Elitäre Selbstinszenierung der »Ibster«
von Eva Grigori und Bernd Schulter
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016
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»Return Your Revolt Into Style« proklamierte die faschistische Band »Von Thronstahl« 2010 auf ihrem gleichnamigen Album. Es gibt wohl kaum eine extrem rechte Organisation im deutschsprachigen Raum, die sich diesen Slogan so sehr zu eigen gemacht hat wie die »Identitäre Bewegung«.
Zwar tauschten die sich selbst als »Ibster« bezeichnenden »Identitären« die schwarzen Breeches-Hosen und die kniehohen Reitstiefel gegen Jeans und New-Balance-Schuhe, geblieben aber ist die selektive Rezeption allerlei faschistischer und zutiefst reaktionärer Denker, gemischt mit popkulturellen Zitaten und elitärem Habitus. Wie keine andere vergleichbare rechte Bewegung zuvor arrangiert die »Identitäre Bewegung« (IB) ein narzisstisches Wechselspiel aus Ästhetik, Aktionismus und Personenkult.
Inszenierte Oberflächlichkeit
Die IB ist ein Phänomen der inszenierten Oberflächlichkeit, das die Kader zum politischen Prinzip erhoben haben. Von Beginn an definierten sich die AkteurInnen weniger durch eine geschlossene Ideologie, als vielmehr durch eine öffentlichkeitswirksame Inszenierung, in der zuletzt ihre Kader im Zentrum standen. Auf Social-Media-Kanälen wurden durch Live-Übertragungen allerlei Dinge aus dem Leben der Kader bekannt: von der Inneneinrichtung der Wohnungen über die neuen Schuhe bis zur auf dem Nachttisch liegenden Heidegger-Gesamtausgabe. Diese Selbstdarstellung der eigenen Alltäglichkeit folgt der Selbstverortung als rechte Avantgarde.
Die »Identitären« haben, anders als zum Beispiel die »Autonomen Nationalisten«, eine durchaus eigenständige und wiedererkennbare äußere Form gefunden, die sich nicht nur in der Symbolik, sondern gerade auch in der collagenartigen Rezeption und Verschränkung von reaktionären bis faschistischen politisch-philosophischen und popkulturellen Fragmenten manifestiert. Ergänzend werden in provokanter Manier als links geltende Bands wie »Tocotronic« und »Das Flug« oder Zitate der Frankfurter Schule integriert. Dominantestes Moment dieser Gesamtschau: die mit einer Angstlust besetzte Vorstellung der möglichen eigenen Vernichtung durch den »Bevölkerungsaustausch«.
Ihre Inszenierung ist dabei primär nicht nach innen, sondern vielmehr an eine breite Öffentlichkeit gerichtet. Anders als viele neuere extrem rechte Gruppierungen wollen die »Identitären« als individuelle Gruppenzugehörige erkannt und wahrgenommen werden. Ihre Zeichen und Symbole sind nur zu Teilen verschlüsselt und in überwiegender Mehrheit auch ohne direkte Insider-Kenntnisse zu deuten.
Hinzu kommt die Exposition der tonangebenden Kader, die vor allem in Österreich und zunehmend auch in Deutschland unter ihrem Klarnamen auftreten. Die Orientierung an der italienischen »Casa Pound«, die dieses Konzept von »Schutz durch Öffentlichkeit« bereits erfolgreich seit Jahren anwendet, ist offensichtlich. Eine antifaschistische Strategie wie das »Outing« neonazistischer Kader verliert dadurch an Wirkung.
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