kurz und bündig Ausgabe 160


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»Der III. Weg« verschickt »Ausreisegutscheine« nach Afrika

Olpe. Anfang April wurden Postkarten der Kleinstpartei an die Privatadressen von LokalpolitikerInnen verschickt, die sich gegen Rassismus engagieren. Sie waren an die »Überfremdungsbefürworter« adressiert und mit einer Aufschrift »Gutschein für eine Ausreise nach Afrika« ver-sehen. Die zuständige Staatsanwaltschaft Siegen sieht darin keinen Straf-tat-bestand, dennoch haben die PolitikerInnen teilweise Strafanzeige gestellt.

Türkische NationalistInnen marschieren

Am 10. April haben in mehreren deutschen Städten – darunter München, Stuttgart, Nürnberg, Frankfurt und Köln – Demonstrationen türkischer NationalistInnen stattgefunden. Sie wurden als »Friedensmärsche für die Türkei« beworben und sollten sich »gegen jegliche Form von Terror, egal ob PKK oder IS« richten. Kurdische und linke Gruppen hatten zu Gegenprotesten aufgerufen, es kam an vielen Orten zu Böller- und Flaschenwürfen und körperlichen Auseinandersetzungen. Die Polizei meldete in Stuttgart 50 Verletzte, in Köln wurden Wasserwerfer eingesetzt.

»Reichsbürger«-Aktivitäten

Dresden/Kaufbeuren. Am 22. Februar wurde der Anführer des sogenannten »Deutschen Polizeihilfswerks« (DPHW), Volker Schöne, in Dresden festgenommen. Er hatte gemeinsam mit 15 bis 20 zum größten Teil inzwischen verurteilten »Reichsbürgern« einen Gerichtsvollzieher auf einem Bauernhof in Meißen »festgenommen«, zu Boden gerungen und gefesselt. Dieser konnte erst von »echten« PolizistInnen befreit werden. Am 15. März wurde Schöne vom Amtsgericht Meißen zu zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Ob der Verurteilte in Revision geht, ist nicht bekannt. Am 31. März störten etwa 20 »Reichsbürger« eine Verhandlung des Amtsgerichts Kaufbeuren. Die Angeklagte, ebenfalls »Reichsbürgerin«, nutzte das entstandene Chaos, um die Gerichtsakte zu entwenden und zu flüchten.

Ungestörte Geburtstagsfeier

Staupitz. Am 26. März hat die Bremer RechtsRock-Band »Endstufe« ungestört ihr 35-jähriges Bestehen mit einem Konzert in dem sächsischen Dorf Staupitz (Torgau) gefeiert. Neben ihr traten auch »Kraft durch -Froide« und »Punkfront« aus Berlin auf. Etwa 400 Neonazis aus Deutschland, Dänemark und Österreich folgten der Einladung in den »Alten Gasthof Staupitz«, der Polizei und Presse den Zutritt verbot. Dort finden seit einigen Jahren konspirativ organisierte rechte Musik-Events statt, der Ort gilt als »Hochburg« für Neonazi-Konzerte.

Neonazis überfallen linke WG

Halle. Am 24. April haben mutmaßliche Neonazis eine linke Wohngemeinschaft überfallen und drei Männer zusammengeschlagen. Sie traten die Eingangstür ein, schlugen auf die noch schlafenden Opfer ein und verwüsteten anschließend die Wohnung. Die Täter konnten flüchten, bevor die Polizei eintraf. Der Staatsschutz ermittelt.

Polizist unter Neonazi-Verdacht unterrichtet an Polizeischule

Leipzig. Der Bereitschaftspolizist Fernando V., der nach Bekanntwerden seiner Neonazikontakte im Mai vergangenen Jahres in die zweite Reihe treten musste, unterrichtet seitdem an der Polizeifachschule Leipzig als Fachlehrer im Bereich »Polizeidienst« den Umgang mit dem Internet. Das sächsische Innenministerium erklärte auf Presseanfrage, der Vorgang sei rechtlich geprüft worden, straf- und disziplinarrechtliche Maßnahmen wurden nicht angezeigt. Die Chatprotokolle von Fernando V. und mindestens einem weiteren Polizisten mit Leipziger Neonazis waren auf »indymedia« veröffentlicht worden. Sie enthielten rassistische Aussagen und den Austausch über »Legida«.

Antisemitische Flugblätter an Unis

USA/Deutschland. Ein US-amerikanischer Hacker hat sich dazu bekannt, Flyer mit antisemitischem und rassistischem Inhalt über Universitätsdrucker, beispielsweise in Princeton, ausgedruckt zu haben. Anfang April wurden in Deutschland an den Universitäten Hamburg, Bonn, Münster, Lüneburg, Bremen, Tübingen, Leipzig und Erlangen-Nürnberg ähnliche Vorfälle gemeldet. Die deutschen Universitäten haben Strafanzeige gestellt, die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung.

Preisverleihung für »Frei.Wild«

Berlin. Bei der diesjährigen Preisverleihung des Deutschen Musikpreises »Echo« am 7. April war die Band »Frei.Wild« (s. drr Nr. 152) im zweiten Anlauf erfolgreich. Nach Protesten im Jahre 2013 wurde die Band von der damaligen Nominierungsliste genommen. Ein Jahr später sagte »Frei.Wild« die Teilnahme ab. Dieses Jahr hat es dann geklappt: Die Band aus dem italienischen Südtirol bekam den Preis in der Kategorie »Rock/Alternative National«. Die Beweggründe für die Eingemeindung Norditaliens bleibt das Geheimnis des »Bundesverbands Musikindustrie e. V.«.

»Soldaten Odins« expandieren nach Estland und Norwegen

Norwegen/Estland. Die selbsternannte finnische Bürgerwehr »Soldaten Odins« gewinnt zunehmend auch in anderen skandinavischen Staaten und im Baltikum an Einfluss. Mitte Februar hielt die fremdenfeindliche Gruppe ihr erstes Treffen in Estland ab und ging am 13. Februar erstmals in Norwegen in Tønsberg, etwa 100 Kilometer von Oslo, später auch an anderen Orten, auf Patrouille. Teilweise wurden diese Aktivitäten von der Polizei gestoppt. Die Behörden beider Länder kritisierten die selbsternannten Bürgerwehren und warnten vor der Instrumentalisierung der Asylthematik durch Neonazis.

Slowakei wählt rechts

Bratislava. Am 7. März wurde in der Slowakei ein neues Parlament gewählt. Die Sozialdemokraten bleiben zwar stärkste Partei, bekamen aber rund 17 Prozent weniger Stimmen. Die faschistische »L’udová strana Naše Slovensko« (»Volkspartei Unsere Slowakei«, LSNS), die gegen Roma und Flüchtlinge hetzt, bekam acht Prozent der Stimmen, außerdem befinden sich unter den acht ins Parlament gewählten Parteien »unberechenbare« Neugründungen und weitere rechtspopulistische Parteien. Marian Kortleba, der die LSNS anführt, war bereits mehrfach wegen rassistischer und faschistischer Aktivitäten angeklagt, jedoch nicht rechtskräftig verurteilt worden.

Rechte Hooligans stören Trauerfeier

Brüssel/Belgien. Rund 450 rechte Hooligans haben am 27. März eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der von Islamisten am 22. März verübten Anschläge mit 35 Toten gestört. Sie stürmten, teils vermummt und alkoholisiert, auf den Platz und grölten nationalistische und rassistische Parolen und zeigten vereinzelt den Hitlergruß. Sie sollen aus der Fußball-Fanszene verschiedener Erstliga-Clubs stammen, ein Großteil soll aus Antwerpen angereist sein. Die Polizei drängte die Störer mit Schlagstöcken und Wasserwerfern vom Platz. Zehn Personen wurden festgenommen, weil sie brennende Gegenstände auf die Polizei geworfen und Sachbeschädigung begangen haben sollen.

»Tag der Legionäre« feiert Waffen-SS

Riga/Lettland. Am 16. März sind etwa 1.500 Überlebende und SympathisantInnen der lettischen Waffen-SS durch die Hauptstadt marschiert. Sie feierten erst einen Gottesdienst, zogen dann durch die Straßen und hielten zum Schluss eine Kundgebung am »Freiheitsdenkmal« ab. Von 1991 bis 1999 wurde der »Tag der Legionäre« offiziell begangen, 1998 und 1999 auch als Nationalfeiertag. An diesem Tag sollte an eine Schlacht gegen die Rote Armee im Jahr 1944 erinnert werden – die Legionäre sehen sich als »Verteidiger der Heimat«. Der Protest gegen den Marsch wird von der lettischen Regierung erschwert; Mitgliedern der »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten« (VVN-BdA) wurde die Einreise verweigert, Namen von Opfern der Shoah durften nicht in Hörweite des Aufmarsches verlesen werden. 200 DemonstrantInnen folgten dem Aufruf des Bündnisses »Lettland gegen Nazismus«.

Rassist schießt im Capitol

Washington/USA. Der Mann, der am 28. März im Capitol Hill Schüsse abgegeben hat, soll dem extrem rechten Spektrum angehören. Der festgenommene 32-jährige Thomas Finnigan stammt aus Maryland und ist als Rassist bekannt. Er hatte versucht, vom BesucherInnenzentrum des Capitols Richtung Bibliothek oder Weißes Haus vorzudringen und schimpfte dabei gegen Obama, Liberale und den IS. Danach gab er Schüsse ab, deren Querschläger zwei BesucherInnen verletzten.

Razzien bei französischen »Blood & Honour«-Gruppen

Frankreich. Am 30. März sind in acht Regionen Frankreichs groß angelegte Razzien gegen Mitglieder des RechtsRock-Netzwerkes »Blood & Honour« auf Grundlage der Notstandsgesetze durchgeführt worden. Bei den Durchsuchungen wurden elf Gewehre, zwei Pistolen mit Gummigeschossen, 28 Hieb- und Stichwaffen, kugelsichere Westen und diverse Nazi-Devotionalien gefunden.

Neonazi-Familienausflug

Vorarlberg/Österreich. Ungarische Neonazis haben am 4. März für ein Erinnerungsfoto vor dem Geburtshaus Hitlers in Braunau posiert, bevor sie gemeinsam mit Neonazis aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein »Blood & Honour«-Festival in Vorarlberg besuchten. Ursprünglich sollte das Event in Thüringen stattfinden, die deutschen Behörden verboten dies jedoch. Rund 70 Personen sollen teilgenommen haben. Zum Programm gehörten ein »Schießwettkampf« als Training für den »Rassenkrieg« und Konzerte ungarischer und österreichischer Neonazibands.

Die Le Pens und die Panama Papers

Frankreich. Enge Vertraute von Marine und Jean-Marie Le Pen sollen in dubiose Auslandsgeschäfte verwickelt sein, die im Zuge der Panama Papers aufgedeckt wurden. Der Vater soll »steuermindernd« einen Teil seines Vermögens international investiert haben, seine Tochter hat engste Vertraute, die eine sechsstellige Summe mittels eines Systems aus Offshore-Papieren außer Landes geschleust haben sollen. Direkte Verbindungen zu Geldern des »Front National« gibt es jedoch nicht, allerdings gibt es Hinweise auf dubiose Ringgeschäfte im Umfeld der Le Pens. Jean-Marie Le Pen vermutet eine Verschwörung der NATO und gezielte Verleumdung durch die Medien. Die französische Justiz ermittelt bereits gegen Jean-Marie Le Pen wegen des Verdachts, mithilfe eines Vertrauten 2,2 Millionen Euro ins Ausland gebracht zu haben.

Europageld für Nazis

Schweden/Deutschland. Die extrem rechte »Allianz für Frieden und Freiheit« (APF) erhält EU-Mittel über 600.000 Euro. Der Finanzantrag der NeofaschistInnen passierte zuvor problemlos das Bewilligungsverfahren im Parlament. Die schwedische Initiative »Expo« hatte aufgedeckt, dass ein Treffen von Neonazis, die der APF nahe stehen, Ende Mai in Stockholm von der EU mit knapp 198.000 Euro finanziert wird und weitere 400.000 Euro direkt an die APF gehen. Zu den »Manshemsdagen« am 28. Mai lädt unter anderem der Dan Eriksson ein, der einen Podcast und die APF-nahe Stiftung »Europa Terra Nostra« leitet.

Homophobe NationalistInnen

Lwiw/Ukraine. Am 19. März haben knapp 200 Neonazis eine Veranstaltung für die Rechte von Bi-, Homo- und Transsexuellen in Lwiw angegriffen. Sie warfen – teilweise vermummt – Rauchgranaten und Steine auf eine Gruppe BesucherInnen, als diese den Veranstaltungsort, ein Hotel, verließen. Auch der Bus, in den sie einsteigen wollten, wurde mit Böllern und Farbbeuteln beworfen. Mindestens eine Person wurde verletzt, mehrere Autos beschädigt. Die Polizei, die mit einem großen Aufgebot vor Ort war, nahm keinen der AngreiferInnen fest, gab jedoch an, »pädagogische Gespräche« geführt zu haben. Lwiw gilt als Hochburg der NationalistInnen, die Veranstaltung wurde bereits im Vorfeld seitens der griechisch-katholischen Kirche als »Provokation und Zeichen eines teuflischen Krieges« bezeichnet. Eine Demonstration durch die Innenstadt war von der Stadtverwaltung verboten worden.