von »Compact-TV«, sowie der als AUF1-Kameramann auftretende Simon Kaupert aus dem Umfeld von »Ein Prozent« und den »Identitären«. Als Strategie zur Vergrößerung von Reichweite und Einfluss ist die deutschsprachige Expansion durchaus sinnvoll – und nicht zuletzt lukrativ. Und damit ist AUF1 in der rechten Medienlandschaft von Österreich keineswegs allein, einschlägige Medien setzen in ihrer inhaltlichen Gestaltung häufig auf positive Rezeptionen des ideologisch Verwandten, so etwa der AfD.


Allen voran sind es die permanente Anrufung von apokalyptischen Verschwörungsszenarien, unterlegt mit traditionellen Feindbildern, und insbesondere die konsequenzlose Bedienung antisemitischer Chiffren, deren Sag- und Tragbarkeit durch die Rechten und ihre medialen Plattformen während der Pandemie wieder großflächig ermöglicht und begünstigt wurden. Daran knüpfen Verheißungen auf den proklamierten »heißen Herbst« für die Programmatik von rechts äußerst praktisch an, denn auch die Krisenhaftigkeit der Preiserhöhungen in diversen Lebensbereichen kann relativ problemlos für Untergangsnarrative adaptiert und auf die Straße getragen werden. Und ganz vorn mit dabei wird der Bus von AUF1 sein, um gemeinsam gegen »Globalisten«, »Diktatur« und »System« jenen Herbst mit einschlägiger Berichterstattung zu unterfüttern.