Baden-Württemberg

von Lucius Teidelbaum

Magazin »der rechte rand« - Ausgabe 160 - Mai 2016

Jede achte Stimme ging am 13. März in Baden-Württemberg an die rechte »Alternative für Deutschland«. Mit 15 Prozent der Zweitstimmen errang die Partei 23 Sitze im neuen Landtag, davon sogar zwei Direktmandate in Pforzheim und Mannheim-Nord. Ein Blick auf die Fraktion.

Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich nur drei Frauen, aber neun der 23 Fraktionsmitglieder tragen einen Doktortitel. Der Fraktionsvorsitzende, Prof. Dr. Jörg Meuthen aus Karlsruhe, gibt sich als das rechtskonservative Feigenblatt der AfD – passend zum Wissenschaftshabitus als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Kehl. Tatsächlich sind von ihm keine verbalradikalen Äußerungen bekannt. Allerdings haben sich viele seiner FraktionskollegInnen bereits durch Verbalinjurien hervorgetan, unter anderem in sozialen Netzwerken. So schrieb der AfD-Abgeordnete Dr. Rainer Podeswa aus Heilbronn auf Facebook von Flüchtlingen als »Analphabeten aus Steinzeitkulturen«. Dennoch ist über die neuen AfD-Delegierten wenig bekannt. Die meisten erscheinen bisher als unbeschriebene Blätter.

Anhänger des Höcke-Flügels

Neun Landtagsmitglieder der AfD haben die »Erfurter Resolution« unterschrieben: Heinrich Fiechtner, Carola Wolle, Udo Stein, Christina Baum, Rüdiger Klos, Bernd Grimmer, Bernd Gögel, Stefan Räpple und Heinrich Kuhn. Sie sind damit dem radikal-völkischen -‹Höcke-Flügel› zuzurechnen. Die »Patriotische Plattform« der AfD erwähnt nach den Landtagswahlen selbst, zwei der Abgeordneten in Baden-Württemberg seien Mitglieder in ihren Reihen, nennt aber keine Namen. Zwei jüngeren Abgeordneten werden zudem Kontakte zu den »Identitären« nachgesagt.

Das wichtigste Höcke-Sprachrohr in der neuen Fraktion dürfte die gebürtige Thüringerin und Zahnärztin Dr. Christina Baum aus Lauda-Königshofen werden. Die stellvertretende Sprecherin war im März 2015 Erstunterzeichnerin der »Erfurter Resolution« und trat zweimal als Gastrednerin auf AfD-Demonstrationen in der Thüringer Landeshauptstadt auf. Auf dem Landesparteitag im Januar letzten Jahres warf sie in ihrer Bewerbungsrede für den Landesparteivorsitz den Grünen vor: »Sie bekennen sich also ganz eindeutig dazu das Asyl- und Einwanderungsrecht zu missbrauchen, um einen schleichenden Genozid der deutschen Bevölkerung hervorzurufen.«

Rechtsklerikale

Neben dem Höcke-Flügel können mit Heinrich Fiechtner, Bernd Grimmer und Daniel Rottmann mindestens drei Abgeordnete der rechtsklerikalen Strömung innerhalb der Partei zugeordnet werden. Diese formiert sich in Baden-Württemberg im »Pforzheimer Kreis«.

Als Unterzeichner der »Erfurter Resolution« und Gründungsmitglied des »Pforzheimer Kreis« gehört der Stuttgarter Arzt Fiechtner beiden Strömungen an und zeigt sich demonstrationsfreudig. Beim einmaligen PEGIDA-Aufmarsch in der Landeshauptstadt im Mai letzten Jahres war der evangelikale Christ mit Israel-Fahne zugegen. Im November 2014 nahm er an der Demonstration »Frauen und Männer gegen die Massentötungsklinik für ungeborene Kinder in Stuttgart« teil. Und auch an der homophoben »Demo für Alle« beteiligte er sich.

Ein weiterer Rechtsklerikaler in der Fraktion ist Daniel Rottmann aus Ulm. Er studierte evangelische Theologie am »Theologischen Seminar Ewersbach« der »Freien Evangelischen Gemeinden« und war 2012 noch Beisitzer im Bundesvorstand der christlich-fundamentalistischen Kleinstpartei »AUF – Arbeit, Umwelt, Familie«.