Die Unversöhnlichen müssen gehen

von Lucius Teidelbaum
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 183 - März / April 2020 - online only

#Rauswurf

In Baden-Württemberg wurden Ende März 2020 die AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon aus ihrer Partei ausgeschlossen. Beide wollen das nicht hinnehmen und haben angekündigt, die Entscheidung vor einem ordentlichen Gericht anzufechten.

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Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon © Leon Wallis / Wikimedia / CC BY-SA 4.0

Rauswurf: Stefan Räpple
Stefan Räpple fiel als Landtagsabgeordneter der AfD wiederholt durch Pöbeleien auf. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Räpple am 4. November 2019, als er mit anderen Rechten mit einem »Merkel muss weg«-Transparent die Einweihungszeremonie eines NSU-Gedenkortes in Zwickau – in Anwesenheit der Kanzlerin – störte. Später schrieb er zur Störaktion auf Facebook: »Nicht nur dass dieser Fake-NSU-Blödsinn in Zwickau durch eine sinnlose Baumpflanzaktion in die Gehirne des gebeutelten und geschröpften Volkes wieder und wieder hineingehämmert wird. Nein, Angela Merkel lässt die ganze Innenstadt weiträumig sperren, damit sie ja nicht mit dem Volk in Berührung kommt und in Ruhe an der Fake-NSU Gedenkveranstaltung Rosen niederlegen kann.«

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Bereits am 11. Dezember 2018 fasste das Landesschiedsgericht der AfD Baden-Württemberg den Beschluss, gegen Räpple ein Parteiausschlussverfahren wegen Verstößen gegen die Grundsätze der Partei und wiederholten parteischädigenden Verhaltens einzuleiten. Es dauerte bis März, ehe er ausgeschlossen wurde. Räpple gab bekannt, vor ein ordentliches Gericht zu gehen und griff seine ehemaligen Parteikolleg*innen harsch an: »Dieser Ausschlussversuch ist natürlich ein Affront gegen diejenigen Mitglieder und Wähler, die sich eine AfD als authentische (Fundamental-) Opposition gegen die deutschenhassenden Altparteien wünschen und auch ist es ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die in der Aufgabe der Oppositions-Abgeordneten mehr sehen, als brav ins Parlament zu gehen, die Diäten zu kassieren, Muscheln mit den anderen zu essen, nicht anzuecken und den Kontakt zur Straße zu verlieren.« Räpple vermutete zudem eine gezielte Verschwörung: »JEDE bundesdeutsche Partei wird von der Geburt an von den Geheimdiensten strukturell unterwandert, wahrscheinlich sogar mitbegründet. Neben dem sog. Verfassungsschutz, also die BRD-Stasi, tummeln sich auch hunderte BND-Agenten und Mitglieder von ausländischen Geheimdiensten in ALLEN Parteien herum.« [Hervorhebung im Original.]

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© Lucius Teidelbaum

Rauswurf: Wolfgang Gedeon
Ebenso wie im Fall Räpple, erfolgte der Rauswurf von Wolfgang Gedeon im März 2020. Entschieden hatte in diesem Fall das Bundesschiedsgericht. Der Landtagsabgeordnete war bereits am 6. Juli 2016, nach einem Streit um seine antisemitischen Aussagen und einer vorübergehenden Fraktionsspaltung, aus der AfD-Landtagsfraktion ausgetreten, blieb jedoch weiterhin Parteimitglied. Der vom Landesverband angestrengte Rauswurf aus der Partei scheiterte jedoch im Dezember 2017. Parallel dazu gab es in der AfD-Landtagsfraktion immer wieder Versuche Gedeon zu reintegrieren. Schließlich entschied das Bundesschiedsgericht am 20. März 2020 gegen ihn. In einer ersten Reaktion auf den Ausschluss führte Gedeon seinen Rauswurf auf seine Haltung als vermeintlichen ‘Antizionisten’ zurück und schlussfolgerte: »Wer sich also gegen die aggressiv-nationalistische Ideologie des Zionismus positioniert und sich – wie ich mich – als Antizionist versteht, hätte demnach keinen Platz in der AfD.« Ebenso wie Räpple, kündigte er juristische Maßnahmen an: »Ich werde aber – auch mit den Mitteln der öffentlichen Gerichtsbarkeit – dafür sorgen, dass sie ihr Ziel nicht erreichen und die AfD nicht zum trojanischen Pferd der rechten Opposition wird!«

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Parteifreie Rechtsradikale
Gedeon und Räpple dürften in den Funktionärs-Reihen der AfD nur wenige beispringen. Ähnlich wie die bereits ausgeschlossene Doris von Sayn-Wittgenstein sind auch die Vertreter*innen des in Auflösung befindlichen »Flügels« nicht für die beiden in die Bresche gesprungen. Räpple und Sayn-Wittgenstein gehören zu einer Strömung, die von der »Jungen Freiheit« als »Burladinger Flügel« bezeichnet wird, benannt nach der kleinen Stadt Burladingen im Zollernalbkreis (Baden-Württemberg), in dem sich die Gruppe im Januar 2019 traf. In diesem »Burladinger Flügel« versammeln sich diejenigen Hardliner*innen, die selbst dem »Flügel« um Höcke zu undiszipliniert sind. Diese Gruppe ist zwar nicht identisch mit den Herausgeber*innen des Newsletter »Stuttgarter Briefe«, wird aber von diesem unterstützt. In der 12. Ausgabe, von Anfang April 2020 wird sich mit Gedeon und Räpple solidarisiert und dem AfD-Bundesvorstand vorgeworfen, er wolle sich »bei den Deutschlandabschaffern anbiedern«. Zudem wird der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen wegen seines Vorschlags einer Parteispaltung zum Rücktritt aufgefordert. Auch wenn Meuthens Position durch seinen Vorschlag zur geordneten Parteispaltung ins Wanken geraten sein sollte, wird wohl kaum jemand Räpple oder Gedeon in die Partei zurückholen wollen. Sie werden aller Voraussicht nach, parteifreie Rechtsradikale bleiben. Die AfD wird durch den Rauswurf der beiden Quertreiber jedoch kaum weniger rechtsradikal, nur disziplinierter. Sie hat sich mit Räpple und Gedeon eines hinderlichen Ballasts entledigt, der bei bürgerlichen Rechtswähler*innen für Hemmnisse gesorgt haben dürfte.