Brandenburg

von Sven Kames

Magazin »der rechte rand« - Ausgabe 160 - Mai 2016

Hauptthemen sind die als solche identifizierten Sorgen des »kleinen Mannes«. Das war im Landtagswahlkampf 2014 vor allem die Kriminalität in den Regionen nahe der polnischen Grenze. Seit Sommer 2015 ist es die Ablehnung von Flüchtlingen. Zahlreiche Tiraden in Landtagsdebatten, dutzende parlamentarische Anfragen in immer neuen Variationen deuten darauf hin. Engagiert zeigt sich die frühzeitig von elf auf zehn Abgeordnete reduzierte Fraktion auch in der Formulierung von Anfragen zum Thema »Linksextremismus«. Auf der Suche nach möglichen Skandalen wird etwa gefragt, wie viele offene Haftbefehle es gegen »Linksextreme« im Land gebe. Weil die Anfragen kaum fundiert sind, fallen die Regierungsantworten in der Regel einsilbig aus: »Im Land Brandenburg ist derzeit keine entsprechende Person gemeldet.« Die Mitarbeit der AfD-Abgeordneten in den Fachausschüssen beschränkt sich ebenfalls größtenteils auf provokante Nachfragen, die Detail- und Sacharbeit steht hintenan.

Die AfD auf der Straße

Weniger beachtet, aber für die AfD-Entwicklung immens bedeutsam: Die Partei hat sich seit dem Herbst 2015 als regelrechte Bewegungspartei den flüchtlingsfeindlichen Mobilisierungen im Bundesland angedient. Die Stellungnahmen für die Dresdener PEGIDA-Demonstrationen aus Brandenburg waren nur ein Anfang. Die Partei veranstaltet Aufzüge, geht Bündnisse mit rassistischen Initiativen ein, unterstützt durch Redebeiträge. Zwischen die rassistischen Straßenaktivitäten und die AfD passt kein Blatt. Wer kann schon genau sagen, ob zum Beispiel eine Demonstration im vergangenen Herbst in Prenzlau von der AfD oder den extrem rechten »BB-Patrioten« veranstaltet wurde – beide warben auf ihren Kanälen dafür, Neonazis nahmen massenhaft teil, am Rande wurde der Hitlergruß gezeigt. Hauptredner und Einheizer: AfD-Parlamentarier Andreas Kalbitz. Im Spreewald beteiligen sich AfDlerInnen fleißig an den Aufmärschen der Initiative »Zukunft Heimat«, deren stilistische und womöglich auch personelle Verquickung mit der verbotenen Neonazigruppe »Spreelichter« Gegenstand mancher Presseartikel war. Schaden tut’s nicht, im Gegenteil. Bei den Bürgermeisterwahlen in Lübbenau im März holte der vorneweg mitdemonstrierende AfD-Kandidat Marian von Stürmer satte 34 Prozent der Stimmen.

Am rechten Rand

Verbiegen muss sich die AfD für solche Bündnisse nicht. Formelle Bekenntnisse gegen Rechtsextremismus sind billig zu haben. Aber Gaulands Diktum »Wer früher in NPD oder DVU war, darf bei uns nicht Mitglied werden«, gilt im Ernstfall dann doch nicht. Dass der 22-jährige Fraktionsmitarbeiter Alexander Salomon jahrelang NPD-Mitglied war, wurde nach Bekanntwerden zunächst abgestritten. Als dann Beweise vorlagen, schwenkte Gauland um: »Herr Salomon war im Alter von 15 oder 16 Jahren in der NPD. Ich finde es nicht richtig, ihm das ein Leben lang vorzuhalten.« Auch andere Fraktionsmitarbeiter sind einschlägig bekannt, aber nicht Gegenstand von öffentlichen Kontroversen. Lion Edler etwa, Mitarbeiter in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, ist nebenbei eifriger Autor für das neu-rechts-libertäre Blatt »eigentümlich frei«. Mit der AfD schwappen somit neu-rechtes Personal, Sprachduktus und Argumentationslinien in die Brandenburger Politik.

Diejenigen Abgeordneten, die ein nennenswertes politisches Vorleben haben, sind zumeist der extremen Rechten nicht fern gewesen: Andreas Galau (»Die Republikaner«), Sven Schröder (»PRO Deutschland«), -Rainer van Raemdonck, Thomas Jung (beide »Die Freiheit«), Steffen Königer (»Bund Freier Bürger«, Redakteur »Junge Freiheit«). Eine Auflistung der Verstrickungen des Abgeordneten Andreas Kalbitz in die extreme Rechte würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Zuletzt hatte er erst nach massiver öffentlicher Kritik und den üblichen Leugnungs- und Kleinredepirouetten den Vorsitz beim eindeutig extrem rechten »Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit e. V.« niedergelegt. Gauland referiert seit der Wahl immer wieder bei einschlägigen Rechtsaußenvereinen, wie der Berliner »Bibliothek des Konservatismus«, bei einer »Friedenskonferenz« des »Compact«-Magazins und bei der »Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft« in Hamburg. Von der Abgeordneten Birgit Bessin ist kein politisches Vorleben bekannt, sie tritt seit 2015 jedoch ebenfalls als Exponentin des äußersten rechten Flügels der Partei in Erscheinung, etwa anhand ihrer Kontakte zum Organisationsteam der Dresdener PEGIDA oder als Unterzeichnerin der »Erfurter Resolution« für einen Rechtsschwenk der Partei.