Schulterschluss zwischen »Identitärer Bewegung« und »Front National«

von Bernard Schmid
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016

2.000 AnhängerInnen im ganzen Land

Auch in Nordfrankreich erregte die IB jüngst Aufmerksamkeit. Im September 2016 eröffnete dort eine Bar unter dem Namen »La citadelle«, die zugleich als »Identitäres Haus« mit Sportkursen – andere sprechen von Nahkampfunterricht – und juristische Beratungsstelle dienen soll. Am Tag der Eröffnung richtete sich eine linke Demonstration mit mehreren hundert TeilnehmerInnen gegen die neofaschistische Anlaufstelle. Außerdem kamen bisher 67.000 Unterschriften unter eine Petition gegen das rechte Haus zusammen, die sich an die Bürgermeisterin von Lille, Martine Aubry, richtet. Zwar initiierten AnhängerInnen der IB eine Peti­tion zur Unterstützung der »Zitadelle«, diese erreichte bis heute aber nur etwa 3.700 Unterschriften.
Die IB behauptet, in der Region Lille über rund 300 und frankreichweit über rund 2.000 aktive AnhängerInnen zu verfügen. Seitdem sie im März 2014 kurzzeitige symbolträchtige Patrouillengänge in der Métro von Lille liefen, weil »die Bürger nicht mehr in Sicherheit« seien, machten die örtlichen »Identitären« unter ihrem jungen und als charismatisch geltenden Anführer Aurélien Verhassel von sich reden.

Aktivismus gegen Flüchtlinge und Muslime

Zu den wichtigsten Aktionsfeldern der französischen IB gehört die Agitation gegen Einwanderung und den Islam. Seit 2003 treten sie in Gestalt des »Bloc identitaire« in Erscheinung, der in diesem Jahr in »Les Identitaires« umbenannt wurde und seit 2012 über die Jugendorganisation »Génération identitaire« verfügt (s. drr Nr. 143).
Im März 2016 besetzten 130 ihrer AktivistInnen im Stadtzentrum von Calais gleichzeitig drei Brücken gegen ein Camp von Flüchtlingen außerhalb der Stadt, das als »Jungle« (dt. »Dschungel«) bezeichnet wird. Etwa 8.000 Menschen hofften hier auf eine Weiterreise nach England, doch am 24. Oktober begann die polizeiliche Räumung des Lagers; die Flüchtlinge sollen nun in neue Unterkünfte über ganz Frankreich verteilt werden.
Ähnlich wie die später entstandenen deutschen und österreichischen Ableger, betreiben auch die französischen IB-Organisationen ihre rassistische Agitation: »Der Staat schützt unsere Grenzen nicht, deswegen müssen wir es selbst übernehmen.« Seitdem der FN im September 2016 begann, erstmals jenseits von Wahlkämpfen auf die Straße zu drängen, um gegen die nun geplanten Flüchtlingsunterkünfte in ganz Frankreich zu demonstrieren, schlossen sich vielerorts auch die »Identitären« an. In Städten wie Louveciennes in der Nähe von Paris und Montpellier demonstrierten sie Seite an Seite mit dem FN und teilweise gemeinsam mit Konservativen.