Vom elitären Öko-Design zur reaktionären Schöngeistigkeit
von Sören Frerks
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 157 - November 2015
#NeueRechte
Vor 27 Jahren gründete Thomas Hoof das Warenhaus »Manufactum«. Seit 1993 macht der frühere Grüne auch in Bücher mit seinem »Manuscriptum«-Verlag – Heimat für ultra-konservative Propaganda im literarischen Kleid.
Dass sich in Lebensstil und Kleidung immer auch ein Habitus widerspiegelt, hat der Soziologe Pierre Bourdieu vor über 30 Jahren eindrucksvoll gezeigt. Doch die Oberklasse der CDU- und wohlsituierten Grünen-WählerInnen mit distinguierendem Chic zu bedienen, der sich von der qualitätslosen Massenproduktion unterscheiden sollte, genügte dem Firmengründer Hoof wohl nicht mehr. Nachdem der 1948 geborene Verleger sein Warenhaus bis 2008 peu à peu an den Versandhändler Otto verkaufte und schätzungsweise 20 Millionen Euro für seinen Ruhestand kassierte, widmete er sich allein der geistigen Propaganda gegen den ‚werteverfallenden Mainstream‘. Selbstverständlich ganz stilvoll – schöngeistig, anklagend und elitär.
‹Zurück in die Zukunft›
Hoofs eigene Veröffentlichungen spiegeln das, was die »Neue Rechte« auch sonst so an kulturalistischer und vernebelnder Logik fabuliert. Da wird der Nationalsozialismus zum »dreißigjährigen Krieg zwischen Deutschland und der Welt« subsummiert, der noch dazu »tatsächlich ein wirtschaftlicher« war. Die produktive »deutsche Nationalökonomie« war für ihn Garant gegen die »ordinäre« englische Wirtschaft, basierend auf einer »kulturellen Mentalität«: dem »preußischen Prinzip«, das für eine Verquickung wirtschaftlichen und kulturellen Wachstums gestanden hätte. Deutschland – besser das »deutsche Wesen« – befände sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts in einem »antikolonialen« Kulturkampf mit der »geistesvergessenen« Weltwirtschaft. Garniert von populistisch inszenierten »Tabubrüchen« wie der Frage nach der Kraft, mit der es die Deutschen nur geschafft hätten, »zweimal innerhalb eines halben Jahrhunderts gegen alle Großmächte zu kämpfen und jeweils nur knapp zu unterliegen«. Diese Mär des sozialen, naturverbundenen und hochkulturellen »deutschen Kapitalismus« ist das Substrat, aus dem sich Hoofs verklärender Blick zurück speist. Darauf folgte die Postmoderne und der sie begleitende Werteverfall. Die Globalisierung der 1990er, die politische Karriere der vielgescholtenen Achtundsechziger sowie die Zins- und Kreditwirtschaft wären die Fallstricke Deutschlands. Und wie ließe sich die Prophezeiung einer zukünftigen Apokalypse besser verbinden als mit einem objektiv daherkommenden Modell eines Energiecrashs, nach dem die Wirtschaft früher oder später wegen des »ressourcenverschwenderischsten Lebensstils« der Postmaterialisten kollabieren würde. So werden Natur und deutsche Natürlichkeit eins und der Umweltschützer zum Kämpfer der Nation.
Keine Konsequenzen
Ein Geistesbild, das Hoof in der neu-rechten »Sezession« (Nr. 27/2008, 46/2012), der Zeitschrift des »Instituts für Staatspolitik« (IfS), offenbarte; schon wenige Monate nach dem Verkauf von »Manufactum«. Dennoch brauchte es erst einen handfesten Skandal, dass sich die neue Geschäftsführung – mehr schlecht als recht – vom einstigen Gründervater und heuer national-reaktionären Verleger distanzierte. Als 2014 das Buch »Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer« des Rechtspopulisten und jetzigen PEGIDA-Anhängers Akif Pirinçci bei »Manuscriptum« erschien und eine mediale Debatte auslöste, ließ das Öko-Warenhauses verlautbaren, es gebe keinen Zusammenhang zwischen beiden Unternehmen. Allerdings würden weiterhin thematisch passende Bücher aus dem Verlag verkauft, denn es bestehe »kein hinreichender Anlaß, die aus unserer Sicht geeigneten Titel aus dem Programm zu nehmen«. Bereits ein Jahr zuvor berichtete Hilal Sezgin in der »Süddeutschen Zeitung« über den Verlag; »Manufactum« reagierte im identischen Wortlaut und dem Zusatz: »Herr Hoof ist heute für uns ausschließlich ein Lieferant bzw. Vermieter«. Soll heißen: alles bleibt wie es ist.
Homophober Mainstream
Dabei propagiert Hoofs Verlag wie andere »Neue Rechte« einen intellektuellen und militanten Kulturkampf, der sich im »Manuscriptum«-Portfolio widerspiegelt. Hans-Hermann Hoppe schwadroniert in seinem Buch »Demokratie. Der Gott, der keiner ist« gegen »Demokraten und Kommunisten«: »Sie müssen aus der Gesellschaft physisch entfernt und ausgewiesen werden.« Und Pirinçci legte erst diesen Oktober in der Reihe »Lichtschlag in der Edition Sonderwege« mit »Die Große Verschwulung. Wenn aus Männern Frauen werden und aus Frauen keine Männer« nach. Angekündigt als ‹Kampfansage› gegen ‹Gleichmacher-Ideologie› und ‹Gender-Mainstreaming›, ist dieses Werk nicht nur die Fortsetzung seines ersten Pamphlets; es schließt direkt an den homophoben und patriarchalen Diskurs von Thilo Sarrazin an, an die »Alternative für Deutschland« und an die christlichen FundamentalistInnen der »Demo für Alle« (siehe drr Nr. 156).
Gleich daneben ein weiteres Buch: »Homosexualität gibt es nicht. Abschied von einem leeren Versprechen«, in dem Gleichgeschlechtlichkeit im üblichen pseudowissenschaftlichen Duktus zur nicht naturgemäßen »Erfindung« und zum »Türöffner« wird. Genau diese Liberalisierung und Pluralisierung ist für die »Neuen Rechten« wie den Autoren Andreas Lombard – neben dem Islam und den Flüchtlingen – gegenwärtig die größte Bedrohung ihres kultur-biologistischen Gesellschaftsentwurfs.
Lombard ist mit seinem »Landtverlag« auch Geschäftspartner von Hoof. Ebenso wie der Verantwortliche der gleichnamigen Edition André Lichtschlag, der zudem Herausgeber der Zeitschrift »eigentümlich frei« ist. Die Titel von »Manuscriptum« finden sich indes auch im Angebot des »Kopp-Verlags« sowie im »Verlag Antaios« wieder, den der Multifunktionär Götz Kubitschek leitet. Hoof weiß sich somit in neu-rechter Gesellschaft.